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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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von Nadeshnas Biß geheilt war, und setzte sich dann wieder, als sei nichts geschehen.
    Von da an unterbrach Putkin nicht mehr Katjas stille Instrumentenstunde, wie er sie brummend nannte und Andreas ins Ohr flüsterte. »Es wird ein schweres Leben werden«, sagte er leise. »Sie bleibt eine Ärztin, auch wenn sie Kohl ziehen müßte. Ich wette, wenn sie einen Braten aufschneidet, bindet sie sich ein Mundtuch um. Paß auf, daß sie eines Tages nicht bei dir mit einer Pinzette etwas anhebt …«
    »Wieso hat er recht?« bellte Morotzkij jetzt.
    »Wer Putkin einmal gesehen hat, muß vor den Menschen flüchten.«
    »Das ändert nichts daran, daß Maruta sich von mir verraten fühlen muß. Hört euch diesen Sturm an! Und sie steht allein im Pferch –«
    »Er bringt mich um den Verstand!« stöhnte Putkin, als Morotzkijs Klagegesang nicht abriß. Es war in der zweiten Woche, Morotzkij saß wie ein Häuflein Asche auf der Bank, und es fehlte nicht viel, da hätte er zu weinen begonnen. »Maruta ist in der Taiga geboren, Sie Rindvieh! Sie kennt nichts anderes. Nur Sie, mit Ihrer Verhaltensforschung, machen ein Püppchen aus ihr!«
    »In der Taiga kann sie sich verkriechen!« brüllte Morotzkij zurück. »Sie kann sich unterstellen –«
    »Jawohl! Die sozialistische Regierung hat ja auch überall Wärmehallen in der Taiga aufgestellt!« schrie Putkin. »Wie ist das eigentlich, Nadeshna? Wenn Semjon Pawlowitsch auf Ihnen liegt, brummelt er dann Ihren Namen, oder nennt er Sie auch Maruta?«
    Nadeshna, die am Herd stand und kochte – und sie kochte fabelhaft, von Tag zu Tag besser, erfand neue Arten, Fleisch zu würzen und zauberte aus den Verpflegungsbüchsen von General Serikow wahre Wunder an Eßbarem –, blickte Putkin an mit einem jener Blicke, wie sie nur Frauen zu werfen verstehen und die einem Mann ins Herz fahren wie ein Blitz.
    »Und wenn er Maruta sagen würde«, antwortete sie, »wäre es noch immer zärtlicher als der kleinste Finger von Ihnen, Igor Fillipowitsch.«
    »Mit Fingern halte ich mich auch nicht auf«, sagte Putkin und starrte in die Ecke.
    Nadeshnas Blick rumorte unter seiner Hirnschale. Dieser verfluchte Schneesturm warf ihn mit dem Bau seiner Hütte zurück, und damit auch mit der Hoffnung, Nadeshna unter seinem eigenen Dach zu empfangen, während Morotzkij seine dämliche Elchkuh dressierte.
    Es wurde so schlimm mit Semjon Pawlowitsch, daß Putkin kurz nach dem Mittagessen, in dem Morotzkij traurig herumstocherte, als habe Nadeshna Sägemehl gekocht, aufsprang, seinen dicken Wolfspelz überwarf, die hohe Fellmütze auf den Schädel stülpte und zur Tür stapfte.
    »Wohin?« fragte die Susskaja.
    »An die Luft. Morotzkij stinkt vor Wehleidigkeit. Ich ertrage das nicht länger.«
    Er stieß die Tür auf, aber sie bewegte sich nur ein paar Zentimeter, dann stemmte sich der Schnee dagegen, ein Berg von Schnee, der sofort vom Wind in das Zimmer getrieben wurde.
    »Seien Sie nicht kindisch, Igor Fillipowitsch!« rief die Susskaja. »Die Natur ist stärker als Sie. Es gibt wirklich etwas, was auch Sie bezwingt.«
    Das hätte sie nicht sagen dürfen. Putkin stieß einen bärenhaften Laut aus, warf sich gegen die Tür, drückte sie wirklich mit seinen ungeheuren Kräften so weit auf, daß er sich hinauszwängen konnte, und trat sie dann von außen wieder zu. Man hörte ihn noch im Schnee fuhrwerken, und Andreas sagte: »Er kriegt es fertig und boxt sich buchstäblich durch den Schneeberg.«
    »Sie sollten ihm nachlaufen, Andrej«, ließ sich Nadeshna vernehmen.
    »Warum?« Die Susskaja schüttelte den Kopf. »Igor Fillipowitsch kennt sich am besten. Er braucht die Abkühlung dringend.«
    »Wo will er denn hin bei diesem Sturm?«
    »Vielleicht läuft er dreimal ums Haus und brüllt sich aus.« Morotzkij schaufelte den hereingewehten Schnee in eine Schüssel und brachte ihn zum Herd. So feindlich die Taiga war … verdursten ließ sie einen nicht. Wenn man ein Feuer hat, hatte man auch Kipjatok – heißes Wasser. Man glaubt es nicht, was man mit heißem Wasser alles anstellen kann, es ist ein wahres Lebenselexier, wenn man nichts anderes hat. »Koch ihm einen Tee, Nadeshenka. Wir werden Igor Fillipowitsch auftauen müssen.«
    Es dauerte nicht lange – aber das will nichts heißen, denn man hatte hier in der Eingeschlossenheit den Zeitbegriff verloren und eine Stunde war wie ein halber Tag oder ein halber Tag wie eine Stunde, es kam ganz auf die Laune des einzelnen an – vermischte sich das Heulen des

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