Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)
zahlreichere Gemälde von Jervas selbst als bei seinem letzten Besuch, Porträts bedeutend wirkender Menschen, vermutlich wohl Jervas’ Förderer und Gönner, dachte Alexander. Sein Freund musste recht erfolgreich sein.
»Aber das kann doch keine Ähnlichkeit sein, Jervas!«, rief Alexander. »Keine Frau aus Fleisch und Blut ähnelt diesen göttlichen Kreaturen. Deine Gönner müssen dich ganz hübsch entlohnen!«
Aber Douglass schnitt ihm das Wort ab. »Hier ist ein Porträt von Lord Petre, und sehr ähnlich. Kennst du die Familie näher, Jervas?«
Alexander blickte zu dem Bild hinüber, auf das Douglass deutete, und sah, dass es tatsächlich der Junge war, der vor etlichen Jahren Caryll einen Besuch abgestattet hatte. Aber jetzt war er unübersehbar ein Mann geworden, ohne verdächtige Diskrepanz zwischen der Frische seines Gesichts und der Ehrfurcht gebietenden Hoftracht, die er für das Porträt trug. Es war ein gutes Gemälde. Und es war Lord Petres Gesichtsausdruck, der es im Gedächtnis haften ließ, dachte Alexander – uninteressiert an der Szenerie, in der Jervas ihn platziert hatte, eher spöttisch gegenüber dem reichen Brokat, den er trug. Er blickte einen von der Leinwand mit einem so selbstsicheren, ironischen Blick an – Alexander konnte nicht umhin, ihn zu bewundern.
Jervas beantwortete Douglass’ Frage. »Ich habe Seine Lordschaft in St. James kennengelernt, und er hat ein paar Bilder von mir gekauft,« sagte er. »Aber ich könnte nicht behaupten, dass Alltagskünstler, wie einflussreich ihre Gönner auch sein mögen, von den ersten Familien des Landes sonderlich ins Vertrauen gezogen würden. Alles ist immer heiter und lustig, wenn ich Sir Petre begegne; er schmeichelt mir mächtig und möchte mich glauben machen, ich sei der begabteste Künstler der Welt. Aber ich kann nicht behaupten, auch nur das Geringste über den persönlichen Charakter dieses Mannes zu wissen. Natürlich ist die Familie Petre gut dran. Sie sind Papisten geblieben und haben doch ihren Titel und ihr Land behalten. Damit können sich wenige Familien brüsten.«
»Sie haben all ihre Besitztümer behalten? Wirklich?«, fragte Douglass scharf. »Lord Petre muss ein riesiges Vermögen geerbt haben.«
»Ich glaube, das hat er«, erwiderte Jervas. »Und dennoch ist er unbeweibt – ungeheuer selbstsüchtig von ihm. Denn solange er nicht vergeben ist, gönnt keine Frau in London dem Rest von uns auch nur einen Seitenblick.«
Petre war also nicht verheiratet. Aber alle waren in ihn verliebt. Alexander runzelte die Stirn, wenn er an Teresa dachte.
Douglass erklärte, er sei schon spät dran für seine Verabredung im Piccadilly, und Alexander blieb im Atelier zurück, während Jervas mit seinem Freund nach unten ging.
Gedankenverloren starrte er auf ein Bild. Mr. Douglass’ Unbehagen bei ihrer Begegnung, überlegte Alexander, war nicht durch seine verkrüppelte Gestalt ausgelöst worden, sondern durch die Erwähnung der Reiseroute über Windsor. Zuerst, als sie im Speisezimmer waren, hatte er kaum weiter daran gedacht. Aber als er sah, wie Douglass die Hand an seinen Kragen hob, waren ihm Zweifel gekommen. Und bevor sie das Atelier betraten, hatte Alexander einen schnellen Blick die Treppe hinunter riskiert, wo Douglass seinen Überzieher auf einen Sessel geworfen hatte. Und da lag ein Pelzkragen, zusammengerollt wie etwas Lebendiges zwischen den Falten des Stoffes.
Aber was hieß das schon? Douglass hatte ihnen doch klipp und klar erzählt, wo er heute Morgen gewesen war, und er hatte deutlich gemacht, dass er nicht die blasseste Ahnung hatte, wie eine Landstraße an einem frostigen Januartag aussah. Alexander würde sich zum Narren machen, wenn er Jervas von seinem Verdacht erzählte, ihn von der Kutsche aus gesehen zu haben. Und wobei gesehen? Wie er mit einem anderen Mann redete. Was ging es schließlich Alexander an, wenn jemand, den er nicht kannte, verleugnete, wo er gewesen war?
Jervas kam ins Atelier zurück, ganz begeistert von der Aussicht auf den Ball am Dienstagabend.
»Ich hab mich in meinem ganzen Leben noch nie so amüsiert wie bei der letzten Maskerade«, erzählte er, ließ sich in einen Sessel sinken und bedeutete Alexander, dasselbe zu tun. »Musik, Tanz, Wein – und Frauen, wie du sie noch nie gesehen hast«, plapperte er weiter und deutete mit weit ausholendem Arm über seine Bilder. »Damen sind sehr viel zugänglicher, wenn sie verkleidet sind«, meinte er mit einem Lächeln.
»Erzähl mir von
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