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Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Gustelies. «Willst du uns wegjagen?»
    «Natürlich nicht. Ich habe mich ja eben bedankt. Jetzt beginnen die offiziellen Ermittlungen, und ich muss einiges in die Wege leiten. Dabei könnt ihr mir leider nicht helfen. Geht stattdessen mal unseren Pater Nau besuchen. Ich hörte heute, dass es ihm wahrlich nicht gutgeht.»
    Widerstrebend erhoben sich die beiden Frauen. «Ist das wahr?», fragte Gustelies. «Unserm Paterchen geht es schlecht?»
    «Leider ja», seufzte Heinz Blettner. «Vielleicht müssen wir sogar nach dem Medicus rufen.»
     
    «Tja, ich sage es nicht gern, aber der Pater leidet vermutlich an Auszehrung.» Gustelies schrie auf und schlug sich die Hand vor den Mund.
    Der Medicus wischte sich die Hände am Wams ab und packte seine Siebensachen zusammen.
    «Was können wir tun, Medicus?», fragte Jutta Hinterer, während Gustelies neben dem Strohlager im Verlies kniete und ihrem Bruder immer wieder über die Wange strich.
    «Viel kann man nicht machen», erklärte der Stadtarzt ohne große Anteilnahme. «Warm halten, nahrhaftes Essen und beten.»
    Jutta sah sich nach ihrer Freundin um und zog dann den Medicus in eine Ecke des Verlieses. «Redet nicht um den heißen Brei herum, Medicus. Ich habe gehört, Ihr wüsstet Wundermittel. Also sagt schon, wo man sie bekommt.»
    Der Stadtarzt warf einen Blick auf den Pater, dann raunte er: «Er ist ein Geistlicher. Manch ein Wunder wirkt bei denen nicht.»
    «Das soll nicht Eure Sorge sein. Wo bekomme ich die Wunder zu kaufen? Wie nennen sie sich?»
    Der Stadtarzt wirkte noch immer unsicher.
    «Was ich weiß, das wissen auch noch andere. Nur die Gerichtsbarkeit bisher noch nicht.» Jutta seufzte. «Wollen wir hoffen, dass das so bleibt, nicht wahr, Medicus? Es wäre doch jammerschade, wenn Ihr, und wer immer noch davon weiß, durch den Rat gezwungen würdet, Eure – sagen wir mal – ungewöhnlichen Heilmethoden zukünftig unterlassen zu müssen.»
    Der Stadtarzt zog die Augenbrauen hoch. «Wollt Ihr mir drohen?», fragte er.
    «Ja», erwiderte Jutta Hinterer einfach. «Und jetzt sagt, was Ihr zu sagen habt.»
    «Ihr lasst mir keine Wahl.»
    «Ganz recht.»
    Der Stadtarzt beugte sich zu Jutta hinunter. «Sanguis hominis. Habt Ihr davon schon gehört?»
    Jutta schüttelte den Kopf.
    «Ein Lebenselixier. DAS Lebenselixier. Ihr bekommt es beim Apotheker Schwarzhaupt. Sagt ihm, ich hätte Euch geschickt. Dazu soll er noch ein Töpfchen Armesünderschmalz rausrücken. Das schmiert Ihr dem Siechen da auf die Brust. Und vom Elixier jeden Morgen und jeden Abend einen großen Löffel voll. Und jetzt: Der Herr sei mit Euch.»
    «Und mit Euch», murmelte Jutta und sah zu, wie der Arzt aus dem Verlies verschwand.
    Gustelies kniete noch immer neben Pater Nau. Jetzt wandte sie sich zu Jutta um. «Findest du nicht, dass er in der letzten halben Stunde ein wenig Farbe im Gesicht bekommen hat?», fragte sie.
    Jutta blickte auf den Pater. Sein Gesicht hatte die Farbe von ausgespiener Hafergrütze. Die Lippen waren aufgesprungen, nur die Augen zeigten einen unnatürlichen Glanz.
    «Er sieht aus wie Braunbier und Spucke», stellte Jutta fest und zog Gustelies auf die Füße. «Aber das wird schon wieder. Wir brauchen einfach nur die richtigen Arzneien.»
    Pater Nau lächelte. Er wirkte trotz der Krankheit viel gelassener als üblich. «Ach, kümmert euch nicht um mich, ihr Lieben», erklärte er gut gelaunt. «Die Erde ist nun mal ein Jammertal und das Leben ein Graus.»
    Gustelies seufzte erleichtert, als sie den gewohnten Spruch hörte. «Hast du vielleicht sogar Appetit auf ein Viertelchen Spätburgunder?», fragte sie eifrig. «Ich könnte dir ein rohes Ei hineinschlagen und etwas Honig dazugeben. Das wirkt Wunder. Weißt du noch, unsere Mutter hat uns auf die Art immer wieder hochgepäppelt.»
    «Pfui!», schrie der Pater auf. «Das Viertelchen hätte ich gern, aber untersteh dich, da irgendetwas hineinzutun. Und schon gar kein glibberiges Ei, hörst du? Im Wein liegt die Wahrheit. Du wirst ja wohl die Wahrheit nicht verpanschen wollen, oder?»
    Gustelies beeilte sich, das Gegenteil zu versichern, dann versprach sie: «Ich komme heute Nachmittag wieder und bringe dir, was du haben willst. Ruh dich schön aus bis dahin.»
    Pater Nau kicherte. «Natürlich ruhe ich mich aus. Was soll man sonst in einem Verlies tun, frage ich.» Doch mit einem Male wurde sein Gesicht ernst. Er richtete sich sogar ein wenig auf. «Stimmt es», fragte er, «dass der Rat im April darüber berät,

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