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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wir. Dabei hob er die rechte Faust und zeigte die Handgranate, lachte schallend und provozierend und schwenkte die Arme. »Heran! Wir haben einige Kisten davon da! Es wird mir ein Vergnügen sein, diese Eier zu legen! Was wollt ihr von uns, Genossen? Schickt einen Unterhändler rüber, wenn ihr ein Gespräch wollt. Man kann über alles verhandeln, auch, wie man euch zur Hölle schickt!«
    Putkin schwieg abrupt. Mit ungläubigem Staunen sahen sie, wie ein kleiner Reiter sich aus der Reihe löste und langsam herantrabte. Er schwenkte dabei einen weißen Lappen und ritt dann nur mit Schenkeldruck, weil er beide Arme vorstreckte zum Zeichen seiner völligen Waffenlosigkeit. Putkin grunzte wie ein eingekesselter Bär. »Ein Trick –«, sagte er zu Andreas. »Diese Kerle sind die Hinterlist in Person. Irgendwo am Sattel hat er seine Waffe, und so schnell, wie er nach ihr greift, kannst du gar nicht reagieren. Laß ihn rankommen und brenn ihn dann von seinem Gaul.«
    »Er schwenkt ein weißes Tuch, Igor –«, sagte Andreas zögernd. »Das ist ein internationales Zeichen.«
    »Ein Trick ist es, du Rindvieh. Das sage ich dir.« Putkin krümmte den Finger am Abzug der Tokarew »Wer kümmert sich in der Taiga um internationale Bräuche, he? Willst du ihn fragen, was er von der Genfer Konvention hält? Nein, so etwas! Er denkt an Paragraphen, jetzt denkt er an Paragraphen. Als Gott – wenn er's war – die Menschen schuf, hat er auch zwei Gehirne geschaffen: ein normales und das deutsche Beamtengehirn –« Er hob die Pistole und streckte sie dem Reiter entgegen. »Stoj! Keinen Meter weiter!«
    Der kleine Jakute hielt sein Pferd an, ohne die Hände zu senken. Es mußte bei ihnen einen Gedankenstrom zwischen Pferd und Reiter geben. Das breite gelbliche Gesicht des Mannes grinste verlegen. Auf die zerfetzten Toten warf er keinen Blick.
    »Gib das Gold her!« sagte er mit einer hohen Stimme. »Wo ist das Gold?«
    »Aha!« Putkin kniff die Augen zusammen. Seine Stimme bekam jenen Klang, den Andreas kannte. Der ›andere‹ Putkin erwachte wieder … die Bestie, die nur noch Vernichtung kannte. »Woher weißt du denn, daß wir Gold haben?«
    »Ihr habt es«, sagte der kleine Jakute eigensinnig. »Wir wissen es.«
    »Von Nadeshna Iwanowna, nicht wahr? Habt ihr sie gefoltert? Was habt ihr mit ihr gemacht? Zwischen zwei Bäume gehängt und ihr den Leib aufgeschlitzt wie einem Stück Vieh? Und sie hat dabei gebetet, nicht wahr? Sie hat gebetet: Gott hilf mir! Gott hilf mir! Und sie hat geschrien, und ihr habt um sie herumgehockt und habt sie langsam weiter aufgeschlitzt. War es so, du schlitzäugiger Kretin, war es so?«
    »Igor –«, sagte Andreas mahnend. »So kommen wir nicht weiter. Gib ihnen das Gold. Nur eins ist wichtig: daß Katja und Amalja überleben. Morgen fliegen wir von hier weg. Ich verzichte auf alles Gold.«
    »Halt das Maul, Söhnchen!« sagte Putkin dumpf. »O Hölle, halt das Maul! Das ist jetzt nicht mehr deine Sache.« Er trat einen Schritt vor. Der kleine Reiter musterte den Riesen lauernd. Es schien, als habe er noch nie einen solchen Berg von Mensch gesehen, eine solche Ansammlung von Muskeln wie in diesem entblößten Oberkörper.
    »Was habt ihr mit Nadeshna gemacht?« brüllte Putkin plötzlich. Der Jakute zuckte erschrocken zusammen. »Wie habt ihr sie getötet?«
    »Alles Gold!« antwortete der kleine Reiter stur. »Alles Gold. Dann für uns arbeiten für weiteres Gold …«
    »Hast du das gehört?« Putkin zog die breiten Schultern hoch. »Der schielende Zwerg verurteilt uns zu Zwangsarbeit. Die sibirische Zauberformel: Arbeite, bis du krepierst! Wie kann man zu einem Putkin von Zwangsarbeit sprechen? Und er plappert es so daher, als spucke er zerkaute Sonnenblumenkerne aus. Gold! Für euch Gold? Für dieses verdammte, verfluchte, vom Teufel gesegnete Gold habt ihr meine Nadeshna umgebracht!«
    Es war zu spät, Putkin in den Arm zu fallen. Er zuckte hoch, der Schuß peitschte, und der kleine Reiter verdrehte die Augen, wurde nach hinten geworfen und rutschte aus dem Sattel. Das gelbe Pferdchen wendete sich gelangweilt und trabte zum Waldrand zurück.
    In den Reihen der wartenden Jakuten rührte sich nichts. Sie schrien nicht einmal auf … unter ihren spitzen Filzmützen starrten sie nur stumm zu den beiden Männern hinüber und unternahmen auch nichts, als Putkin sich bückte, den toten Reiter an den Rentierlederstiefeln packte und hinter sich herschleifte zur Hütte. Dort erst drehte er ihn um,

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