Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)
hoffen, dass ein Traktat dieser Art, das höchstens einer von sechzig Gentlemen verstehen kann, neu aufgelegt wird«, sagte er und hoffte, Tonson werde ihn berichtigen.
Und Tonson tat ihm diesmal den Gefallen. »Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass es zu einer zweiten Auflage kommen wird«, sagte er, »denn es hat das Zeug dazu, in der Grub Street einen Sturm zu entfachen. Ich kann mir vorstellen, wenn zum Beispiel Mr. Dennis entdeckt, dass Sie die Schule der Kritik schlechtmachen, die er für seine eigene hält, dass ihn das nicht ruhen lässt, bis er eine seiner üblichen Entgegnungen verfasst hat.« Mr. Dennis war ein berühmter Kritiker in der Stadt, wohlbekannt durch seine Attacken auf Schriftsteller, die er nicht leiden konnte.
»Mr. Dennis’ Entgegnungen haben einen Stil, der nicht anders als mit einem hölzernen Knüppel beantwortet werden kann«, entgegnete Alexander. »Ich hätte ihm einen aus bester, härtester englischer Eiche als Geschenk vom Windsor Forest schicken können.«
Tonson lachte, obwohl Alexander merkte, dass er versuchte, ernst auszusehen.
»Pope, ich sehe schon, Sie haben Geschmack an Scherereien. Mr. Dennis schert sich nicht darum, dass Sie jung und brillant sind, während er alt und abgedroschen ist wie ich.«
Alexander konnte sich das Lachen nicht verkneifen, als er antwortete: »Wenn Mr. Dennis’ Zorn nur aus seinem Eifer herrührt, jungen und unerfahrenen Dichtern das Schreiben zu vergällen, dann sollte er uns mit seinen Versen und nicht mit seiner Prosa das Fürchten lehren.«
Tonson lächelte ihn an und antwortete dann mit ernster Stimme: »Sie müssen lernen, nicht so laut über Ihre eigenen Scherze zu lachen, Mr. Pope.«
»Ich lache nur deshalb so laut, weil ich so entschlossen bin, als Letzter zu lachen«, antwortete Alexander, als er aufstand, um zu gehen.
Tonson erwog, Alexander für diese letzte Unverschämtheit einen Dämpfer zu verpassen, beließ es aber bei einem Achselzucken. Der junge Mann würde ganz sicher noch in eine Menge Scherereien geraten, während er seine Karriere weiterverfolgte. Und Tonson hatte sein Vermögen durch die Erkenntnis gemacht, dass dies in der Welt der Grub Street schon den halben Sieg in der Schlacht bedeutete.
5. Kapitel.
»Ob sie die Ehre, ob ihr Kleid befleckt,
nicht betet oder tanzt, ward nicht entdeckt;
ob sie ihr Herz, ob ihr Collier verliert …«
Arabella war so sehr daran gewöhnt, Männer kennenzulernen, die sie bewunderten, dass sie zunächst gar nicht merkte, wie sehr sie selbst von der Begegnung mit Lord Petre beeindruckt war. Sie redete sich ein, dass an seinen Aufmerksamkeiten schließlich nichts gewesen sei, was sie nicht schon kannte. Aber zehn Tage vergingen, und sie hörte nichts von ihm. Andere Männer hätten inzwischen längst geschrieben: galante Billets, in denen sie um ihre Gunst flehten. Sie hätten sie ausfindig gemacht, sie mit begehrlichen Blicken angestarrt, um ihre unzähmbaren Gefühle zu signalisieren. Bei Lord Petre würde es solche begehrlichen Blicke wohl sicher nicht geben.
Sie bemühte sich, die Begegnung aus ihren Gedanken zu verbannen. Es war ja rein zufällig gewesen, und sie musste sich nun einreden, es sei niemals geschehen. Aber noch ehe sie es vergessen konnte, musste sie sich eingestehen, dass es die schönste Begegnung gewesen war, die sie jemals erlebt hatte. Nie zuvor war sie eines Mannes Blick begegnet, in dem sie den Ausdruck der Ebenbürtigkeit gesehen hatte. Sie dachte an die Lässigkeit, mit der er beim Abschied geäußert hatte, er werde sie in ihrem Boudoir besuchen. Seine Persönlichkeit hatte nichts von einem Höfling, er scharwenzelte nicht. Falls er je etwas von ihr wollte, dann – davon war sie überzeugt – würde er nie darum bitten.
Sie scheute sich, ihm den Platz zuzugestehen, den er jetzt in ihren Gedanken einnahm. An ihn zu denken war aufregend, aber zugleich machte es ihr Angst. All ihrem stolzen Gerede zum Trotz begriff Arabella sehr wohl, dass die Situation, in der sie sich befand, befrachtet war mit Ungewissheit. Sie war Katholikin. Andererseits – sie war schön, und sie war reich. Aber sie wusste, sie war nicht reich genug an Schönheit und Vermögen, um jegliches Hindernis zu überwinden, das vor ihr lag. Zwei Jahre lang hatte sie in London als die begehrteste Trophäe gegolten, aber jetzt konnte Arabella nur noch daran denken, wie sehr sie sich sehnte, von Lord Petre gewonnen zu werden. Dieses Sehnen drohte sie zu überwältigen, und sie
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