Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand
hatten, an eine richtige Taufe zu denken. Allerdings hat der Antoniter Bruder Göck sie gleich einen Tag nach der Geburt über das Weihwasserbecken gehalten.»
«Ich weiß, ich weiß. Damals, als Ihr mit Müh und Not dem Schlächter entkommen seid. Die ganze Stadt hat darüber gesprochen. Aber nun ist es wohl an der Zeit, die beiden offiziell im Leben willkommen zu heißen, meint Ihr nicht auch?»
Heinz scharrte ungeduldig mit dem Fuß auf dem Boden herum. Er wusste selbst, dass er schon viel eher hätte daran denken müssen. Noch ehe die beiden Kinder ein Vierteljahr alt waren, hatte er ein richtiges Tauffest ausrichten wollen. Mit allem, was dazugehörte. Krafft von Elckershausen sollte kommen, die Seifensieder Lilo mit ihrem Kind, Jutta, Mutter Dollhaus, der Leichenbeschauer Eddi Metzel, der Schreiber, die Wirtsleute vom Roten Ochsen und auch alle anderen, denen er sich freundschaftlich verbunden fühlte. Aber irgendwie war das Fest in Vergessenheit geraten. Und jetzt war der Zeitpunkt auch alles andere als günstig. Schließlich waren Hella und Heinz katholisch. Wie sollten sie ihre Kinder taufen lassen und öffentlich befeiern, wenn die katholischen Kirchen derzeit in der Stadt verboten waren? Und wer würde sich einem Katholiken als Pate zur Verfügung stellen? Der Schultheiß, den sich der Richter insgeheim wünschte, wäre sicherlich nicht dazu bereit.
«Wir werden sehen, wie es kommt, Posamentiererin», erklärte er ein wenig unsicher. «Und seid gewiss, dass wir auch Euch einen Platz an der Festtafel frei halten werden.»
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Kapitel 14
K ommen wir zu spät?» Hella drückte dem verdutzten Antoniter ihren Sohn in den Arm. «Nehmt mal!» Und Bruder Göck hielt den Säugling mit ausgestreckten Armen nach vorn, als hätte er es mit einer heißen Pfanne zu tun.
«Gebt mal her, das kann ja keiner mit ansehen!» Jutta Hinterer nahm ihm das Bündel ab, wiegte den Kleinen übermütig hin und her, bis dieser zu krähen begann.
«Jetzt setzt euch doch erst einmal hin», bestimmte Gustelies und steckte ihre Nase in die Töpfe, die vom Roten Ochsen geliefert worden waren. «Da fehlt Salz, das kann ich euch jetzt schon sagen. Und die Soße, die hat zu viel Mehl abbekommen. Und dabei dachte ich immer, in den Schänken panschen sie alles mit Wasser.»
Heinz Blettner rieb sich die Hände. Er war frohgemut wie seit Tagen nicht mehr, doch die Sorgen um Frankfurt lauerten in seinem Hinterkopf. «Na, was gibt es Neues?», fragte er leutselig, während Gustelies den gelieferten Topf noch einmal auf das Herdfeuer stellte.
«Nichts Gutes, wie du weißt.» Pater Nau verzog weinerlich das Gesicht. «Sie wollen mir meine Liebfrauenkirche schließen und einen Heidentempel daraus machen. Erst heute habe ich verkünden lassen müssen, dass meine Predigt am Sonntag eine lutherische wird.» Er faltete die Hände, sah zur Küchendecke empor und seufzte theatralisch: «Herr, vergib mir.»
«Na ja.» Hella strich sich über das Haar. «Vielleicht ist das nicht die schlechteste Idee. Immerhin hat eine neue Zeit begonnen. Ob es wohl möglich ist, dass es in ein paar Jahren keine katholischen Kirchen mehr gibt?»
«Hört auf, so zu reden!» Bruder Göck bekreuzigte sich hastig. «Der katholische Glaube ist der einzig wahre, so viel steht einmal fest. Oder haben die Lutherischen vielleicht einen Papst? Einen Stellvertreter Gottes auf Erden? Haben sie nicht.»
«Dafür haben die katholischen manchmal deren zwei.» Jutta Hinterer kicherte, aber Pater Nau knuffte sie in die Seite. «Wenn du auf das abendländische Schisma anspielst, so kann ich dir nur sagen, dass es mittlerweile hundertfünfzig Jahre her ist, dass ganz kurzzeitig eine Spaltung der Heiligen Römischen Katholischen Kirche stattgefunden hat. Der Papst in Rom war und ist der Vertreter Gottes auf Erden. Mögen sich auch noch so viele Nachahmer wie einst in Avignon Papst nennen. Es kann nur einen geben.»
Jutta amüsierte sich über die Empörung des Paters, aber Hella ließ nicht locker. «Werden wir bald alle evangelisch sein?»
«Nie und nimmer.» Bruder Göck wölbte seine magere Brust vor. «Wir werden kämpfen, jawohl, das werden wir.»
«Und was genau werdet Ihr tun, Antoniter?», wollte Gustelies mit spöttischem Unterton wissen.
«Jeder an seinem Platze, nicht wahr.» Der Mönch ließ sich durch ketzerische Bemerkungen nicht aus der Ruhe bringen. «Ich werde dafür sorgen, dass unser Hof in der Töngesgasse erhalten bleibt.»
Hella
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