Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)
in verschwenderischem Luxus gelebt – und die haben mich zu seinem Sklaven gemacht.«
Douglass schüttelte hämisch lächelnd den Kopf. »Ihre Situation ist wirklich zum Verzweifeln, Mylord. Sie tun mir aufrichtig leid.«
»Ich wollte nur klarstellen, dass ich lediglich die Freiheit habe, mich in Mädchen wie Molly Walker zu verlieben, bei denen keinerlei Erwartungen auf eine Heirat bestehen«, antwortete Lord Petre, aber schon, als er es sagte, machte er sich Vorwürfe. Warum hatte er Molly erwähnt? Das war unritterlich. Er hatte noch eine Menge zu lernen im Umgang mit Männern wie Douglass.
»Die Molly aus Fowlers Handschuhladen, meinen Sie?«, bohrte Douglass denn auch prompt nach. »Es gibt keinen Gentleman in London, der sein Herz nicht Molly Walker geschenkt hat. Ein Wunder, dass der Tag für sie genügend Stunden hat, um so viel aufwallendem Gefühl gefällig zu sein. Und da ich vermute, dass keiner von ihren ergebenen Anbetern je versuchen wird, sie zu seiner Frau zu machen, wird sie immer die Muße haben, neue Liebeserklärungen entgegenzunehmen.«
Trotz seiner erwachten Vorsicht konnte Lord Petre nicht umhin, sich über Douglass’ unverblümte Redeweise zu amüsieren. »Sehr wahr«, meinte er lächelnd. »Die arme Molly ist der Gnade sehr vieler verzückter junger Herren ausgeliefert.«
Douglass lachte schallend. »Ich wollte, Arabella Fermor könnte Sie so reden hören. Ich gäbe sonst was drum, ihr von dieser Unterhaltung zu erzählen und ein wenig Glut in ihrem gelassenen Lächeln zu entfachen. Na ja, es ist eben, wie es so schön heißt: kaltes Lächeln, warmes …«
Lord Petre lachte und schlug seinem Gefährten auf die Schulter. »Ihre Gesellschaft tut mir gut, Douglass«, sagte er, als die Pferde ruckartig stehen blieben und sie in der Kutsche nach vorn geschleudert wurden, sodass beide einen Stiefel hochstemmten, um nicht umzukippen. Ehe sie ausstiegen, wandte sich Douglass ihm zu, und jetzt war sein Gesicht ernst. »Keine Neuigkeiten, Mylord«, sagte er. »Also – aufpassen und abwarten.«
»Aufpassen und abwarten«, echote Lord Petre, und Douglass öffnete die Tür und sprang hinaus.
Im Eingang zum Pontack’s in der Abchurch Lane drängten sich Herren wie Lord Petre und sein Begleiter: wohlgekleidet und genussfreudig. Drinnen standen die Tische aufgereiht über die ganze Länge des großen, getäfelten Raumes, der widerhallte vom Klappern der Teller, Klirren des Silberbestecks und launig erhobenen Stimmen.
Lord Petre ging vor Douglass auf zwei Plätze am Tisch in der Mitte zu. Über das Stimmengewirr hinweg kratzten Stühle, als Leute aufstanden, ihn zu begrüßen. Auf ein allgemeines Gemurmel: »Guten Tag, Mylord« grüßte er gelegentlich einen Bekannten einzeln. Es tat ihm gut, dass Douglass Zeuge all dessen wurde, und heimlich wünschte er, auch Arabella Fermor könnte es sehen.
»Dort drüben auf der anderen Seite sehe ich Richard Steele sitzen«, sagte er. »Was für ein gescheiter Bursche – sein Tatler ist das Lebendigste, was ich je gelesen habe, und der Spectator soll ja sogar noch unterhaltender sein.«
Douglass blickte gelassen über die Tische hin und sagte: »Ihr Mr. Steele sitzt mit einem Gentleman zusammen, dessen Bekanntschaft ich neulich gemacht habe. Ein junger Dichter namens Alexander Pope.«
Lord Petre war erstaunt. Er hätte Douglass nicht für einen Leser von Steeles literarischen Journalen gehalten und war überzeugt, dass er Popes Dichtungen bestimmt nicht gelesen hatte. Hatte Douglass vielleicht einen besonderen Grund, ihn zur Kenntnis zu nehmen?
Es war das erste Mal, dass Alexander im Pontack’s war, und das erste Mal, dass er mit dem großen Journalisten Richard Steele dinierte. Er saß sehr aufrecht und lächelte das breite, versonnene Lächeln eines Menschen, der neben den Dingen, die sein Tischgenosse zu ihm sagt, noch tausend andere Dinge überdenkt. Das halbe Restaurant hatte sich erhoben, sie zu begrüßen, als sie hereinkamen, und alle drängten heran, um Steele zur ersten Ausgabe seiner neuen Zeitung, des Spectator, zu gratulieren. Alexander überlegte kurz, ob er anbieten sollte, ihr Essen zu bezahlen, entschied sich aber dagegen und war dann wieder unsicher, ob er sich bei der Bestellung des Essens einmischen oder durch abwesende Miene sein Desinteresse daran kundtun sollte. Seine Blicke schossen im Raum umher, der vermutlich voller bekannter Persönlichkeiten war. Konnte das dort Robert Harley sein, Queen Annes Staatssekretär? Und sein
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