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Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Kind bekommen.»
    «Bist du sicher?» Auch Gustelies war stehen geblieben.
    «Aber ja. Und wenn mich nicht alles täuscht, so war ihr Mann kürzlich angeklagt, Brot gepanscht zu haben.» Sie tippte mit dem Finger auf Gustelies’ Brust. «Heinz muss ihn verurteilt haben. Ich bin ganz sicher, dass der Bäckerfall von ihm verhandelt wurde. Weißt du nichts darüber?»
    Gustelies verneinte. «Dann ist die Bäckerin jetzt tot und ihr Mann womöglich im Verlies?»
    «Das kann ich mir nicht vorstellen», meinte Jutta Hinterer. «Die Strafen für die Esswarenfälscher sehen eigentlich kein Verlies vor. Du musst Hella fragen. Sie kann herausfinden, was geschehen ist.»
    Gustelies nickte. «Worauf du dich verlassen kannst. Und morgen früh werde ich der Bäckerei gleich einen Besuch abstatten. Kommst du mit?»
    Jutta errötete leicht, sah zu Boden, kratzte mit der Schuhspitze im Dreck herum, dann schüttelte sie den Kopf. «Nein, ich werde wohl keine Zeit dafür haben. Die Geldwechselstube, weißt du. Noch immer sind einige Messebesucher in der Stadt, die ihre Rheinischen Gulden und Taler umgetauscht haben wollen.»
    Gustelies zog die Augenbrauen in die Höhe, aber plötzlich verstand sie. «Es geht um den Prediger. Du willst seine Ansprache nicht verpassen. Das ist es! Nichts da mit Messebesuchern und Geldgeschäften. Du hast es nur auf den Mann abgesehen.»
    «Na und?», entrüstete sich Jutta. «Darf ich das nicht? Er ist eben ein richtig schöner Mann mit viel Leidenschaft und Feuer im Blut. Schlimm genug, dass wir uns in unserem Alter mit dem bloßen Anschauen begnügen müssen, aber wenigstens das lasse ich mir nicht entgehen.»
    «Und dein Fuhrmann?»
    Jutta seufzte, sah sich nach allen Seiten um und zog Gustelies ein Stück von der Mitte der Straße hin zur Hauswand. «Meinrad ist ein guter Mann. Verlässlich, anständig, ordentlich und fromm. Es ist sicher einfacher, jemanden wie ihn an seiner Seite zu haben.»
    «Was soll das heißen?» Gustelies war kurz davor, die Fäuste in die Hüften zu stemmen.
    «Wie schon gesagt, Meinrad ist ein wunderbarer Mann. Ein Gefährte fürs Leben sozusagen. Ein Freund, ein Beschützer.»
    «Aber?»
    Jutta verzog kurz den Mund. «Er hat es halt nicht so mit der Leidenschaft.»
    Gustelies musste ein Kichern unterdrücken. «Soll das bedeuten, dass ein heißer Stein im Bett dir mehr einheizt als dein Liebster? Und was ist mit dem nächtlichen Bad im Main, von dem du neulich so stolz erzähltest?»
    Jutta wurde rot. «Ach, weißt du … Es kann schon sein, dass das eher mein Einfall gewesen ist. Ihm war das alles ein wenig peinlich.» Jutta schob die Unterlippe vor. «Und auch, wenn das mit dem heißen Stein sehr hässlich klingt: Du hast recht. Ich merke kaum, dass ich eine Frau bin für ihn. Er nennt mich sogar manchmal ‹Kindchen›. Da ist der Prediger doch von ganz anderem Kaliber.»
    «Ach!» Gustelies winkte ab. «Am Ende scheint das nur so. Vielleicht ist seine Leidenschaft auch so beschaffen wie die von deinem Fuhrmann.»
    Jutta schüttelte den Kopf, und Gustelies sah, wie es in ihren Augen lüstern funkelte und blitzte. «Nie im Leben. Hast du den Amorbogen gesehen? Ist dir das Feuer seiner Augen aufgefallen?» Sie rückte ein Stück näher an Gustelies heran und flüsterte in deren Ohr: «Und hast du die mächtige Ausbeulung in seiner engen Ziegenlederhose nicht gesehen?»
    Gustelies musste schlucken. Natürlich hatte sie. Aber das würde sie niemals zugeben. Immerhin stand sie einem Pfarrhaushalt vor. Und überhaupt: In ihrem Alter ziemte es sich einfach nicht, sich so lüstern zu geben. Im Grunde sollte sich Jutta etwas schämen.
    Doch dann spürte sie einen leisen Schauer über ihren Rücken rollen. «Ja, ich habe es gesehen. Alles habe ich gesehen.» Sie seufzte aus tiefstem Herzen. «Aber ich fühle mich viel zu alt und zu hässlich, um auch nur davon zu träumen.»
    Jetzt war es heraus. Jetzt hatte sie ihr Herz so offen zur Schau gestellt wie ein Händler seine Ware. Gleich würde Jutta anfangen zu lachen. Vorsichtig hob Gustelies den Blick. Doch sie sah nur eine Freundin, die sie liebevoll anlächelte und dann ungestüm in ihre Arme zog. «Wenn die Träume alles sind, was uns noch bleibt, so will ich wenigstens träumen. So heftig und lange es geht», flüsterte sie.
    Doch dann war der Moment der Wehmut vorüber. Gustelies wischte sich mit den Fäusten die Augen trocken, sah die Gasse hinauf und hinab und sagte dann: «Gibt es die Liebe überhaupt? Oder ist sie ein

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