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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Spielleidenschaft, die Serikow mit Millionen Russen teilte, sobald sie ein Schachbrett sahen … heimlich schaffte er Kanister mit Flugbenzin zur Seite und versteckte sie in einem Schuppen, in dem allerlei Gerümpel herumlag, wertlose, ausgebaute, zerbrochene Maschinenteile, die verrosteten. Auch inspizierte er die Flugzeuge und fand großen Gefallen an einem kleinen, wendigen Aufklärungsflugzeug, wie es auch die Geologen und Forscher benutzen: eine leicht gebaute, zweisitzige Maschine mit breiten Schneekufen statt Rädern, die überall auf dem verschneiten Land landen konnte, wo etwas ebener Boden war.
    Sechs Wochen spielte General Serikow Schach und sammelte Benzin und Verpflegung, Werkzeuge und eine Winterzeltausrüstung, Waffen und Munition, bis er nach seiner Ansicht einen langen Winter in der Einsamkeit überleben konnte.
    Dann – in der siebten Woche, in der seine Beobachter an die KGB-Zentrale meldeten, der General sei ein harmloser Mensch, der die erzwungene Ruhe gut auszunutzen verstehe – kam der Tag, an dem Serikow alle seine Freunde verblüffte.
    Wie immer fuhr er zum Schachspiel, schwenkte aber auf dem Flugplatz gleich hinüber zu den Hangars, lud seinen Moskwitschwagen mit dem gesammelten Material voll, schleppte alles in das kleine Flugzeug und schnauzte den Monteur an, der entgeistert diesem Tun zusah.
    »Sie sehen aus, als hätten Sie die Hose voll!« brüllte Serikow. »Wo ist der Schlüssel?«
    »Er steckt, Genosse General«, stammelte der Monteur. Er hatte die Maschine gerade überprüft, weil in einer Stunde eine Patrouille damit aufsteigen sollte, um die Radarstellungen in der Taiga abzufliegen.
    »Das Tor auf!« Serikow kletterte auf den Pilotensitz. Seine Flugausbildung war lange her … in den ersten Kriegstagen hatte jemand die Idee gehabt, den Oberleutnant Serikow zur Luftflotte abzustellen und aus ihm einen Piloten zu machen. Das hatte fehlgeschlagen. Serikow erwies sich als typischer Erdenmensch … war er in der Luft, wurde ihm speiübel, er verlor die Orientierung, Schwindel packte ihn, und jeder Blick nach unten auf die zusammengeschrumpfte Erde regte ihn an, hinunterzuspringen. Nach drei Monaten schickte man ihn zur Infanterie zurück. Aus ihm einen Flieger zu machen, war unmöglich. Aber die Grundbedingungen des Fliegens hatte man ihm bereits beigebracht. Er wußte, was ein Höhensteuer war, ein Seitensteuer und wie man ein Flugzeug in der Waagerechten hält; er hatte gelernt, wie man startet und wie man landet.
    In der Zwischenzeit hatte sich vieles geändert in den Flugzeugen, aber im System war alles gleich geblieben. So fand sich Serikow auch sofort zurecht, als er auf dem Pilotensitz saß und den Motor anließ. Der Propeller drehte sich träge, der Motor verbreitete einen Höllenkrach in der Halle.
    Serikow winkte energisch zum Tor. Der Monteur hielt seine Mütze fest, lief davon, drückte die Schiebetür auf und beruhigte sein Gewissen damit, daß ein General immer recht hat mit dem, was er tut. Langsam rumpelte Serikow auf den Kufen ins Freie, freute sich, als er den festgestampften Schnee unter sich hatte, und verzichtete darauf, erst hinüber zur Startbahn zu gleiten. Ein so kleines Flugzeug hat keinen langen Startweg, er gab Vollgas, der Motor heulte auf, die Maschine raste über den Anfahrtsweg, hob sich auf und stieß steil in den sonnigen Winterhimmel.
    »Genosse General …«, stammelte der Monteur.
    So war noch keiner gestartet. Er drückte seine Mütze ins Gesicht, warf sich herum und rannte zum nächsten Telefon. Der wachhabende Offizier, der sich meldete, hatte große Mühe, das Gestammel am anderen Ende zu verstehen.
    »Was?« brüllte er dann. »General Serikow ist davongeflogen? Mit der Pe 56? Sie kommen sofort herüber! Ich warne Sie! Wenn Sie mich anhauchen und Sie stinken nach Wodka, schicke ich Sie ins Außenkommando Holzlager! Herkommen!«
    Es war nicht zu leugnen … General Serikow war wirklich in der Luft, und ehe man das in seiner vollen Auswirkung begriffen hatte, befand sich Serikow bereits auf nördlichem Kurs und überflog das Berjsew-Gebirge. Zur Lena, dachte er. Und dann hinauf in die Einsamkeit nördlich des Wiljuj. Es wird eine lange Suche werden, ein Flug ohne Wiederkehr. Das Leben lohnt sich nicht mehr ohne Katja Alexandrowna. Sagt mir einen schöneren Tod als den, bei der Suche nach ihr unterzugehen …
    In Irkutsk stiegen zwei Staffeln Jagdflugzeuge auf, blitzschnelle MIG-Jäger, um den anscheinend nun völlig irre gewordenen General

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