Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
wie das Mädchen im kalten Wasser nach Luft schnappte, aber im nächsten Moment war sie schon untergetaucht.
Während Grace sich im Fluss abkühlte, ließ Maddy ihren Blick durch den Dschungel wandern. Sie konnte das Grün und Blau – inzwischen hauptsächlich Grün – des Blockbuster-Baus stromaufwärts sehen. Ein paar Männer aus Marks Gang bewegten sich auf dem Gelände. In den anderen Gebäuden flussabwärts blieb alles reglos und still. Keines von ihnen strahlte dieselbe Finsternis aus wie die Bibliothek.
Wahrscheinlich nur ein paar harmlose Tiere, die sich in dem Gebäude häuslich niedergelassen haben. Bestimmt hab ich die Kadaver ihrer Mahlzeiten der vergangenen Tage gerochen, nichts weiter.
Aber Maddy war selbst nicht davon überzeugt.
Sie wollte glauben, dass sie es nur mit Tieren zu tun hatte, aber ihr Bauchgefühl sagte ihr etwas anderes.
Maddy stand mit dem Rücken zum Fluss in Richtung der ungefähren Stelle, an der die Bibliothek in der Ferne versteckt lag, als Grace plötzlich einen Schrei ausstieß.
Maddy wirbelte herum. Sie ließ ihren Eimer fallen und umfasste den Speer mit beiden Händen. »Grace?«
Grace kletterte aus dem Wasser, einen angewiderten Ausdruck auf ihrem nassen Gesicht. »Einer von ihnen hat mich berührt!«, wimmerte sie.
Maddy schaute auf den Fluss hinaus und sah drei Leichen im Wasser vorbeitreiben. Zerfledderte, blutige Körper, allesamt männlich, und der Tatsache nach zu urteilen, dass sie kaum aufgedunsen waren, mussten sie erst vor kurzer Zeit gestorben sein.
Maddy drückte Grace ganz fest an sich. Trotz des abstoßenden Anblicks der Leichen im Wasser war sie erleichtert, dass Grace sich nicht wirklich in Gefahr befunden hatte. Während die Kleine in ihren Armen zitterte, beobachtete Maddy, wie die drei Toten den Fluss hinunterschwammen.
Alle drei Leichen hatte man zerstückelt und verstümmelt. Es bestand daher kein Zweifel daran, dass ihr Tod keine natürliche Ursache gehabt hatte.
Ich hoffe nur, was oder wer auch immer dafür verantwortlich ist, hält sich sehr, sehr weit von hier entfernt auf.
Es war das erste Mal seit Monaten, dass Maddy Leichen in einem Fluss hatte treiben sehen.
Es kam ihr vor wie ein böses Omen.
»Zieh dich wieder an«, sagte Maddy zu Grace. »Zeit, zurück ins Asyl zu gehen.«
Mark verbrachte den restlichen Morgen im Hinterzimmer des Blockbuster. Die Wände und die Decke waren größtenteils zerstört, aber für ihn war es immer noch ein Hinterzimmer, und die anderen Männer akzeptierten, dass es sich bei dem kleinen Raum im rückwärtigen Teil des Gebäudes um sein ganz privates Reich handelte. Seines ganz allein.
Allem Anschein nach hatte man das Zimmer früher als Büro genutzt. Mark hatte beim Einzug in den Videoladen mit seiner Gang einen verbeulten Aktenschrank und die Überreste eines Schreibtischs unter dem Schutt gefunden. Beide Möbelstücke waren fast vollständig mit Moos und Kletterpflanzen bedeckt gewesen, aber jetzt waren der Schreibtisch – oder zumindest ein Stück der zerbrochenen Platte, kaum groß genug für einen Laptop – und der ramponierte Aktenschrank wieder sauber und in Benutzung. In dem Metallschrank bewahrte Mark seine Stücke und die dazugehörigen DVD-Hüllen auf. Sie waren alphabetisch sortiert und sicher in den wenigen Schubladen verstaut, die sich noch öffnen ließen. Den Teil des Schreibtischs, an dem er im Moment saß – auf einem tragbaren, allerdings leeren Generator, den er ganz in der Nähe gefunden hatte – nutzte er, um die Geschichten zu Papier zu bringen.
Das Papier stammte aus dem verbeulten Aktenschrank. Mark hatte Unmengen von Bestellformularen, Quittungen und andere nutzlose Überbleibsel aus der alten Welt gefunden, alle ordentlich abgelegt.
Mit dem ersten Akt von Wer Gewalt sät war er bereits fertig. Er hatte ihn in zwei fieberhaften Stunden verfasst, in denen er sich den Film noch einmal ins Gedächtnis gerufen und alles auf Papier gekritzelt hatte. Dabei strich er sämtliche Szenen, die für die Handlung keine entscheidende Rolle spielten. Stattdessen hatte er neue Episoden hinzugefügt, die er für passender hielt.
Als er einen Krampf in der Hand bekam, legte Mark den Kugelschreiber beiseite, den er in einem Zeitungsladen ganz in der Nähe hatte mitgehen lassen – inzwischen verfügte er über eine ganz anständige Sammlung an Kugelschreibern und Bleistiften –, und drehte sich um. Er blickte auf die weite Wildnis hinaus. Von dort, wo er saß, konnte er keine
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