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Die Verfluchten

Die Verfluchten

Titel: Die Verfluchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einschätzte, dann konnte er sie gar nicht am Leben lassen.
Die Männer kamen ihnen entgegen, als sie die Treppe noch nicht
einmal halb überwunden hatten. Andrej empfing den ersten mit einem Tritt, der diesen mit weit ausgebreiteten Armen gegen die hinter
ihm Heranstürmenden stürzen ließ, sodass die ganze Bande in einem
einzigen Knäuel ineinander verstrickter Gliedmaßen und Körper ein
gutes Stück weit die Treppe wieder hinunterpolterte, aber er ließ sich
von diesem kleinen Erfolg nicht täuschen. Einer der Männer war
liegen geblieben und umklammerte mit schmerzverzerrtem Gesicht
sein Bein, das gebrochen oder ausgerenkt sein musste, die anderen
aber sprangen unverzüglich wieder auf, und hinter ihnen stürmten
weitere Krieger heran.
Andrej parierte einen ungeschickt geführten Schwerthieb und sorgte mit seiner eigenen Klinge dafür, dass der Angreifer diesmal nicht
wieder aufstand, als er ihn zu Boden schickte. Das gestohlene
Schwert verwundete noch in der gleichen Bewegung einen weiteren
Mann schwer, doch Andrej wurde von der schieren Masse der Angreifer trotzdem wieder ein Stück nach oben gedrängt. Schon im
nächsten Moment bohrte sich eine Schwertklinge so tief in seine
Wade, dass er aufschrie und taumelte. Die Wunde war weder besonders schmerzhaft noch blutete sie länger als wenige Augenblicke,
aber sie zeigte Andrej doch, was unweigerlich geschehen musste:
Abu Dun und er waren zweifellos jedem einzelnen dieser Männer
hoffnungslos überlegen, aber es waren einfach zu viele!
»Zurück!«, keuchte er. Abu Dun gab einen unwilligen Laut von
sich, stolperte aber rückwärts gehend die Treppe wieder hinauf. Andrej folgte ihm auf dem Fuß, wobei er die Angreifer immer wieder mit
wuchtigen Schwerthieben zurückdrängte und, auch wenn es ihm
nicht gelang, einen weiteren zu verletzen, sie so doch zumindest auf
Distanz hielt. Dicht hintereinander erreichten sie den Vorraum mit
den bewusstlosen Wachen. Abu Dun ließ Ali Jhin einfach zu Boden
fallen, bückte sich nach einem zweiten Schwert und sprang brüllend
an Andrejs Seite, als dieser sich plötzlich von einem halben Dutzend
Männer bedrängt sah, die ohne Rücksicht auf ihr eigenes Leben
durch die Tür hereinstürmten.
Es war ein Fehler, den nur ein Einziger von ihnen zu bereuen Zeit
fand. Die anderen starben schnell oder stürzten doch so schwer verletzt zu Boden, dass sie keine Gefahr mehr darstellten, während sich
der einzige Überlebende im letzten Moment umdrehte und floh. Für
eine kurze Weile hatten sie Luft.
»Wir sitzen in der Falle«, keuchte Andrej, während er zurücktrat
und das Schwert sinken ließ. Blut tropfte von der Klinge, und als
hätten sie nicht schon genug Probleme, spürte Andrej, wie sich tief in
ihm etwas regte. Der Gestank nach Blut, Tod und Gewalt begann die
Bestie zu wecken, sein finsteres Erbe, den Teil von ihm, der vielleicht für seine Unsterblichkeit verantwortlich war, aber für so unendlich viel Leid, das Andrej über andere und auch sich selbst gebracht hatte. Die Verlockung, das Ungeheuer loszulassen, endgültig
zum Vampyr zu werden, war für einen Moment fast übermächtig.
Andrej wusste, dass es ihm so vielleicht tatsächlich gelingen würde,
selbst mit dieser Übermacht an Feinden fertig zu werden; selbst den
Tapfersten verließ manchmal der Mut, wenn er sich einem Feind
gegenübersah, der nicht nur unverwundbar zu sein schien, sondern
darüber hinaus den Schmerz und jede Wunde, die man ihm zufügte,
zu genießen schien. Er hatte die Bestie bereits losgelassen, und er
wusste, wozu sie imstande war.
Aber er wusste auch, dass diese Gedanken nicht seinem Willen entsprangen, sondern dass es das Ungeheuer war, das sie ihm zuflüsterte. Je öfter er es losließ, je öfter er sich seiner unüberwindlichen
Kraft und Wildheit bediente, desto stärker wurde es. Als Andrej den
Vampyr das letzte Mal entfesselt hatte, da war es ihm fast nicht mehr
gelungen, ihn niederzukämpfen und in das Verlies tief am Grunde
seiner Seele zurückzuzwingen. Er fürchtete, dass es ihm irgendwann
einmal gar nicht mehr gelingen würde. Er hatte zu viele seiner Art
getroffen, und er hatte zu viele seiner Art töten müssen, die endgültig
zum Ungeheuer geworden waren.
Mit einiger Anstrengung gelang es ihm, die lodernde Gier in seinem Inneren zu zügeln. Das Ungeheuer war noch da. Es versuchte
jetzt nicht mehr, mit Gewalt aus ihm herauszubrechen oder sich in
seine Gedanken einzuschmeicheln, doch Andrej

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