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Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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ob Frankfurt lutherisch oder katholisch wird? Ist es wahr, dass am Ende vielleicht sogar noch die katholischen Kirchen geschlossen werden sollen? Meine Kirche, meine Liebfrauenkirche womöglich auch?»
    «Beruhige dich, mein Lieber. Noch ist nichts entschieden», versuchte Gustelies zu besänftigen. «Die Ratsherren sind nicht dumm. Sie werden das tun, was sie immer tun, nämlich einer Entscheidung aus dem Wege gehen. Noch will niemand deine Kirche schließen.»
    Pater Nau sah seiner Schwester in die Augen, und Gustelies musste seinem Blick ausweichen.
    «So schlimm steht es also», stellte er fest. «Wenn Frankfurt tatsächlich in Frevlerhand gerät, dann bleibe ich am besten hier.»
    Mit diesen Worten drehte er sich zur Wand, winkte noch einmal und schloss die Augen, während Jutta und Gustelies das feuchte Loch verließen.
    Draußen, vor der Warte, schüttelte sich Gustelies. In ihren Augen glitzerten Tränen. «Ich mache mir solche Sorgen um Bernhard», sagte sie. «Seit Jahren hat er nicht mehr gelächelt. Jetzt tut er es. Ich fürchte, es geht zu Ende mit ihm.»
    «Ach was», winkte Jutta ab. «Sorgen musst du dir erst machen, wenn er das Leben schön und die Erde ein Paradies nennt. Aber so weit ist es noch nicht. Der Medicus hat mir ein paar Arzneien genannt, die ihm helfen können. Ich werde sie heute noch besorgen.»

[zur Inhaltsübersicht]
Kapitel 21
    R ichter Blettner seufzte. Er stand am Fenster des Malefizamtes und sah hinunter auf den Römer. Die Sache mit dem Findelhaus hat mir gerade noch gefehlt, dachte er. Ich muss mit dem Stadtkämmerer sprechen, dann mit dem Schultheiß Krafft von Elckershausen und mit diesem lutherischen Pfarrer Küttler. Diese Geschichte ist nicht einfach nur eine Geschichte, sie ist ein Politikum. Und mit Politik kann ich nicht umgehen.
    Er seufzte noch einmal, straffte die Schultern, dann suchte er im Rathaus nach dem Schultheiß. Er traf Krafft von Elckershausen auf dem Gang, wenige Schritte vom Zimmer des Ersten Bürgermeisters entfernt.
    Der Schultheiß schlug ihm auf die Schulter. «Na, Richter, was macht die Kunst? Die Skalpgeschichte haben wir ja noch einmal abgebogen, nicht wahr? Seht mir nur zu, dass Ihr mir keine weiteren Skandale und Skandälchen bis April auftut. Ihr wisst, der Rat tagt am Achtzehnten. Dann wird entschieden, ob es in Frankfurt weiterhin eine Jungfrau Maria geben wird.» Er seufzte und warf einen hilfesuchenden Blick gen Himmel. «Habt Ihr mich verstanden?»
    Blettner nickte. «Verstanden schon, Herr. Aber leider richtet sich das Verbrechen nicht immer nach den Wünschen des Rates. Ich fürchte, im Findelhaus in Sachsenhausen werden die armen Waisen zur Arbeit gezwungen, noch lange vor dem arbeitsfähigen Alter, wie es scheint.»
    Blettner berichtete dem Schultheiß, was er von Jutta und Gustelies gehört hatte. «Wie sollen wir Eurer Meinung nach vorgehen?», fragte er dann.
    Krafft von Elckershausen presste die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen. Blettner konnte schier sehen, wie seine Kiefer mahlten.
    «Ist denn in dieser Stadt niemals Ruhe, Himmeldonnerwetternocheins?», fragte er.
    Der Richter zuckte mit den Achseln.
    «Welcher Glaubensrichtung gehört dieser Vater Raphael an? Der alten oder der neuen?»
    «Er ist lutherisch», antwortete Blettner.
    Der Schultheiß atmete auf. «Na, wenigstens etwas. Trotzdem müssen wir klug und behutsam vorgehen. Der Rat, Ihr wisst ja.»
    Blettner nickte. «Was soll ich veranlassen? Wir müssen bald handeln, Herr. Wenn rauskommt, dass wir von diesen Dingen Kenntnis hatten und nichts unternommen haben, dann sitzt uns sogleich die Volksseele im Nacken.»
    Der Schultheiß holte tief Luft. «Ich verbiete Euch, meine Worte in Euren Reden zu benutzen.»
    «Verzeihung, Herr.»
    «Und ansonsten muss ich erst über das rechte Vorgehen nachdenken. Wir dürfen nicht säumig sein, aber auch nicht überstürzt handeln. Ich werde Euch Bescheid geben, sobald ich mich entschieden habe.»
    «Sehr wohl, Herr.»
    Richter Blettner verbeugte sich leicht, dann machte er, dass er davonkam.
    Draußen vor dem Malefizamt holte er erst einmal tief Luft. Er stand auf der obersten Treppenstufe des Römers und hatte von hier einen guten Überblick über das alltägliche Markttreiben. Die Menschen huschten wie Ameisen hin und her. Rufe drangen an sein Ohr: «Kauft Fische, kauft frische Fische. Leute, kauft bei mir. Alles frisch gefangen.» Und: «Eine neue Haube für Eure Taube, ein Häubchen fürs Täubchen» und «Ochsenblut,

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