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Die Verfuehrerin

Titel: Die Verfuehrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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verzeihen, daß ich Ihnen nicht vertraut habe?«
    Er schaute sie an. »Nein«, sagte er schlicht. »Es mag eine Weile dauern, bis ich eine Lektion begreife, aber nun habe ich sie gelernt. Ich denke, ich werde in Zukunft einen noch größeren Abstand zu solchen Frauen, wie Sie eine sind, halten als bisher.«
    Daraufhin rückte er gründlich von ihr ab und überließ ihr die eine Hälfte des frischgepflügten Feldes, während er am entgegengesetzten Ende zu arbeiten begann. Die Sonne stieg am Himmel empor und trieb ihr den Schweiß aus den Poren, und wenn ihre Haut mit Erde in Berührung kam, fing sie zu jucken an. Doch sie achtete nicht darauf, während sie die Ereignisse der letzten Wochen noch einmal vor ihrem inneren Auge vorüberziehen ließ. Seit Tynan aus ihrem Schrank gesprungen war und sie nackt in seinen Armen gehalten hatte, war sie nicht mehr die vernünftige junge Frau, die nur an einer Story interessiert war, sondern eine Amazone, die schamlos hinter einem Mann herjagte. Sie hatte sich diesem Mann im Regenwald an den Hals geworfen, hatte einer Frau, die ihr vertraute- Red-, geschworen, daß sie ihn nie verraten würde, um ebendas schon bei der nächsten Gelegenheit zu tun. Sie führte sich auf wie ein verzogenes kleines Gör: Sie haßte ihn in dieser Sekunde, um ihn dann in der nächsten zu lieben.
    Chris setzte sich auf die Fersen zurück, wischte sich den Schweiß von der Stirn und sah zu der Stelle hinüber, wo er mit einer Sichel das Unkraut unter den Büschen entfernte. Sein Hemd war naßgeschwitzt, und sie konnte seine Muskeln unter dem dünnen Stoff spielen sehen. Ihr schien, als habe er in den letzten Wochen ein wenig zugenommen. Gegen ihren Willen erinnerte sie sich nun wieder an die blutigen Striemen auf seinem Rücken.
    Sie dachte daran, wie die ganze Stadt sich gegen sie gewandt hatte, als sie den Fehler beging, einem jungen Mann helfen zu wollen, der so aussah, als wäre er schuldig. Wie mußten die Leute diesen Mann erst an anderen Orten behandelt haben, wenn er dort auftauchte und als Übeltäter verrufen wurde. Und wie unmöglich es die >guten< Leute so einem Mann machten, von diesem Ruf herunterzukommen.
    Sie fing an, die Blumenzwiebeln zu setzen, als hinge ihr Leben davon ab. Sie hatte sich keinen Deut anders verhalten als diese >guten< Leute. Sie hatte einmal für eine Reportage über Frauen recherchiert, die unter den schrecklichen Bedingungen eines Ausbeuterbetriebes arbeiten mußten, und große Sympathien für deren Lage gezeigt. Und da hatte eine dieser Frauen zu ihr gesagt: >Sie können sich dieses Mitleid auch leisten, weil Sie nie unter solchen Bedingungen leben mußten wie wir.< Diese Bemerkung hatte damals keinen sonderlichen Eindruck auf sie gemacht; doch nun begann sie zu verstehen, was die Frau damals wirklich gemeint hatte: Es war so einfach, ein Urteil abzugeben und zu sagen, was man tun würde, falls man in so eine Situation käme.
    Sie hatte Tynans Freund sein wollen, ja, sogar seine Geliebte, als die einzige Person, gegen die sie Stellung beziehen mußte, ein Mann war, der zugab, er habe sie schon heiraten wollen, ehe er sie überhaupt gekannt hatte. Aber als sie sich dem Spott einer ganzen Stadt gegenübersah und den Ruf einer Nola Dallas aufs Spiel setzen mußte, hatte sie nicht so großartig abgeschnitten. Sie hatte Tynan beim ersten Anzeichen von Schwierigkeiten im Stich gelassen.
    So schlecht wie in diesem Moment war sie sich noch nie in ihrem Leben vorgekommen. Da hatte sie fast das Vertrauen eines Mannes erworben, der keinen so rasch an sich heranließ, um ihn dann zu verraten. Sie war nicht besser als jenes Mädchen, das ihn lieber hängen sehen wollte, als die Wahrheit zu sagen.
    Und nun hatte sie ihn verloren. Er war von ihr weggegangen, als hätte es die Tage, die sie zusammengewesen waren, nie gegeben. Die zarten Wurzeln aufkeimender Neigung waren für immer zerstört.
    Sie stand auf, drückte die Hand gegen den schmerzenden Rücken, ging zur Wasserpumpe und füllte einen Eimer mit Wasser. Sie tauchte eine Kelle ein, trank daraus, beschattete die Augen mit der Hand und sah zu ihm hinüber. Er bereitete jetzt ein Stück Brachland neben den Büschen für eine neue Saat vor.
    Sie schöpfte noch eine Kelle Wasser und brachte sie ihm. »Durstig?« fragte sie.
    Er drehte sich mit einem Lächeln um, doch dann fing er sich wieder, und das Lächeln erlosch. Er nahm ihr wortlos die Kelle aus der Hand.
    »Es scheint Ihnen ja mächtig heiß zu sein. Warum setzen Sie

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