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Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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die Rosen wie Blutstropfen von Mariens Leib. Ein Zeichen für ewige Liebe.»
    Er lächelte, als er sich daran erinnerte.
    Doch dann wurde sein Gesicht hart, sein Kinn kantig, die Kiefer mahlten aufeinander.
    Der Prediger sah auf, die Augen so dunkel wie Brunnenlöcher. «Mein kleiner Bruder. Er hat gesehen, wie sie die Mutter geschändet haben.» Er schüttelte den Kopf und trommelte sich mit beiden Fäusten auf die Brust. «Er ist darüber verrückt geworden, mein kleiner Bruder. Ich habe es gesehen, habe es gemerkt, doch ich glaubte fest daran, dass alles wieder gut würde. O mein Gott, wie sehr ich doch gefehlt habe.»
    «Und wie kommt es, dass die toten Frauen ein Aschenkreuz auf der Stirn trugen?», fragte Hella.
    Der Prediger zuckte mit den Schultern. «Es fällt schwer zu glauben, dass es keinen guten Gott gibt und wir in der Hölle leben. Vielleicht malte der Mörder den Frauen das Kreuz auf die Stirn, weil sie noch an die Liebe, an das Gute glaubten.»
    Gustelies schüttelte den Kopf. «Wie? Das verstehe ich nicht.»
    Der Prediger lächelte fein. «Das Aschenkreuz soll uns daran erinnern, Umkehr zu tun, zum rechten Glauben zurückzukehren, nicht wahr? Es scheint mir gut möglich, dass die Frauen das Kreuz erhielten, weil sie in der Hölle auf Erden an das Gute glaubten.»
    Wieder hielt er kurz inne, schlang die Arme um seinen Leib und wiegte sich ein wenig hin und her.
    Hella und Gustelies schauten sich einen Moment schweigend an.
    «Nun, Prediger, Ihr werdet nicht mehr lange hier bleiben müssen», erklärte Gustelies dann und wandte sich zum Gehen. «Ich wünsche Euch alles Gute.»
    «Halt!», rief der Prediger und trat dicht an das Gitter heran, streckte seine Hand nach Hella aus. «Eines muss ich Euch noch sagen!»
    Gustelies blieb stehen, neigte den Kopf.
    «Ich habe ihn verloren. Im Schlachtengetümmel vor Wien. Am Tage danach habe ich ihn gesucht, aber ich habe ihn nicht gefunden. Nur einen verletzten Kameraden, der mir sagte, dass mein Bruder tot wäre. Mit eigenen Augen wollte er gesehen haben, wie ein Türke mit einem Krummschwert sich auf ihn gestürzt hatte. Ein Weib, ein junges, ging dazwischen. Man hat sie mir beschrieben. Womöglich war es die Regula aus Mühlhausen. Mein Bruder und sie waren ein Paar. Sie haben sich wirklich geliebt. Wenn er neben den Eltern und der Mühle auch noch sie verloren haben sollte, so tut er recht daran, sich in der Hölle zu wähnen.» Der Prediger wischte eine Träne weg, die ihm aus den Augen gerollt war. «Sogar beschrieben hat mir der Kamerad, wo das Grab meines Bruders ist. Ich bin hingegangen. Ein kleiner Hügel war da, frisch aufgeschüttet. Und ein Holzkreuz stand darauf. Kein Name sonst, nichts, einfach nichts. Ich betete für ihn, weinte um ihn. Seit diesem Augenblick an war er für mich tot. Einmal aber, es war vor vier Tagen, sah ich in Frankfurt einen jungen Mann, der meinem Bruder zum Verwechseln glich. Er trug eine Mönchskutte. Ich folgte ihm bis zum Antoniterhof, klopfte dort an die Pforte und fragte nach ihm. Doch man sagte mir, dass hier kein Mönch abgestiegen sei, der einst im Türkenkrieg gekämpft hatte. Also ging ich wieder, überzeugt davon, dass die Trauer um meine ganze verlorene Familie auch meinem Geist einen bösen Streich gespielt hatte.»
    Er sank auf die Knie, faltete die Hände. «Betet für mich. Für mich und für die Seele meines armen Bruders», flehte er, doch Gustelies und Hella eilten schon die dunkle Verliestreppe hinauf ans Licht.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 41
    S chnell, schnell, so beeile dich doch!» Gustelies’ Stimme klang hoch und schrill.
    «Aber wir wissen doch gar nicht, wo Alter jetzt ist», gab Hella zu bedenken und hetzte neben ihrer Mutter her.
    «Er wird bei den Antonitern auf dem Hof sein», sprach Gustelies.
    «Oder auf dem Friedhof oder sonst irgendwo», warf Hella dazwischen. Abrupt blieb Gustelies stehen. «Aber irgendetwas müssen wir doch tun. Wir können doch nicht einfach zurück in die Pfarrhausküche gehen, jetzt, nachdem wir beinahe schon sicher wissen, dass unser Novize etwas mit den Todesfällen zu tun hat.» Sie drehte sich einmal um sich selbst, dann hob sie hilflos die Schultern. Aber sogleich sammelte sie sich wieder und wies mit dem Finger in die Richtung der Töngesgasse. «Auf zum Antoniterhof!», rief sie. «Wenn wir dort schon nicht den Mörder treffen, so kann uns Bruder Göck wenigstens sagen, was er über ihn weiß.»
    Hella seufzte laut und hielt ihre Mutter am Arm zurück.

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