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Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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gehört? Und fünftens: Hella, wohin geht eine Schwangere, wenn sie etwas braucht?»
    Gustelies saß mit roten Wangen am Tisch im Pfarrhaus. Ihre Augen hatten einen unnatürlichen Glanz, der an Fieber erinnerte, in ihrem Fall jedoch von unterdrückter Wut herrührte. Ihr Gesichtsausdruck aber war ernst und konzentriert.
    «Dass der Pater Küchenlieder singt, muss nicht unbedingt etwas Schlechtes bedeuten», gab Bruder Göck zu bedenken. «Am Ende kann unser Richter bei der Urteilssprechung darauf hinweisen, dass der Malefikant nicht ganz klar im Kopfe ist.»
    «Ruhe, Antoniter!» Gustelies’ Blick hätte gereicht, den Main bis zum nächsten Sommer gefrieren zu lassen. «Heinz, was weißt du?»
    Richter Blettner zuckte mit den Achseln. «Nichts und wieder nichts. Der Pater schweigt und grinst. Allmählich mache ich mir Sorgen um ihn.»
    «Hat er gejammert und geklagt?», fragte Gustelies.
    «Eben nicht», erwiderte Heinz. «Kein ‹Die Erde ist ein Jammertal und das Leben ein Graus›. Und auch kein ‹Die Welt ist in Frevlerhand›.»
    «Das ist wahrhaftig ein Grund zur Besorgnis», fand auch Jutta Hinterer.
    «Um den Pater werde ich mich kümmern. Sobald man mich zu ihm lässt. Haben die Ermittlungen etwas ergeben? Was sagt der Leichenbeschauer?», fragte Gustelies.
    «Die eine Kopfschwarte passt zu der Toten am Main. Zum Glück hatte der Henker bisher noch keine Zeit, sie zu begraben. Zu wem der andere Skalp und der Zopf gehören, das wissen wir nicht.»
    «Weitere Leichen?», fragte Gustelies.
    «Eben nicht.»
    «Sag mal, führst du jetzt die Ermittlungen?», mischte sich Hella ein.
    Gustelies sah erstaunt auf. «Das, meine Liebe, sind keine Ermittlungsarbeiten, das ist eine Familienangelegenheit. Ich werde von der guten Haut beschuldigt, unlautere Sachen zu verbacken.»
    Heinz legte seiner Frau beruhigend die Hand auf den Oberschenkel. «Es gibt keine weiteren Leichen. Aber warum nennt ihr Klärchen Gaube eigentlich immer ‹die gute Haut›?»
    «Pfft», machte Gustelies. «Als ob das auf meinem Mist gewachsen wäre! Die braven Bürger aus der Gemeinde nennen sie so. Sie kommt mit Hühnersuppe, wenn jemand krank ist, sie bringt Gallseife, wenn eine frisch verheiratet ist, und strickt den Neugeborenen feine Mützchen. Eine eben, die immer nur gut ist.»
    «Und dabei so scheinheilig grinst, dass Schmalz vom Himmel tropft», ergänzte Jutta Hinterer, und Hella nickte dazu.
    «Weiter», machte Gustelies. «Wenn es bisher keine weiteren Leichen gibt, dann müssen wir sie eben finden.»
    Jutta mischte sich ein. «Sollten wir nicht erst einmal herausfinden, wo der Säugling geblieben ist, so er noch lebt? Und wer die Frau war, die am Main lag?»
    Gustelies trat unter dem Tisch gegen das Schienbein ihrer Freundin. «Aua!»
    «Wir beide haben am Sonntag etwas vor, hast du das etwa schon vergessen?», raunte Gustelies.
    «Ich bin von meinem Orden abgestellt, die Aufgaben des Paters hier zu übernehmen», bemerkte Bruder Göck. «Vielleicht erfahre ich ja etwas von der Gemeinde.»
    Heinz meldete sich zu Wort. «Die Sakristei müsste mal gründlich saubergemacht werden.»
    «Was?» Gustelies schnaubte. «Hast du keine anderen Sorgen?»
    «Doch, weiß Gott. Aber in der Sakristei hängt ein Geruch, den Eddi Metzel nur zu gut kannte. Leichengeruch. Krafft von Elckershausen weiß noch nichts davon.»
    «Soll das etwa heißen, dass da etwas in der Sakristei liegt, das einmal gelebt hat?»
    Blettner zuckte mit den Achseln. «Ich habe vorhin gründlich gesucht, aber gefunden habe ich nichts.» Er räusperte sich. «Zum Glück. Trotzdem sollte mal jemand nachgucken, der sich dort auskennt. Ich werde jedenfalls morgen Boten in die umliegenden Orte schicken, um zu hören, ob dort jemand vermisst wird.»
    «Dann gehe ich in die Vorstadt und spreche einmal die an, die der Schreiber nicht gefragt hat», erklärte Hella. «Dabei kann ich auch gleich noch die Kräuterfrauen und Hebammen fragen. Ich wette, das hat der Schreiber auch nicht gemacht.»
    «Ich halte die Predigt und ansonsten Augen und Ohren offen», steuerte Bruder Göck bei.
    «Und Jutta und ich erledigen etwas», bestimmte Gustelies. «Sind alle damit einverstanden?»
    Heinz Blettner saß am Tisch, stierte auf einen Punkt an der gegenüberliegenden Wand und rührte sich nicht.
    Hella knuffte ihn in die Seite. «Was ist denn?», fragte sie.
    «In meinem Hinterkopf, da hockt ein Gedanke. Ich weiß, dass er wichtig ist, aber er will sich einfach nicht zu erkennen geben.

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