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Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Herr?»
    «Ach, nur ein paar Kleinigkeiten. Zum Beispiel, woher du die Milch holst.»
    Das Schankmädchen schluckte. «Das soll ich nicht sagen, Herr.»
    «Das wirst du aber müssen. Wenn nicht hier, dann auf dem Amt.»
    «Also gut. Die Stutenmilch hole ich beim Pferdeschlachter. Er hat noch ein paar Tiere im Stall, und eine der Stuten hat gefohlt. Die andere Kanne lasse ich mir … lasse ich mir …»
    «Ja? Ich höre!»
    «Im Hause des Schultheißen füllen. Die Amme dort hat so viel Milch, dass sie ein ganzes Waisenheim beliefern könnte.»
    «Krafft von Elckershausen?» Der Richter wurde laut.
    «Pscht, Herr. Der Schultheiß selbst weiß nichts davon. Die Seine wohl auch nicht. Die Amme selbst hat sich angeboten. Und der Wirt zahlt gut.»
    «Hmm», brummte der Richter. «Und warum stillt deine Herrin die Kinder nicht selbst?»
    «Die Geburt war so anstrengend, dass sie keine Kraft zum Stillen hat.»
    «So, so. Keine Kraft. Warst du dabei, als die Kinder geboren wurden? War ein Medicus zur Stelle? Eine Hebamme?»
    Die Steffi schüttelte den Kopf. «Nein, Herr. Es ging wohl alles ganz schnell. Der Herr sagt, am Abend wäre die Seine ganz normal zu Bett gegangen, und dann, kurz nach Mitternacht, hätte die Geburt begonnen. Ganz schnell. Rausgeflutscht sollen sie sein wie Flussbarsche aus dem Netz.»
    «Und am nächsten Morgen?»
    «Da lag die Herrin im Bett, die Wiege neben sich.»
    «Du hast die Kinder gesehen?»
    «Nein, Herr. Die Wiege war mit einem Tuch bedeckt. Nur das Geschrei habe ich gehört.»
    «Inzwischen hast du die Neugeborenen aber schon gesehen, oder?»
    Die Steffi nickte. «Ich bin es doch, die den Kindern ihre Milch warm macht. Und während die Wirtin das eine füttert, halte ich so lange das andere.»
    «Hmmm», machte der Richter wieder. «Hast du die Schwangerschaft bemerkt, mein Kind?»
    Die Steffi schüttelte ihre dunklen Locken. «Nein, Herr. Ich arbeite den ganzen Tag, habe kaum einmal Zeit aufzuschauen.»
    Blettner nickte, dann hielt er das Mädchen am Arm fest. «Sag mir, mein liebes Kind, kümmerst du dich auch um die Wäsche im Haus?»
    Die Steffi nickte.
    «Und auch um die Stoffstreifen der Herrin, die sie während ihrer Mondblutung trägt?»
    Glutröte schoss ihr in die Wangen. Sie sah auf den Boden und kratzte mit der Schuhspitze über das Pflaster.
    «Mädchen, ich bin verheiratet. Scham ist hier fehl am Platze. Also sag schon: Hast du in den letzten Monaten mit diesen Dingen zu tun gehabt?»
    Die Steffi schluckte und drehte die mageren Schultern. Die Kannen in ihren Händen zitterten. «Ich habe immer so viel Wäsche, dass ich nicht so darauf achte», murmelte sie.
    «Ich weiß, ich weiß. Aber jetzt, wo du darüber nachdenkst, fällt dir da etwas auf?»
    Das Mädchen zuckte mit den Achseln, dann hauchte es: «Es war alles wie immer», packte die Kannen und hetzte davon.
    Der Richter sah ihr nach. «Es war alles wie immer», wiederholte er. «Alles wie immer.»
     
    Der Brückenwächter wischte sich gerade den Schlaf aus den Augen, als Gustelies und Jutta Hinterer die Mainbrücke in Richtung Sachsenhausen überquerten. «Na, meine Schönen, wo soll der Sonntagsausflug denn hingehen?», scherzte er.
    Gustelies warf ihm einen bitteren Blick zu, aber Jutta lachte trotz der unverschämten Anrede mit zurückgeworfenem Kopf. «Warum fragst du das, Brückenmann? Willst uns wohl Gesellschaft leisten, was?»
    «Zwei so dralle Weiber wie euch kriegt man nicht alle Tage zu sehen», erwiderte er, durch Juttas Worte ermutigt. «Ich wüsste schon, wie wir uns zusammen einen schönen Tag machen könnten.»
    Er rieb sich über seine Leibesmitte. Jutta kicherte. «Juckt es dich schon?»
    «Je länger ich euch ansehe, umso stärker wird das Kribbeln», bestätigte der Brückenwächter.
    «Dann solltest du dich vielleicht mal gründlich waschen», versetzte Gustelies und zog Jutta weiter.
    Sachsenhausen lag still. Nur hin und wieder trafen sie auf ein paar Leute, die zur nächsten Kirche eilten. Aber an den meisten Häusern waren die Läden noch geschlossen, selbst die Brunnen lagen still und verlassen.
    «Sitten sind das hier», ärgerte sich Gustelies. «In meinem Haus riecht es um diese Zeit schon nach dem Sonntagsbraten.»
    «Lass sie», beschwichtigte Jutta. «Die meisten Menschen hier sind Tagelöhner, die die ganze Woche schuften. Sie haben sich ihre Sonntagsruhe verdient.»
    Gustelies schnaubte noch einmal, dann eilten sie zum Findelhaus und betätigten den Klopfer.
    Diesmal wurde ihnen

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