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Die Verdammnis

Die Verdammnis

Titel: Die Verdammnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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Mädchen zu mir, das mich anfangs mit dem scheuen Blick eines Rehs musterte.
    Ich ließ mir Zeit damit, die Schüchternheit in ihren dunklen Augen von leidenschaftlichem Feuer verzehren zu lassen.
    Und schließlich brachte ich auch dieses Feuer zum Verlöschen.
    Freilich erst nachdem das in meinen Lenden niedergebrannt war.
    *
    Die Angst flackerte in den Kinderaugen in solchem Maße, daß ihr Lodern mir beinahe hell genug schien, diesen Raum zu beleuchten. Das taten sie natürlich nicht. Statt dessen war das unterirdische Gewölbe in den stets fließenden Schein Dutzender Kerzen getaucht.
    Aber obwohl fast drängende Enge herrschte, zeichneten sich lediglich zehn Schatten an Mauerwerk und Boden ab.
    Die der Kinder.
    Keines von ihnen war älter als fünf. Und keines würde sechs werden.
    Nicht in diesem Leben jedenfalls.
    Mein Blick tastete ihre Reihe ab, auf dem letzten der Kinder verharrte er. Ich war überrascht, und das mußte sich selbst in der Miene meiner Maske widerspiegeln, denn Kayel trat zu mir.
    »Du scheinst erstaunt«, sagte er.
    Ich nickte. »In der Tat. Es ist das erste Mal, daß du mir ein - Mädchen zur Taufe bringst.«
    In mancherlei Hinsicht war Kayel allen Unterschieden zu den sterblichen Bewohnern Konstantinopels zum Trotz deren Gepflogenheiten und Sitten sehr verhaftet. Ein Mädchen oder eine Frau galten wenig in dieser Gesellschaft, und daß er einem weiblichen Geschöpf die Ehre der Kelchtaufe zuteil werden ließ, verwunderte mich, entsprach es doch gar nicht seiner Art.
    Er zuckte die Schultern.
    »Nenn es einen Versuch«, meinte er dann. »Es interessiert mich, wie sich ein weiblicher Vampir in unsere Sippe einfügen wird. Zudem -«
    Kayel zögerte kurz und fuhr dann mit verschlagenem Lächeln fort: »- möchte ich wissen, zu welcher Leidenschaft eine Vampirin fähig ist. Du verstehst?«
    Ja, ich verstand. Kayel war seiner menschlichen und untoten Gespielinnen, die er sich jederzeit auserwählen konnte, überdrüssig. Nach Jahrhunderten, während derer ihm jedes Weib stets ohne Zögern zu Willen gewesen war, gelüstete ihn nach Neuem. Er wollte erfahren, wie es war, eine Frau zu erobern.
    Und so hob auch ich die Achseln und nahm seinen sonderbar anmutenden Wunsch hin.
    »Nun, dann laßt uns beginnen«, sagte ich.
    Meine Rechte verschwand in der ledernen Tasche, die ich an einem Riemen über der Schulter trug und die außer meiner Heimaterde, auf der ich zu ruhen und mich zu erholen pflegte, auch den Kelch beinhaltete.
    Ein Raunen wehte durch das Gewölbe, als meine Hand wieder mit ihm zum Vorschein kam.
    Sein Anblick weckte nicht nur in mir Ehrfurcht. Wie aus einem Mund hatten auch die versammelten Vampire der Stadt jenem Gefühl Ausdruck gegeben, das der Anblick des Unheiligtums in ihnen schürte.
    Den Lilienkelch mit beiden Händen umfassend, wandte ich mich -nachdem ich den anderen etwas Zeit gegeben hatte, den Gral hinreichend zu bewundern - an Kayel. Mit einem Nicken bedeutete ich ihm zu tun, was das Ritual verlangte.
    Er erwiderte meine Geste. Dann hob er die linke Hand. Mit kaum hörbarem Knirschen wuchs der Nagel seines Zeigefingers binnen zweier Sekunden zur Kralle. Und die stieß Kayel sich in die Pulsader des rechten Armes.
    Ein schwarze Perle schien aus der Wunde zu wachsen, wurde immer größer und schließlich, angetrieben durch den zähen Schlag seines Herzens, pulste ein dunkler Strom aus Kayels Handgelenk.
    Ehe auch nur ein Tropfen davon verlorengehen konnte, war ich mit dem Kelch zur Stelle und fing das schwarze Rinnsal auf. Bis das Unheiligtum schließlich fast randhoch gefüllt war.
    Wieder gab ich Kayel stumm ein Zeichen, woraufhin er seiner Selbstheilungskraft nicht länger Einhalt gebot. Der Blutfluß versiegte, die Verletzung schloß sich, wie aus dem Unsichtbaren vernäht.
    Als dies geschehen war, drehte ich mich um, diesmal den angstvoll wartenden Kindern zu. Sie wußten nicht, welches Schicksal ihrer harrte. Aber sie ahnten, daß es ein furchtbares sein würde. Nun, aus ihrer momentanen Sicht mochten sie damit durchaus richtig lie-gen. Bald schon würden sie jedoch dankbar sein für die Gnade, die der Kelch und ich, der Hüter, ihnen angedeihen ließen.
    Allesamt waren sie während der vergangenen Stunden entführt, ihrer vertrauten Umgebung entrissen worden. Ich empfand nichts dabei, zumindest kein Bedauern oder etwas in der Art. Im Gegenteil, ein paar dieser Kinder mochten nicht einmal ein richtiges Zuhause ihr eigen genannt haben, zerlumpt wie sie aussahen.

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