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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ich habe es immer und immer wieder gesagt: Man kann einen Mann wie mich nicht zwischen zwei Paare legen, die jede Nacht herumdonnern, als gelte es, eine Felswand zu durchbrechen. Mindestens eins der Weiber hat eine menschliche Verpflichtung, den Einsamen vorm Verrücktwerden zu bewahren. Das könnte man ihnen sagen, das wäre eine Diskussionsgrundlage, das fällt in das Gebiet des praktischen Sozialismus.
    »Deine Fallen sind gut, Igor!« rief Andreas zu Putkin hinüber. »Der Fuchs saß drin. Ein Prachtkerl! Wir werden das Fell verlosen –«
    »Ich schenke es Katja!« schrie Putkin zurück. »Eine schöne Mütze gibt's!«
    Er blickte hinüber zum Haus. Warum kommt Morotzkij nicht heraus? Was erzählt Nadeshna denn alles, daß es so lange dauert? Oder hat ihn der Schlag getroffen, als er's hörte? Ist umgefallen, das Gerippenmännchen, und liegt jetzt da auf dem Boden, und das blonde Schwänchen reibt ihm die Brust und kriegt das Herz nicht mehr in Gang?
    »Wo ist Semjon Pawlowitsch?« rief die Susskaja. Sie bot Putkin ein strahlendes Gesicht, so herrlich schön in seiner geröteten Wildheit, daß es ihm kalt über den Rücken lief.
    »Im Haus! Er hat Maruta herumgeführt wie einen Blindenhund.« Putkin umklammerte die Axt. Sie nutzte wenig, wenn Katja gleich schießen würde, aber erst mußte sie herankommen, in das halbfertige Haus hinein, denn er hatte vor, sich hinter die dicken Stämme zu verkriechen. Es würde sich dann zeigen, ob man über alles diskutieren konnte oder sich zusammenschießen ließ.
    Er sah, wie Andreas und die Susskaja ins Haus traten, und wartete mit angehaltenem Atem. Jetzt mußten sie Morotzkij sehen, wenn er wirklich leblos auf der Erde lag, und jetzt mußte Nadeshna ihnen entgegenschreien: »Putkin ist das größte Schwein, das Rußlands Sonne beschienen hat.« Dann würde die Tür wieder auffliegen, und die schwerste Stunde für sie alle hatte begonnen.
    Aber es geschah nichts. Die Tür blieb zu, die Ruhe legte sich über Putkin mit der Unheimlichkeit einer nicht sichtbaren würgenden Hand. Er begriff das nicht, dachte an eine besondere Taktik und nagte an der Unterlippe. Um seine aufgebissene Nase hatte er einen Fetzen Stoff gebunden, damit der Frost nicht in die Wunde kam und seine ganze Nase auffraß. Die Minuten rannen davon, es blieb still im Haus … dafür quoll dichter Rauch aus dem Kamin und trug den Geruch von gebratenem Fleisch in die stille, sonnendurchglitzerte Kälte.
    Sie wollen mich mürbe machen, dachte Putkin und lehnte sich an die Hauswand. So gemein und feige sind sie also … auf die Nacht warten, nicht auf die kommende, auf irgendeine Nacht, in der ich schlafen werde, denn einmal falle auch ich um, man kann nicht immer wachsam sein … und dann werden sie auf leisen Sohlen kommen und mich abschlachten. Ganz ohne Mühe, ein kleines Kind könnte das tun. Sie haben ja Zeit, natürlich haben sie Zeit! Sie machen es mit der alten russischen Weisheit: Die Uhr regelt alles.
    Er schnaufte vor Wut, biß in seine Handschuhe und wartete weiter.
    Eine Stunde später erschien Andreas in der Tür. Putkin straffte sich. Jetzt kommt das Todesurteil! Und wie er dasteht, dieser Andrej … barhäuptig, in Hemdsärmeln, in der Kälte seine Zimmerwärme ausdampfend … eine widerliche Art zu töten.
    »Igor Fillipowitsch!« rief Andreas zu dem halbfertigen Blockhaus hinüber. »Hör auf mit Arbeiten! In zehn Minuten serviert Nadeshna einen Braten …«
    Putkin antwortete nicht. Wer fällt darauf herein, du Idiot, dachte er bloß. Mich herauslocken, was? Mich aus der sicheren Deckung holen? Kommt her, ihr Mörder! Holt euch euer Opfer! Mir das duftende Fleisch unter die Nase halten und dann das Gewehr abdrücken! Bin ich ein Blödel? Wer hat die dämliche Idee gehabt, einen Putkin auf so primitive Weise überrumpeln zu wollen?!
    Andreas ging zurück ins Haus. Jetzt beratschlagen sie wieder, dachte Putkin. Und die Susskaja steht mit dem Gewehr bereit und lauert auf mich wie auf einen streunenden Wolf. Er hieb mit den Fäusten gegen die Holzwand, heulte dann in seine dicken Handschuhe hinein und wartete weiter. Die Angst hatte ihn jetzt voll erobert, er litt eine Qual, die unsagbar war. Er starb bereits in kleinen Stücken, und das war ein Gefühl, das selbst einen Berg wie Putkin aushöhlte.
    Als nächster humpelte Morotzkij vor die Tür. Auch er in Hemd und Hose, in der Kälte von Dampf umgeben.
    »Der Braten wird kalt!« rief er fast fröhlich.
    »Legt mein Stück auf einen heißen

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