Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
nicht mehr hatten, mussten sie sich allein auf das verlassen, was die Natur ihnen schenkte, wenn sie sich abwischen oder die Hände waschen wollten. Die Verbreitung von E. coli und anderen unschönen Keimen war eine stete Sorge, und sie würde noch zunehmen, wenn ihnen wirklich nur noch das Allernötigste für die Hygiene zur Verfügung stand. Außerdem waren einige der Gruben fast voll, also mussten sie bald neue ausheben.
Maddy entschied sich für eine Toilette am Rand, steckte ihre Fackel in eine der Halterungen, streifte ihre Shorts ab und setzte sich auf die Holzstämme. Das Geräusch ihres Urins, der auf den Boden unter ihr traf, klang ziemlich laut – wenn auch nicht so laut wie der Lärm aus Richtung der Blockbuster-Filiale.
Was machen die da nur? Normalerweise sind sie nicht so laut.
Als sie ihre Blase entleert hatte, streckte sie eine Hand aus und griff nach ein wenig Zeitungspapier. Sie zerknüllte es, zuckte zusammen, als sie das Rascheln hörte, und tupfte sich dann vorsichtig den Intimbereich ab. Sie stand auf, warf das Papier in die Grube und schaufelte eine Ladung Dreck in das Loch. Anschließend wusch sie sich die Hände, wischte sie an ihren Shorts ab und nahm die Fackel wieder an sich.
Als sie das Geräusch von raschelnden Blättern und knackenden Zweigen hörte, schnappte sie nach Luft und wirbelte herum.
Das Licht ihrer Fackel leuchtete nicht sonderlich hell, und sie konnte nicht viel weiter sehen als bis zu der Toilettenreihe. Sie starrte in die schwarze Finsternis und bildete sich ein, zwei Augen leuchten zu sehen. Aber in der nächsten Sekunde waren sie schon wieder verschwunden.
Dann hörte sie erneut ein Rascheln und verspürte das heiße, kribbelnde Gefühl, beobachtet zu werden. Dasselbe Gefühl wie an diesem Morgen vor der Bibliothek. Sie drehte sich um und entfernte sich eilig von den Toiletten.
Sieh dich an, du fürchtest dich wie ein kleines Kind.
Aber verängstigtes Kind hin oder her, sie wusste, wann sie sich auf ihren Instinkt verlassen konnte. Auch wenn dort höchstwahrscheinlich nichts außer einem Opossum oder einer Buschratte herumhuschte, hatte sie gelernt, dass man im Zweifelsfall am besten Vorsicht walten ließ. Das Asyl hatte seine guten Seiten, aber es konnte auch schnell zu einer Falle werden. Man lief Gefahr, sich hier schnell zu sicher zu fühlen und zu vergessen, dass man in einem wilden Urwald lebte. Manchmal verdrängte Maddy, wie gefährlich es dort draußen war, und das machte ihr Angst.
Anstatt direkt zurück ins Bett zu gehen, steuerte sie den vorderen Bereich des Supermarkts an. Sie ging an dem noch immer brennenden Lagerfeuer vorbei und kämpfte sich durch die dichtere Dschungelvegetation. Als sie die Eberesche erreichte, löschte sie ihre Fackel und griff nach der Leiter. Ins Baumhaus hinaufzuklettern war immer eine nervenaufreibende Erfahrung, aber nachts versetzte es sie regelrecht in Todesangst. Das Mondlicht half ihr zumindest dabei, ihre Umgebung besser zu erkennen, und sie musste nicht blind klettern. Trotzdem rutschte ihr das Herz beim Klettern fast in die Hose, und Schweißperlen tropften über ihre glühende Haut.
Als sie das Ende der Leiter erreicht hatte, war sie völlig außer Atem und ihre Arme und Schultern taten weh. Sie schlang ihren rechten Arm um eine der Sprossen, streckte den linken nach oben aus und klopfte gegen die Falltür.
Nachts legte Bill immer eine Metallplatte über den Eingang des Wachturms und beschwerte sie mit einigen Ziegelsteinen. Es war Bills primitive Version einer Alarmanlage. Obwohl sie niemanden ganz davon abhielt, sich Zugang zum Wachturm zu verschaffen, machte sie zumindest ordentlich Lärm, wenn sie bewegt wurde. Außerdem musste die betreffende Person stark genug sein, um die Platte mitsamt den Ziegeln anzuheben, während er oder sie auf der wackeligen Leiter stand.
»Wer ist da?«
Bills Frage kam prompt, seine Stimme klang wachsam und vorsichtig.
Genau wie ich erwartet habe – noch wach.
»Die Zahnfee kommt, um ihre Schulden zu bezahlen.«
Maddy hielt sich mit beiden Händen an der Leiter fest, während Bill zuerst die Ziegelsteine und dann die Metallplatte beiseiteräumte.
Trotz des spärlichen Lichts konnte Maddy Bills hageres Gesicht erkennen. Seine Stirn war in Falten gelegt. »Was machst du denn so spät hier oben?«
Maddy kletterte den letzten Rest der Leiter hinauf.
Als sie sich im Inneren des Turms befand, schob Bill sofort die Metallplatte und die Ziegel zurück an ihren Platz.
»Ich
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