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Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)

Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)

Titel: Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Gee
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ausgelöscht.«
    »Das war auch ungefähr mein Thema, Mr.Tonson.« »Ländliches Leben ist heutzutage zu altmodisch, Pope. Wie wär’s mit Handel und Wandel? Wie mit Kommerz? Die Ausbeuter des Empires, die aus allen vier Ecken der Welt nach London strömen. London! Eine großartige Stadt, aus der Asche des Feuers aufgestiegen wie ein Phönix … Die Details der Komposition überlasse ich Ihnen. Jawohl! Was Sie geschrieben haben, sollte lediglich der Anfang eines weitaus längeren Gedichtes sein. Wir kommen vom Lande, reich an – was sagen Sie hier? ›Helläugig hockend’ Federvieh‹ und ›des Kiebitz’ lärmend Schmettern‹. Wir kommen in die Stadt, reich an den Früchten, die der Wind des Handels herbeigeweht. Glühende Rubine, sattes Gold, duftender Bernstein – ach, Sie beherrschen den Stil besser als ich.«
    Alexander krümmte sich innerlich bei Tonsons konfusen Metaphern, aber er antwortete so diplomatisch, wie er konnte: »Sir, in einem Gedicht muss es ein Vehikel geben, das den Leser transportiert – von dem ›wolligen Getier‹ (wie Sie es möchten) zu der, äh – ›würzigen Stadt‹. Es ist aber absurd, plötzlich vom Lande in die Stadt zu wechseln ohne eine Überleitung, die den Wechsel plausibel macht. Die Gesetze der Poesie erlauben das nicht.«
    »Na gut, dann ändern Sie die Gesetze der Poesie«, sagte Tonson. »Wenn nicht am anderen Ende dieser Verse London meine Leser erwartet, dann wird ihnen nichts daran liegen, mit Ihnen die Reise durch den Windsor Forest zu machen.«
    Alexander saß ganz still in seinem Sessel und blickte seinen Verleger an. Er hatte, mit Unterbrechungen, vier Jahre an Windsor Forest gearbeitet. Es war eine ungeheuer geistreiche Imitation des Stils des jungen Vergil, wie Tonson sehr wohl begriffen hatte.
    »Sie müssen meinen Lesern etwas Neues bieten«, fuhr Tonson fort. »Ihre ersten Gedichte waren für einen so jungen Mann bemerkenswert, aber jetzt ist es Zeit, ein raffinierteres Talent an den Tag zu legen.«
    Pope schluckte seine Enttäuschung hinunter. »Aber ich hänge an den Versen meiner Jugend, die durch nichts zu ersetzen sind«, sagte er und versuchte sich zu beruhigen. Er fürchtete, wenn er jetzt einen Schluck von seinem Wein nähme, würde ihm die Hand zittern. »Die Bilder meiner Kindheit sind für immer verschwunden, ebenso die schönen Farben, die ich damals sah, wenn meine Augen geschlossen waren. In jenen Tagen hatte jeder Hügel, jeder Wasserlauf – wie soll ich es beschreiben? – die Glorie und die Frische eines Traumes. Eine Wahrnehmung, die ein schönes Gedicht ergeben könnte, meine ich.«
    »Leser von heute befassen sich nicht mit Visionen der Kindheit«, erwiderte Tonson forsch. »Die leben in einer Welt, in der alles neu ist. Lassen Sie sie vorwärtsgehen, Pope. Ein anderer Dichter in einem anderen Zeitalter wird sie zu dem zurückführen, was sie einmal waren. Aber geben Sie Ihre neuen Gedichte auf keinen Fall diesem Halunken Lintot zur Veröffentlichung!« Alexander lachte zaghaft darüber, und da endlich brachte Tonson das Buch zum Vorschein, das er verborgen gehalten hatte.
    »An Essay on Criticism. Gedruckt für W. Lewis, Russell Street, Covent Garden«, las er laut vom Titelblatt. »Ist das von Ihnen, Sir? Der Verfasser ist anonym, obwohl ich den Stil für den Ihren halte.«
    Sein eigenes Buch! Nicht bloß ein Gedicht in einem Sammelband. Alexander wollte spontan danach greifen, aber die Verlegenheit darüber, dass er Tonson nicht davon erzählt hatte, hinderte ihn daran, und jetzt begriff er auch, dass der Scherz über Lintot im Grunde als Rüge gemeint war.
    »Noch nicht mal ich habe das Ding schon gedruckt gesehen«, stammelte er.
    Tonson lächelte nicht. »Wirklich, die Seiten sind noch warm von der Druckpresse«, erwiderte er. »Mein Mr. Watt hat es für Ihren Verlegerfreund Lewis gedruckt, deshalb hat er es mir gezeigt. Die Welt ist klein.« Tonson schwieg eine Weile, immer noch ernst. »Ich habe das Gedicht ganz durchgelesen, Sir, und ich finde, es ist außerordentlich gut.«
    Alexander lächelte. »Oh, Mr. Tonson, ich schätze diese Meinung unendlich hoch«, sagte er.
    »Nicht ohne Mängel – Sie verstehen schon.«
    »Ich glaube, ich verstehe Sie, ja«, erwiderte Alexander und schöpfte neue Zuversicht aus Tonsons ermutigenden Worten.
    »Mängel, die in einer zweiten Auflage behoben werden können«, setzte Tonson mit einem Zwinkern seiner alten Augen hinzu.
    Alexander verbeugte sich bescheiden. »Aber ich wage nicht zu

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