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Die Verfluchten

Die Verfluchten

Titel: Die Verfluchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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die Düne schon fast erklommen hatte. Obwohl sie
ihnen den Rücken zudrehte, hatte Andrej das Gefühl, dass sie sie
trotzdem sah, denn sie machte plötzlich eine ebenso verärgerte wie
erschrockene Geste, die nicht den geringsten Sinn ergab; es sei denn,
sie sollte ihnen klar machen, dass sie zurückbleiben und sich still
verhalten sollten.
Unsinn!, rief sich Andrej zur Ordnung. Der Umstand, dass er mit
ihr ein paar Dinge erlebt hatte, die sich nicht so einfach erklären ließen, durfte ihn nicht dazu verleiten, ihr Fähigkeiten zuzubilligen, wie
sie allenfalls Abu Dun und er hatten.
Meruhe erreichte den Dünenkamm und verschwand auf der anderen
Seite, lange bevor Abu Dun und er auch nur die Hälfte derselben
Strecke zurückgelegt hatten. Andrej gab nun auch noch die allerletzte
Vorsicht auf und stürmte los, so schnell es in dem weichen Sand nur
möglich war. Zwei- oder dreimal fiel er mit hilflos rudernden Armen
nach vorne und rutschte ein gutes Stück wieder zurück. Abu Dun
erging es nicht anders. Endlich aber hatten auch sie die erstarrte Woge aus Sand erklommen, und Andrej wollte mit einem Sprung darüber hinwegsetzen.
Abu Dun zerrte ihn so derb zurück, dass er erneut das Gleichgewicht verlor und mit dem Gesicht in den Sand fiel.
»Was soll das?«, keuchte er, während er gleichzeitig hustend und
mühsam nach Luft ringend den Sand loszuwerden versuchte, der ihm
in Mund, Nase und Augen gedrungen war. »Wenn du mich…«
»Still!«, zischte Abu Dun in einem Ton, der Andrej tatsächlich auf
der Stelle verstummen ließ. Gleichzeitig hob er mit einer ruckartigen
Bewegung den Kopf und sah sich aus weit aufgerissenen Augen um.
Andrej konnte sehen, wie er mit angehaltenem Atem lauschte.
»Was ist los?«, fragte er alarmiert.
Abu Dun antwortete erst nach ein paar Augenblicken, in zögerndem, fast ängstlichem Ton. »Irgendetwas… stimmt nicht«, sagte er
schleppend.
Auch Andrej lauschte konzentriert, aber so sehr er sich auch anstrengte, konnte er doch absolut nichts Außergewöhnliches hören.
Vielleicht war das seidige Rascheln und Wispern, mit dem der Wind
die Dünen umgestaltete, ein wenig lauter geworden, aber das war
auch schon alles.
Dann wurde ihm klar, dass es genau das war.
»Der Wind«, murmelte er. Abu Dun nickte und wich sowohl einer
direkten Antwort als auch seinem Blick aus, beides auf eine Art, die
nicht unbedingt dazu diente, Andrejs Beunruhigung in irgendeiner
Weise zu mindern. Er sah sich weiter in alle Richtungen um und
wälzte sich schließlich schwerfällig auf den rechten Ellbogen, um
noch einmal ins Tal hinunterzublicken. In den Ausdruck mühsam
unterdrückter Furcht auf seinen Zügen mischte sich Verblüffung.
»Aber das… das ergibt doch überhaupt keinen Sinn«, murmelte der
Nubier.
» Was ergibt keinen Sinn?«, fragte Andrej. Sein Blick folgte dem
Abu Duns, doch zumindest soweit er es erkennen konnte, hatte sich
dort unten nichts geändert; abgesehen davon vielleicht, dass Meruhes
Begleiter tatsächlich begonnen hatten, sich da, wo sie gerade standen
oder lagen, in den Sand einzugraben; zumindest diejenigen von ihnen, die dazu noch in der Lage waren.
»Abu Dun!«, sagte er scharf. »Was bedeutet das?«
Abu Dun wandte zwar das Gesicht in seine Richtung, doch Andrej
bezweifelte, dass er ihn tatsächlich sah. »Aber sie… wie konnte sie
das wissen?«, murmelte er.
Aus Andrejs Beunruhigung wurde etwas anderes, Schlimmeres.
»Wie konnte sie was wissen?«, flüsterte er. »Zum Teufel, Abu Dun -
wovon sprichst du?«
Es vergingen noch weitere zwei oder drei Atemzüge, dann schien
es, als erwache Abu Dun unversehens aus einem tiefen, von nicht
besonders angenehmen Träumen erfüllten Schlaf. Er blinzelte und
starrte Andrej so verständnislos an, als wüsste er weder, wer er war,
noch wie er hierher gekommen war. Der erschrockene Ausdruck verstärkte sich.
Andrej kam nicht dazu, seine Frage zu wiederholen, geschweige
denn, eine Antwort darauf zu bekommen. Etwas… änderte sich. Das
Geräusch des Windes wurde abermals lauter, und das seidige Rascheln von Sand klang plötzlich viel mehr wie die Feile eines Hufschmieds, die kraftvoll über harten Stein gezogen wurde. Abu Dun
fuhr erneut zusammen und drehte mit einem Ruck den Kopf, um
wieder zum Dünenkamm hinaufzusehen, der kaum eine Armeslänge
über ihnen war. Auf der anderen Seite des Tals wurde stampfender
Hufschlag laut, das Wiehern eines Pferdes und dann das Knarren von
Leder und das leise Klingen von

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