Die Verfluchten
anscheinend ein Dummkopf, der sich in einer
Notlage befindet. Man munkelt, er habe Schulden und seine Gläubiger hätten die Geduld mit ihm verloren.«
Wenn das so war, dann fragte sich Andrej, warum Salil die Steine
nicht ganz offiziell einem Schmuckhändler oder -schleifer verkauft
hatte. Selbst wenn er sie weit unter Preis hergegeben hätte, hätte er
immer noch ein Mehrfaches von dem erzielt, was Mustafa ihm bezahlt hatte. Er behielt allerdings auch diese Überlegung für sich.
»Lasst euch den Mokka schmecken«, forderte Mustafa sie auf. »Er
ist teuer. Und danach begleitet ihr mich in ein Badehaus. Ich gedenke, heute Abend ein großes Fest zu geben, und es gehört sich nicht,
mit dem Staub und Schweiß der Reise bedeckt auf einem solchen zu
erscheinen.«
»Ein Badehaus?«, hakte Andrej nach. »Ihr kennt Euch hier in Mardina aus?«
»Das will ich meinen«, antwortete Mustafa. »Ihr könnt mein Vergnügen gerne teilen, du und dein Freund. Ich bezahle für euch, auch
wenn mich meine Großzügigkeit eines Tages noch in den Ruin treiben wird. Aber wenn man schon einmal ein gutes Geschäft macht,
dann sollte man auch seine Freunde daran teilhaben lassen.« Er legte
den Kopf auf die Seite. »Falls du es möchtest, Andrej. Man sagt ja
über euch Christen, dass ihr nicht so häufig badet.«
Anscheinend hielt er das für witzig, aber Andrej sagte auch dazu
nichts, sondern schüttelte nur bedauernd den Kopf. »Das ist sehr
großzügig von Euch, Mustafa, aber Abu Dun und ich hatten eine…«,
er versuchte ein verlegenes Schulterzucken und einen ebenso verlegenes Verziehen der Lippen zustande zu bringen, »… andere Zerstreuung im Sinn.«
»Als da wäre?«, wollte Mustafa wissen.
»Der Sklavenmarkt«, sagte Abu Dun geradeheraus, diesmal allerdings so leise, dass keine anderen Gäste seine Worte hören konnten.
Mustafa wirkte überrascht. »Der Sklavenmarkt?«, vergewisserte er
sich. »Aber warum? Du willst doch nicht etwa einen Sklaven kaufen?« Er machte ein strafendes Gesicht. »Hast du nicht mehrmals
erzählt, wie zuwider dir die Sklaverei ist, schwarzer Mann?«
Andrej sah den Zorn, der allmählich in Abu Duns Augen heranwuchs, und beeilte sich, ihm zuvorzukommen. »Wir wollen keine
Sklaven kaufen, Mustafa. Ich glaube, Abu Dun meinte eher eine andere Art von Sklaven. Solche, die man nur für eine Stunde kauft.
Oder zwei.«
»Und die weiblichen Geschlechts sind, nehme ich an«, vermutete
Mustafa. Er wirkte überrascht, hob aber dann die Schultern, als wäre
er zu dem Schluss gekommen, dass ihn das schließlich nichts anginge, und fuhr mit einem angedeuteten Kopfschütteln fort. »Wenn es
euch darum geht, so gibt es auch in dem Badehaus hinlänglich…«
»Das ist nicht das, was wir suchen«, unterbrach ihn Andrej.
Nun sah ihn Mustafa eindeutig erschrocken an, aber auch ein bisschen misstrauisch. Andrej gestand sich ein, dass seine Formulierung
vielleicht tatsächlich ein wenig ungeschickt gewesen war. »Abu Dun
ist ein Mann wie ich, aus Fleisch und Blut und mit gewissen Bedürfnissen«, fuhr er hastig fort, »genau wie ich. Aber er hat geschworen,
sich niemals mit einer Frau einzulassen, die nicht von seinem Volke
ist.« Er hob die Schultern. »Ich finde das ein wenig albern, aber in
diesem Punkt ist er nun einmal eigen.«
Abu Dun bedachte ihn mit einem Blick, als dächte er ernsthaft darüber nach, nicht etwa ob, sondern in welcher Reihenfolge er ihm
Kopf, Arme und Beine abreißen sollte, doch Mustafa wirkte nur einen kleinen Moment lang irritiert und gab sich dann offensichtlich
mit dieser Erklärung zufrieden. »Wenn das so ist es, dann seid ihr
dort mit Sicherheit besser beraten, das muss ich zugeben. Obwohl es
auch in diesem Viertel der Stadt einige schwarze Perlen des Südens
gibt.«
»Aber keine Nubierin«, vermutete Andrej und schickte insgeheim
ein Stoßgebet zum Himmel, dass das auch wirklich so sein möge.
Er wurde erhört. »Nicht, dass ich wüsste.« Mustafa nippte an seinem Kaffee, verzog genießerisch die Lippen und ließ die flache Hand
dann wieder auf das Kästchen vor sich klatschen. »Zuerst begleitet
ihr mich zum Badehaus. Dann werde ich euch den Weg gerne beschreiben und euch vielleicht auch noch den einen oder anderen Rat
geben, damit man euch nicht übervorteilt.«
»Und das da?«, fragte Andrej mit einer Kopfbewegung auf Mustafas neu erstandenen Schatz. »Wäre es nicht besser, wir brächten das
zuerst zurück in Eure Herberge?«
»Damit es dort gestohlen wird?«,
Weitere Kostenlose Bücher