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Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)

Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)

Titel: Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Gee
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wusste, dass sie dem widerstehen musste. Sie konnte sich nicht erlauben, sich von Leidenschaft übermannen zu lassen – am wenigsten für einen Mann, der, wie sie argwöhnte, seinerseits von komplizierten, widersprüchlichen Emotionen beherrscht wurde.
    Am Dienstagabend, dem Abend des Maskenballs, saß sie an ihrem Fenster und blickte hinaus auf die Straße. Es war schon seit Stunden dunkel, und die Laternen, die am frühen Abend die Ladenfronten und das Straßenpflaster erhellt hatten, leuchteten jetzt schwächer. Später, wenn sie fortging, würden sie fast erloschen sein. Draußen vor der Haustür bereitete James die Kutsche für sie vor, und ein Lakai reichte ihm die Pelzdecke, die die Familie an Winterabenden in der Kutsche benutzte. Ihr Fenster klapperte ein wenig im Wind und erinnerte sie daran, es Betty besser am Rahmen befestigten zu lassen. Es wurde spät, und sie wandte sich wieder ihrem Zimmer zu, um zu klingeln.
    Als sie es tat, erhaschte sie flüchtig ein Bild ihres Gesichtes im hellen Licht des Ankleidespiegels. Es war ganz selbstvergessen geschehen, und jetzt blickte sie fast erschrocken sich selbst an, überrascht von ihrer Schönheit, als sei es für einen Augenblick nicht ihr eigenes Gesicht, das sie betrachtete. Aber dann nahm sie wieder bewusst ihre persönlichen Vorkehrungen wahr, die sie so bezaubernd wirken ließen. Sie trug lediglich ein einfaches Negligé, nachdem sie vor Kurzem ihr Tageskleid abgelegt hatte. Ihre Haarnadeln, die so unangenehm in ihre Kopfhaut gepiekt hatten, waren herausgezogen, und ihre leicht in Unordnung geratenen Locken fielen ihr bis auf die Schulter. Ihr einziger Schmuck außer den Perlen an ihren Ohren war ein einzelnes Schönheitspflaster auf ihrer Wange.
    Genau diese Aufmachung, überlegte sie gerade, wäre ihr die liebste, in der Lord Petre sie sehen sollte … Da trat Betty ins Zimmer und brachte Arabellas Kostüm für den Abend. Sie würde als Schwan verkleidet gehen. Aus diesem Anlass war ein graues Kleid genäht worden, besetzt mit Tausenden strahlend weißer Federn, dazu als Kopfputz eine Haube aus Flaumfedern, sanft wie ein Schwanenhals, mit einem Büschel grauer Federn auf dem Hinterkopf. Ihre Maske im venezianischen Stil war kohlschwarz und gelb lackiert, um den Schnabel eines Schwans zu suggerieren.
    Als sie sich das Kostüm aussuchte, hatte sie gebieterisch, großartig wirken wollen. Aber es hatte sich etwas in ihr verändert, und jetzt betrachtete sie das Kostüm unsicher. Es war eine zu raffinierte Verkleidung für ihre Stimmung heute Abend. In so einem unberührten Federkleid würde sie kalt und stolz wirken – zu tugendhaft für ein ungestümes Vergnügen. Was sie wollte, war ein Kostüm, das möglichst dieselbe schöne Verwirrung, das ungläubige Staunen auslöste, das sie mit so freudiger Überraschung gepackt hatte, als sie eben zufällig ihr Gesicht im Spiegel sah.
    Aber der Stolz verbot Arabella, sich selbst gegenüber bei der Änderung ihres Kostüms völlig ehrlich zu sein. Zunächst überlegte sie, dass es im Ballsaal ja viel zu warm sein würde für die Federn, sodass sie nicht tanzen könnte. Ebenso erwog sie, dass sie ja ihre Cousinen Teresa und Martha, für die es der erste Ball der Saison war, nicht so überstrahlen durfte. Und schließlich fand sie, das Kostüm sei zu verschwenderisch für einen öffentlichen Maskenball, und es wäre besser, es sich aufzusparen, bis sie darin auf einem privaten Ball eine größere Schau abziehen konnte. Die logische Folgerung jedoch, dass Lord Petre sicherlich auch dort sein würde und dass sie seine Aufmerksamkeit in einem anderen Gewand wahrscheinlich leichter auf sich ziehen konnte, die gestand Arabella sich nicht ein. Solch ein Eingeständnis konnte sie einfach nicht zulassen.
    Sie setzte sich an ihren Toilettentisch, der noch übersät war von dem mädchenhaften Wirrwarr ihrer morgendlichen Schönheitskur: kleine Parfumfläschchen mit silbernen Verschlüssen, ein Intarsienkästchen, mit Seide ausgelegt, Juwelen und Schmuckstücke aus Indien und dem Fernen Osten, in denen sich glitzernd das Kerzenlicht brach. Vor ihrem Spiegel stand ein Sträußchen erster Frühlingsblumen, das ein Verehrer in Covent Garten gekauft und ihr nach Hause hatte liefern lassen. Daneben Schachteln mit Haarnadeln, ein neuer Napf Puder und ein Pelzkragen, mitten auf den Tisch geworfen, als sie kurz vor der Teestunde hastig hereingekommen war. Aber als sie sich jetzt wieder im Spiegel betrachtete, da sah sie anstelle der

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