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Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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einfühlsam.
    Hella schluckte und nickte.
    Minerva lächelte sanft, streichelte Hellas Hand. «Sorgt Euch nicht. Ihr seid noch jung, Eure Haut ist geschmeidig. Schmiert Euch Öl auf Bauch, Busen und Schenkel. Nehmt eine Bürste, um das Öl in die Haut zu treiben. Und wenn alles nichts hilft, dann kommt noch einmal zu mir.»
    «Ihr habt tatsächlich Wundersalben?»
    Die Augen der Kräuterfrau blitzten belustigt auf. «Ihr seid klug, meine Liebe. Ihr wisst, dass der Herr mit Wundern sehr sparsam umgeht. Aber die Natur ist verschwenderisch in diesen Dingen. Und ich halte mich an die Natur.»
    «Wo habt Ihr das gelernt?»
    «Von meinem Vater. Er hat mir alles beigebracht.»
    «Wo ist er jetzt, Euer Vater? Woher kommt Ihr? Und warum wohnt Ihr in der Vorstadt?»
    «So viele Fragen auf einmal.» Wieder ließ die Frau ihr glockenhelles Lachen erklingen. «Mein Vater ist an einem Ort, an dem es ihm gutgeht. Ansonsten bin ich nicht anders als Ihr. In der Vorstadt lebe ich, um niemanden zu stören. Ihr wisst doch, wie das Volk ist, welches innerhalb der Stadtmauern lebt? Neugierig und geschwätzig. Manchmal braue ich Tränke von üblem Geruch, aber hoher Wirkung. Manchmal arbeite ich mit Alraune. Ich bin einfach vorsichtig.»
    Hella nickte. Das verstand sie wahrhaftig. Die Leute waren dumm und abergläubisch. Besonders, wenn es um die Alraune ging. Man sagte, dass diese Pflanze nur unter einem Galgen wuchs. Wenn man sie ausriss, schrie sie angeblich so laut und schmerzlich wie ein Mensch. Hella selbst hatte eine solche Pflanze noch nie gesehen. Nur ein Mal, da kam ein fahrender Händler an ihr Haus, der ihr ein merkwürdig gewachsenes Wurzelstück verkaufen wollte und raunte, dies sei Alraune. Sie hatte ihm weder geglaubt noch von ihm gekauft.
    Hella stand auf, trank den Becher aus, den das Kräuterweib ihr gebracht hatte, und fühlte sich mit einem Mal jung und frisch, stark und fröhlich.
    «Der Besuch bei Euch hat mir gutgetan», sagte sie. «Aber nun will ich Euch nicht länger die Zeit stehlen.»
    «Ich habe mich gefreut, dass Ihr da wart. Kommt bald wieder. Auch wenn Ihr keine Tropfen braucht. Ich habe immer einen Kräutertrank für Euch.»
    Minerva lächelte sie schwesterlich an, dass Hella, die sich immer eine nahe Freundin oder Schwester gewünscht hatte, ganz warm ums Herz wurde.
    «Das werde ich. Ganz bestimmt sogar», versprach sie.

[zur Inhaltsübersicht]
Kapitel 15
    H ast du das gesehen?», fragte Jutta, als sie mit Gustelies über die Mainbrücke zurück nach Frankfurt schritt.
    «Was denn?»
    «Die Fenster. Die, die vom ersten Geschoss aus nach vorn zeigen, hatten Holzläden davor. So, als könne man sie getrost zum Lüften öffnen. Im Sommer weht ein laues Lüftchen hinein, und die Kinder könnten von Blumen und Bienen träumen. Ihre Schlafkammern aber gehen zur Rückseite des Hauses hinaus. Und!» Sie blieb stehen. «Die Fenster der Kammern waren vernagelt!»
    «Vernagelt? Ich habe nur Ölpapier gesehen.»
    «Ja. Genau. Ich zuerst auch. Aber dann bewegte sich das Papier in einem Luftzug, und dahinter waren die genagelten Bretter zu sehen.»
    «Was hat das zu bedeuten?», wollte Gustelies wissen.
    «Dass die Kinder hier gehalten werden wie Vieh. Das heißt es. In engen, stinkenden Kammern, ohne Licht und Luft und wahrscheinlich mit zu wenig Decken.»
    Gustelies nickte. «Ist dir auch aufgefallen, dass der Vater von nur zwei Erwachsenen in diesem Haus sprach? Von sich und seinem Weib? Ich frage mich, wer dann mit den Kindern in der Kirche ist? Die Kleinen werden ja nicht von allein die Kirchenstufen erklimmen.»
    «Und der Geruch im Speisesaal erst!» Jutta schüttelte sich. «Die armen Kinder. Vom Regen in die Traufe sind sie gekommen. Du musst unbedingt deinem Schwiegersohn Bescheid sagen.»
    Gustelies schüttelte den Kopf. «Nein, das werde ich nicht. Wir beide, du und ich, werden uns das Haus noch einmal anschauen, heimlich, an einem Werktag. Jetzt bringt es nichts, Raphael vermutet vielleicht, dass wir noch herumschnüffeln. Vor allem möchte ich wissen, was in den übrigen Kammern da oben ist. Drei Dutzend Schüsseln standen im Speiseraum, ein Dutzend Nachtlager waren in der Kammer …»
    «… aber vom Gang im obersten Stockwerk gingen insgesamt sechs Türen ab.»
    «Du sagst es. Wir werden herausfinden, was sich dahinter tut und was die Geräusche bedeuten.»
    «Du meinst dieses Rascheln und Kruscheln, als wären Herden von Mäusen unterwegs? Und dazwischen das Knarren von Holz.»
    «Genau das. Wir

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