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Die Verfluchten

Die Verfluchten

Titel: Die Verfluchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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empörte sich Mustafa. Er schüttelte heftig den Kopf. »Nein, nein. Ich habe dir von dem jüdischen
Steinschleifer erzählt. Sein Geschäft liegt nur wenige Straßen von
hier entfernt, direkt auf dem Weg zum Badehaus. Wir bringen die
Steine unverzüglich zu ihm, und danach könnt ihr gerne eurer Wege
gehen.« Er stand auf, winkte den Wirt herbei und fragte, was er
schuldig sei. Nachdem der Wirt ihm die Summe genannt hatte, zählte
er sie pedantisch genau aus seinem Geldbeutel ab, legte, großzügig,
wie er nun einmal war, auch noch die kleinste Münze als Bakschisch
dazu und bedeutete Abu Dun und Andrej dann mit einer heftigen
Handbewegung, dass sie gehen konnten.
Draußen auf der Straße herrschte noch immer dasselbe bunte
Durcheinander aus Geräuschen und Farben. Nichts schien sich verändert zu haben. Die Zahl der Menschen war weder größer noch
kleiner geworden, niemand sah aufmerksamer in ihre Richtung, als
es allein durch Abu Duns beeindruckende Erscheinung zu erklären
war, und trotzdem hatte Andrej erneut das Gefühl, aus unsichtbaren
Augen angestarrt und belauert zu werden.
Mustafa Bo wollte an ihm vorbei und als Erster auf die Straße hinaustreten, doch Andrej streckte rasch den Arm aus und hielt ihn
zurück. Irgendetwas stimmte nicht. Er spürte es.
»Was soll das?«, fragte Mustafa.
»Ich will nur sichergehen, dass uns niemand beobachtet oder folgt«,
antwortete Andrej, während sein Blick aufmerksam über das bunte
Treiben tastete.
»Jetzt nimmst du deine Aufgabe zu ernst, mein Freund«, behauptete
Mustafa, der ganz offensichtlich in Hochstimmung war, berauscht
von dem vermeintlich guten Geschäft, das er gerade abgeschlossen
hatte.
»Immerhin tragt Ihr ein kleines Vermögen mit Euch herum«, gab
Andrej zu bedenken, erntete aber auch jetzt nur ein überzeugtes
Kopfschütteln und ein leicht gönnerhaftes Lächeln.
»Aber davon weiß doch niemand«, meinte Mustafa. Dass er im
Gasthaus so ziemlich alles in seiner Macht Stehende getan hatte, damit es auch wirklich jeder mitbekam, schien ihm nicht aufgefallen zu
sein.
»Man kann nie vorsichtig genug sein«, beharrte Andrej. Trotzdem
ließ er den Arm sinken und bedeutete Abu Dun mit einer knappen
Kopfbewegung, vorauszugehen. Sein ungutes Gefühl war noch da,
aber es brachte nichts, hier stehen zu bleiben. Vielleicht war er auch
einfach nur nervös. Der Junge ging ihm nicht aus dem Kopf, und vor
allem das, was seine Anwesenheit hier - vielleicht - bedeutete.
Mustafa machte noch eine weitere spöttische Bemerkung, ging aber
dann los und dirigierte Abu Dun, der zwei Schritte vor ihnen ging
und mit seiner breitschultrigen Gestalt dafür sorgte, dass niemand
seinem Auftraggeber auch nur nahe kam, mit knappen Befehlen
durch das Labyrinth von Gässchen und Straßen. Andrej sah sich immer wieder um, doch so oft er es tat, er entdeckte niemals ein und
dasselbe Gesicht zweimal hinter sich in der Menge. Er sagte sich
noch einmal, dass er übervorsichtig war.
Ganz wie Mustafa es gesagt hatte, war das Haus des Edelsteinschleifers nur wenige Straßen entfernt. Sie erreichten es ohne irgendeinen Zwischenfall oder eine Besonderheit, und Mustafa schärfte
ihnen ein, den Eingang zu bewachen und niemanden hinein- oder
herauszulassen, bevor er nicht zurück sei, dann verschwand er hinter
der Tür, die so massiv wie die eines Kerkers war. Dazu passend waren die schmalen Fenster des Hauses, durch die sich ohnehin allenfalls ein schlankes Kind hätte quetschen können, mit schweren eisernen Gittern gesichert.
»Was für ein Dummkopf«, murmelte Andrej.
»Salil hat ihn betrogen«, pflichtete ihm Abu Dun bei, und in seiner
Stimme war nicht sonderlich viel Bedauern zu hören.
»Ja. Ich weiß nur noch nicht, wie.«
Abu Dun hob die Schultern. Er sah nicht übermäßig besorgt aus,
baute sich aber mit drohend vor der Brust verschränkten Armen unmittelbar vor der Tür auf, während Andrej langsam von einem Ende
der Gasse zum anderen ging und jedes Mal die beiden angrenzenden
Straßen aufmerksam absuchte. Es blieb auch jetzt dabei: Niemand
hatte sie verfolgt.
Dennoch ließ Andrejs Aufmerksamkeit nicht nach. Hier stimmte
etwas nicht, das spürte er, und auch, wenn er ebenso deutlich spürte,
dass es nicht unbedingt etwas mit Mustafa und seinem ach so guten
Geschäft zu tun haben musste, so änderte das nichts daran, dass sie
besser daran taten, auf der Hut zu sein.
Andrej bedauerte es mittlerweile wirklich, nicht gleich auf Abu
Dun gehört und zum

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