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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wie sie hergibt. Was sind zwei oder drei Jahre, Freunde? Hängt ihr so an der Zeit? Wenn wir eines Tages auf einem Floß den Fluß hinabtreiben, werden wir alle Millionäre sein! Andrej, sag auch etwas! Du bist Bergbauingenieur. Liegt hier Gold genug, um die Taiga zu ertragen?«
    »Es müßte genug hier liegen«, antwortete Andreas vorsichtig. »Hier hat der Fluß in Jahrtausenden Gold abgelagert. Ihr müßt das besser wissen als ich, ihr seid Russen. Der Traum aller Eroberer Sibiriens war das Gold der Taiga. Wir haben solch ein sagenhaftes Goldfeld gefunden.«
    »Und da diskutiert man noch über Volkseigentum?« rief Putkin. »Katja Alexandrowna, können Sie in Ihrem Gehirn etwas auslöschen? Das, was ich einmal gesagt habe?« Er hielt ihr seine riesige Hand hin, auf der die Goldkörner wie auf einem Tablett lagen. Sein vom Bart überwuchertes, schwitzendes, jetzt in der Kälte langsam wieder sich mit kleinen Eiszapfen überziehendes Gesicht war von einer fast kindlichen Treuherzigkeit. Es war der zweite Putkin, der gutmütige Bär, der Koloß mit dem Butterherzen … undenkbar, daß sich diese sanft blickenden Augen wieder in böse funkelnde, Gemeinheit ausspeiende, vom Jähzorn gerötete Augen verwandeln konnten. »Jetzt haben wir alle ein Ziel: Gold! Katja … haben Sie bisher gewußt, wofür Sie leben?«
    »Fragen Sie nicht so dämlich, Igor Fillipowitsch«, sagte sie grob und wandte den Kopf zur Seite.
    Habe ich es gewußt, dachte sie. Die Liebe zu Waska Janisowitsch Serikow, dem General, der sich von ihr die Narben küssen ließ, die ihm die Deutschen zugefügt hatten? Oder die Nächte mit anderen Männern, meistens Arztkollegen, flüchtige Liebesräusche, mehr biologische Notwendigkeit als eine Angelegenheit der Seele … hatte es sich gelohnt? Die Arbeit in den Krankenhäusern, die Vorträge in den Akademien, die politische Agitation auf Versammlungen, die winzige Zweizimmerwohnung, die schon eine große Belohnung war, denn sie durfte sie allein bewohnen, zwei Zimmer ganz allein für sich, mit einem Bad, einem Elektrobadeofen, einem Radio und in der Küche sogar mit einem Mixgerät. »Sie Kapitalist«, hatte einmal ein Besucher scherzhaft zu ihr gesagt. Aber sie war zusammengezuckt wie unter einem Peitschenhieb.
    Hatte es sich gelohnt, zu leben?
    Sie hatte nie darüber nachgedacht, aber jetzt gab sie sich eine klare Antwort:
    Ja, es hatte sich gelohnt … und wenn es nur deswegen war, einmal in diesem Leben Andrej zu begegnen. Für jeden Menschen spart das Schicksal Überraschungen und Belohnungen auf … daran glaubte sie jetzt und war nun zufrieden.
    Putkin wandte sich an Morotzkij. Der dürre Bursche, trotz Nadeshnas liebevoller Pflege aus dem Stadium des lebenden Totenkopfes nie herauskommend, hatte sein zerfleddertes Tagebuch auf den Knien liegen und rechnete. Der Bleistift war so weit abgeschrieben, daß er den winzigen Stummel nur noch mühsam festhalten konnte. Seit Wochen war er sparsam mit seinen Eintragungen, um den Bleistift, das einzige, womit er schreiben konnte, so lange wie möglich auszunützen. Er hatte es schon mit Holzkohlestückchen versucht, aber die Schrift verschmierte zu leicht und wurde so dick, daß ein Blatt Papier schnell voll war. Jetzt aber opferte er ein paar Millimeter Bleistift, um auszurechnen, was sie erwartete.
    »Legen wir zugrunde –«, sagte er, als Putkin ihn mit dem Ellenbogen anstieß, »daß ein Gramm Feingold 4 Rubel kostet …«
    »Mehr, Semjon Pawlowitsch, mehr! Für 4 Rubel scheißt nicht einmal der Teufel.«
    »Vier Rubel Staatspreis, und zwar pro Gramm. Bei einem Kilogramm sind das 4.000 Rubel. Bei zehn Kilogramm …«
    »Ich bin kein Analphabet!« schrie Putkin. »Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Um aus uns allen Millionäre zu machen, müßten wir ein paar Zentner Feingold aus dem Sand holen.«
    »Der Fluß stinkt vor Gold!«
    »Und Sie müßten es erst absetzen, Igor Fillipowitsch.« Morotzkij stellte seine Rechnung ein. »Was – das frage ich – geschieht wohl, wenn wir jeder mit einem Sack voll reinen Goldes auf dem Rücken irgendwo erscheinen und ausrufen: Herbei, Genossen, herbei! Haltet Rubelchen bereit. Jeder bekommt für 4 Rubel ein Gramm Gold! Kauft keinen Salat, keine Kartoffeln, keine Äpfel, keine Gurken … kauft Gold! Was geschieht wohl dann?«
    »Er hat nicht nur ein verkürztes Bein, er hat auch ein geschrumpftes Hirn«, sagte Putkin wegwerfend. »Andrej, erklär es ihm. Wie wechselt man Gold ein?«
    »Auf einer Bank.«
    »Aha!«
    »Aber

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