Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften
Gottesreiches, die Jesus einem Jünger oder Anhänger übermittelt, der als einer oder, wie im Falle der Maria Magdalena, als eine charakterisiert wird, den oder die Jesus mehr liebt als den Rest der Jünger. Kirchengeschichtlich ist der Brief des Clemens mit der Zitation der Passagen des Markusevangeliums, so er echt ist, auch deshalb interessant, weil er auf die sich vollziehende Spaltung der alexandrinischen Kirche in eine gnostische und eine eher der Gemeindetradition verhaftete Gruppierung hinweist
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Bethanien liegt in der Nähe von Jerusalem und dient im Markusevangelium (Mk 11,1. 11. 12; 14,3) Jesus während seines letzten Aufenthalts in Jerusalem als Unterkunft.
2 23 Und sie kamen nach Bethanien. Dort war eine Frau, deren Bruder ge-
24 storben war, und sie kam, warf sich vor Jesus nieder und sagte zu ihm: „Sohn Da-
25 vids, erbarme dich meiner!“ Aber die Jünger fuhren sie an, und darüber aufgebracht
Nach Joh 19,41 befand sich auch das Grab Jesu in einem Garten.
26 ging Jesus mit ihr weg in den Garten, wo sich das Grabmal (des Bruders) befand. Und
3 1 sofort war aus dem Grab ein mächtiges Grollen zu hören. Jesus trat heran, wälz-
2 te den Stein vom Eingang des Grabmals weg, ging sofort dort hinein, wo sich der Jüngling
Mk 5,21–24. 35–43, besonders V. 41: „Er ergriff die Hand des Kindes und sprach zu ihm: ‚Talita kum‘, was übersetzt heißt: ‚Mädchen, ich sage dir, steh auf!‘“ Vgl. die Erweckung des Lazarus in Joh 11.
3 befand, streckte seine Hand aus und erweckte ihn, indem er ihn fest
4 an der Hand nahm. Der Jüngling aber blickte ihn an und gewann ihn lieb.
5 Und er lud ihn ein, bei ihm zu bleiben. Als sie hinausgingen
Lk 18,23
6 aus dem Grabmal, begaben sie sich in das Haus des Jünglings. Er war nämlich wohlhabend. Und nach
7 sechs Tagen gab ihm Jesus Anweisungen, und als es Abend geworden war, kam
8 der Jüngling zu ihm, bekleidet mit einem Leinengewand auf dem nackten Körper,
9 und blieb bei ihm jene Nacht. Es lehrte ihn
Mk 4,11
10 Jesus das Geheimnis der Königsherrschaft Gottes. Als er aber von dort aufgebrochen war,
Mk 10,1
11 wendete er sich an das jenseitige Ufer des Jordan.
Mk 1,29; 10,35–41
12 […]
und Jakobus und Johannes kamen zu ihm.
[…]
14 Und er kam nach Jericho […], und es
Salome ist nach Mk 15,40 und 16,1 eine Frau aus der Gefolgschaft Jesu, die zu den Frauen gehört, die das leere Grab entdecken. Zu ihrer Person vgl. Thomasevangelium 61.
15 war dort die Schwester des Jünglings, den Jesus liebte, und seine Mutter und Salome, er aber hieß sie nicht willkommen.
D AS T HOMASEVANGELIUM
Für die Apokryphen-Forschung ist die Entdeckung des koptisch verfassten Thomasevangeliums in Nag Hammadi geradezu ein Meilenstein. Zwar wusste man bis dahin schon lange von der Existenz eines nach Thomas benannten gnostischen Evangeliums – so gibt es zahlreiche Hinweise darauf bei den altchristlichen Schriftstellern, angefangen bei Hippolyt und Origenes –, aber seine Gestalt und sein Inhalt waren, da nur ein kurzes Zitat bei Hippolyt vorlag, so gut wie unbekannt. Das änderte sich schlagartig, als man das komplette Evangelium im zweiten Codex von Nag Hammadi entdeckte und durch seine Erstveröffentlichung im Jahre 1956 allgemein zugänglich machte. Da zeigte sich auch, dass man schon seit gut 50 Jahren Teile dieses Evangeliums in Händen gehalten hatte, ohne zu wissen, dass es sich um Passagen des Thomasevangeliums handelte. Die Rede ist von drei der Papyri aus Oxyrhynchos in Ägypten, die Ende des 19. Jahrhunderts gefunden worden waren. Papyrus 1, 654 und 655 enthalten, wie man nun erkannte, verschiedene Sprüche des Thomasevangeliums in einer griechischen Version, die teilweise gewisse inhaltliche Unterschiede, teilweise auch eine andere Abfolge der Sprüche aufweist
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Damit war sofort klar, dass das Thomasevangelium zu den älteren apokryphen Evangelien gehört. Denn obwohl der Codex aus Nag Hammadi zwischen 350 und 400 n. Chr. entstanden sein dürfte, ist durch die Papyri aus Oxyrhynchos, die noch in das 2. Jahrhundert gehören, das hohe Alter des Thomasevangeliums gesichert
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Dieses Werk nimmt unter den apokryphen Evangelien eine gewisse Sonderstellung ein. Darf man es überhaupt Evangelium nennen? – Im Sinne der Gattung „Evangelium“ als einer Erzählung über Jesu Leben, Verkündigung, Leiden, Tod und Auferstehung keinesfalls, im Sinne des Begriffs „Evangelium“ als Verkündigung jedoch völlig zurecht. Es handelt sich beim
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