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Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Leichenschändung durch Tierfraß.»
    «Aber wie kann er denn so etwas machen, ohne meine Meinung zu hören?»
    Eddi Metzel schaute den Richter an, als wäre dieser der dümmste Junge in der Sonntagsschule. «Weil im April der Rat tagt, deshalb. Er will den Lutherischen nicht noch mehr in die Hände spielen. Dass Pater Nau im Verlies hockt, bereitet ihm schon so genügend Ärger, hat er gesagt.»
    Blettner nickte. «Die Leiche soll also nicht ausgekocht werden, um die Katholischen zu schützen, und deshalb gibt es dafür auch kein Geld aus der Stadtkasse.»
    «Genau.»
    «Henker, was kostet es, eine Leiche in den Kessel zu werfen?»
    «Das ist nicht teuer. Kostspielig wird es, wenn die Gewebereste vom Knochen gelöst werden müssen.» Er tippte auf einen Muskelstrang. «Aber ich denke, hier löst sich alles von allein.»
    «Bist du mir nicht noch einen Gefallen schuldig, Henker?», wollte der Richter wissen, aber der Henker schüttelte den Kopf.
    «Nein, aber du schuldest mir noch eine Kanne Wein.»
    «Ah.» Blettner kratzte sich am Kopf, dann entschied er. «Ich will, dass du die Leiche auskochst. Musst es ja nicht gleich an die große Glocke hängen. Und du, Eddi, wirst dir das Gerippe danach gründlich ansehen.»
    Der Leichenbeschauer grinste. «Und wenn nicht?»
    Blettner setzte seine Chorknabenmiene auf. «Dann werde ich deiner Frau erzählen, dass du am Sonntag nach unserem Treffen hier ins Hurenhaus gegangen bist.»
    Eddis Gesicht verspannte sich. «Das würdest du nicht tun, oder? Wir sind doch Freunde?»
    «Freunde hin, Freunde her. Bei einem Verbrechen hört die Freundschaft auf.»
    «Aber wir wissen doch noch gar nicht, ob hier ein Verbrechen vorliegt», beschwerte sich Eddi.
    «Und darum sollst du auch das Gerippe untersuchen. Aber vorher hol dein Augenglas hervor und besieh dir hier alles gründlich. Jede Kleinigkeit kann wichtig sein. Ich weiß, dass du mit Gerippen besser umgehen kannst als mit einem frischen Toten. Immerhin sind an den Knochen keine Blutspuren mehr.»
    Der Henker lachte. Er und die meisten anderen, die den Leichenbeschauer kannten, wussten, dass Eddi Metzel Medizin studiert hatte und drauf und dran war, ein guter Arzt zu werden. Leider musste er seinen Beruf recht bald an den Nagel hängen. Er konnte nämlich kein Blut sehen.
    Blettner wandte sich um und deutete mit dem Finger auf den Henker. «Und für dich, mein Lieber, fällt mir auch noch etwas ein. Also, heiz schon einmal den Kessel an. Wir treffen uns morgen zur selben Zeit hier. Und kein Wort zu niemandem, habt ihr mich verstanden?»
    «Und was ist mit mir?», fragte der Schreiber. «Kann ich nicht auch etwas tun? Etwas, von dem der Schultheiß nichts wissen soll?»
    Richter Blettner runzelte die Stirn, aber dann verstand er: «Ah, Schreiber, du willst etwas in der Hand haben, mit dem du mir bei Gelegenheit drohen kannst, damit ich deinem Weib nichts von deinen Ausflügen erzähle?» Er kicherte und drohte dem Schreiber mit dem Finger. «Gut, alter Schelm. Begib dich noch heute in die Vororte, schick meinethalben Boten aus, wenn du es nicht allein schaffst. Finde heraus, wer aus Seckbach, Bonames, Vilbel und all den anderen Orten verschwunden ist.»
     
    Hella eilte durch die Vorstadt und schaute dabei weder nach rechts noch nach links. Sie wollte zu Minerva, der Kräuterfrau, hatte das Gefühl, dass nur die ihr helfen konnte. Viel zu lang erschien ihr der Weg heute. Sie hastete so schnell durch die Vorstadt, dass sie sogar vergaß, einen Blick zum Henkershaus zu werfen. Dort nämlich standen ihr Mann, der Scharfrichter und Eddi Metzel, aber sie waren so sehr ins Gespräch vertieft, dass sie Hella ebenfalls nicht bemerkten.
    Als sie endlich vor Minervas Kate anlangte, war sie außer Atem, und das Herz schlug ihr bis zum Hals.
    Sie klopfte so heftig an die Tür, dass sogleich von drinnen ein Ruf erschallte: «Ich komme, ich komme sofort. Ich habe Euch gehört.»
    Einen Lidschlag später riss Minerva die Tür auf. «Um des Himmels willen, was ist denn passiert, meine Liebe? Rasch, kommt herein. Ich hole Euch einen Becher frisches Brunnenwasser.»
    Hella ließ sich, noch immer schwer atmend, auf den gepolsterten Lehnstuhl sinken, trank dankbar das Wasser, in dem ein paar Blätter getrocknete Minze schwammen. Minerva hatte sich ihr gegenüber niedergelassen und sah ihr zu. Erst als Hella sich ein wenig beruhigt hatte, fragte sie mit sanfter Stimme: «Was ist geschehen, Bürgersfrau, was hat Euch so in Aufregung versetzt?»
    Hella

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