Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
zerstörten Gebäude, keine längst vergessenen Autos und keine Menschen erkennen. Nur ein Meer aus Baumstämmen, leuchtend grünen Farnen und Myriaden von Büschen. Er erwartete beinahe, einen Diplodokus umherstreifen zu sehen oder einen Pterodaktylus zu entdecken, der über die Baumkronen segelte. Stattdessen sah er jedoch nur ein paar Kakadus, die kreischend durch die Luft flatterten, sowie die Überreste eines Spinnennetzes, dessen zerrissene Silberfäden im Windhauch hin und her wehten.
Mark saß oft in diesem Zimmer, starrte in den Dschungel hinaus und stellte sich vor, er sei der letzte Mann auf Erden – und Maddy die letzte Frau. Oder er wäre 65 Millionen Jahre in der Zeit zurückgeschleudert worden, als noch Dinosaurier die Erde bevölkerten. Ihm gefiel der Gedanke, ganz alleine zu sein, die Schlichtheit des Lebens zu genießen und sich nicht mit anderen Menschen auseinandersetzen zu müssen. Er hatte oft darüber nachgedacht, diese Ecke des Dschungels zu verlassen und sich irgendwo einen anderen, menschenleeren Platz zu suchen, an dem er ein neues Zuhause aufbauen konnte – sofern ein solcher Ort überhaupt existierte. Obwohl während der ersten Wachstumsexplosion viele Menschen gestorben waren – entweder durch Krankheiten, Unterernährung oder schlicht kaltblütigen Mord –, schien die Welt immer noch übervölkert zu sein.
Vielleicht würden er und Maddy dieser heimeligen Nachbarschaft eines Tages tatsächlich den Rücken kehren und einen Platz in diesem Dschungel finden, der nur ihnen gehörte. Einfach die Freiheit genießen und sich fortpflanzen.
Ja, das klang wirklich wundervoll.
Ich muss nur zuerst Bill loswerden. Er wird Maddy nie kampflos aufgeben. Apropos Kampf …
Mark musste über einen Angriffsplan für die Erstürmung des Asyls nachdenken. Er war zu sehr in das Schreiben von Wer Gewalt sät vertieft gewesen, um an den Angriff zu denken.
Er musste die komplette Planung allein übernehmen, da er keinem seiner Männer vertraute. Die meisten waren nichts weiter als Schwachköpfe und Faulenzer, der Großteil von ihnen kaum älter als 18 Jahre. Nein, als ihr Anführer traf er die Vorbereitungen selbst.
Wir werden versuchen, schon in den nächsten Tagen anzugreifen. Und wenn wir erst mal den Supermarkt eingenommen haben und ich Maddy ganz für mich allein habe, können wir das Stück auf die Bühne bringen.
Mark lächelte, als er sich vorstellte, wie sein Plan aufging. Klar, es würde Blut fließen. Aber am Ende trugen sie den Sieg davon.
Mark und seine Gang gehörten der neuen Art an. Es konnte nur noch eine Frage der Zeit sein, wann sämtliche Zufluchten und Krankenhäuser zusammenbrachen. Diese verirrten Seelen, die verzweifelt versuchten, sich an die Regeln und Werte der alten Welt zu klammern, würden schon bald so obsolet sein wie Elektrizität, sanitäre Einrichtungen oder Fertiggerichte aus der Mikrowelle.
Die Gangs standen kurz davor, die Kontrolle zu übernehmen, dominanter als alle Asyle und Vollstrecker-Gruppen zusammen. Die Schwachen werden aussortiert, und dann ist dieses ganze Land bald nur noch von den Stärksten und Gewalttätigsten bevölkert. Es wird ein stetiger blutiger Kampf herrschen, ein Bürgerkrieg der primitivsten Art.
Mit anderen Worten: der David Sumner, wie man ihn während des Höhepunkts von Wer Gewalt sät erlebte – nicht der David Sumner aus dem ersten Akt. Nur die Menschen im Supermarkt versuchten noch immer, so zu sein.
Mark hatte beide Welten ausprobiert, und diese wilde, blutige neue Welt schmeckte entschieden süßer als die alte. Sie bedeutete Existenz in ihrer schlichtesten, ursprünglichsten Form: keine Regeln, außer dem Versuch, zu überleben. So hatte es Tausende von Jahren funktioniert und so funktionierte es auch in Zukunft wieder.
Manchmal fragte er sich, was seine Frau in diesem Moment von ihm halten würde. Er flüchtete sich in den Glauben, dass sie Verständnis für seine Handlungen hätte und begriffe, dass es einzig und allein ums Überleben ging. Aber in seinen seltenen klaren Momenten erkannte er, dass sein Verhalten sie anwidern und furchtbar enttäuschen würde.
Mark wollte sich gerade dem zweiten Akt seines Stücks zuwenden, als ein Schrei ertönte. Der Schrei einer Frau, aber er klang zu entfernt, um aus der Zuflucht zu stammen. Er schien von irgendwo flussabwärts zu kommen, von der ehemaligen Einkaufsmeile von Leighburn.
Mark sprang auf.
Wenige Augenblicke später kam Craig zusammen mit Stewart Wagstaff, einem der
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