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Die Verfluchten

Die Verfluchten

Titel: Die Verfluchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gab. »Verdient habt ihr es zwar nicht«, erklärte
er augenzwinkernd und mit einem breiten, durch und durch zufriedenen Grinsen, »aber nachdem ich ein so gutes Geschäft abgeschlossen
habe, werde ich euch trotzdem auf eine Tasse besten türkischen
Mokkas einladen. Ich bin nun einmal ein großzügiger Mensch.«
Andrej sagte vorsichtshalber nichts dazu, ließ sich aber gehorsam
auf den frei gewordenen Stuhl sinken, auf dem Salil gerade noch
gesessen hatte, und blickte Mustafa fragend an. Die kurzen Stummelfinger des Fettsacks streichelten die Oberfläche des Kästchens so
zärtlich, als wäre es die samtweiche Haut einer Jungfrau.
»Und was ist das für ein hervorragendes Geschäft, das Ihr gemacht
habt, Gebieter?«, fragte Abu Dun. »Wenn die Frage gestattet ist.«
Mustafa, der Abu Duns Worte offensichtlich für bare Münze nahm,
lächelte geschmeichelt. Er winkte den Nubier mit der freien Hand
näher heran, sah sich dann rasch nach rechts und links um, um sicherzugehen, dass sie unbeobachtet waren, und klappte den Deckel
der kleinen, aus Zedernholz geschnitzten Truhe gerade weit genug
auf, damit Andrej und Abu Dun einen Blick auf ihren Inhalt werfen
konnten. Sorgsam auf dunkelblauem Samt aufgereiht lagen tatsächlich ungefähr ein halbes Dutzend gut daumennagelgroßer, halb
durchsichtiger Steine mit unregelmäßiger Oberfläche und mattweißer
Farbe darauf. Das unkundige Auge hätte sie für Kiesel oder auch
Alabasterbrocken halten können, Andrej erkannte jedoch sofort, dass
es sich um ungeschliffene Edelsteine handelte. Er versuchte im Kopf
die Summe zu überschlagen, die sich in den beiden Beuteln befunden
haben konnte, und zog dann erstaunt die linke Augenbraue hoch.
»Das ist wahrhaftig ein gutes Geschäft«, sagte er. »Ich bin nicht besonders geübt darin, den Wert von Edelsteinen zu schätzen, aber ich
glaube…«
Mustafa bedeutete ihm mit einer entsetzten Geste, leiser zu sein,
grinste aber noch immer unerschütterlich weiter. »Du hast Recht,
Andrej. Sowohl, was deine Fähigkeiten angeht, den Wert dieser Steine einzuschätzen, als auch die Bedeutung des Handels, den ich gemacht habe. Salil, dieser Dummkopf, hat nur einen Bruchteil dessen
verlangt, was die Steine wert sind, selbst, wenn ich das noch abziehe,
was ich diesem jüdischen Halsabschneider bezahlen muss, damit er
sie spaltet und schleift. Und ich«, fügte er hinzu, und Andrej sah ihm
an, dass er seine liebe Mühe hatte, nicht vor lauter Vergnügen laut
loszulachen, »habe ihn noch einmal um ein gutes Stück heruntergehandelt.«
Abu Dun machte ein zweifelndes Gesicht. »Verzeiht, Mustafa…
Aber habt Ihr nicht selbst einmal erzählt, dass man vorsichtig bei
einem Handel sein sollte, der zu gut ist?«
Mustafa sah ein bisschen beleidigt aus, aber nicht lange. Der Wirt
kam und brachte den bestellten Mokka - drei winzige Tässchen aus
feinstem Porzellan, aus denen es noch heftig dampfte -, und Mustafa
wartete, bis er sich wieder umgedreht hatte und außer Hörweite verschwunden war, bevor er weitersprach. Die gut zwei Dutzend anderer Gäste, die ihnen nahe genug waren, um sie zu belauschen, schien
er überhaupt nicht wahrzunehmen. »Oh, du meinst, er hätte mich
betrogen?«, fragte er, an Abu Dun gewandt. »Verstehst du etwas von
Edelsteinen?«
»Ein wenig«, antwortete Abu Dun. Wahrscheinlich, dachte Andrej,
verstand der Nubier sehr viel mehr davon als Mustafa. Schließlich
hatte er in seinem früheren Leben genug davon gestohlen.
Mustafa klappte das Kästchen wieder auf. »Dann schau sie dir an.«
Abu Dun zögerte, erstaunt über dieses Angebot, aber Mustafa wiederholte seine Aufforderung mit einer wedelnden, ungeduldigen
Handbewegung. Schließlich beugte sich Abu Dun vor, nahm einen
der ungeschliffenen Steine heraus und hielt ihn ins Licht. Er untersuchte ihn kurz, aber sehr gründlich, wie es schien, dann legte er ihn
mit einem Schulterzucken zurück. »Sie sehen echt aus.«
»Sie sind echt«, sagte Mustafa und klappte das Zedernholzkästchen
mit einem Knall zu, der auch noch die allerletzten Gäste an den benachbarten Tischen die Köpfe heben und in ihre Richtung blicken
ließ. »Das ist beste Ware aus dem tiefsten Afrika. So etwas bekommt
man heute nur noch selten.«
»Und warum hat Salil as Salil sie Euch dann so günstig überlassen?«, wollte Andrej wissen.
»Weil er ein Dummkopf ist«, antwortete Mustafa, fuhr aber im
gleichen Atemzug und mit einem eindeutig schadenfroh aussehenden
Lächeln fort: »Und

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