Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)
Gedichte druckt.«
Jervas hätte am liebsten gelacht über Alexanders beharrliche Verstimmtheit, aber er unterdrückte sein Lächeln und sagte stattdessen: »Du denkst das bloß, weil es regnet und weil wir noch nicht gespeist haben.«
Aber Alexander war nicht zu besänftigen. »Wenn ich mit Männern wie Wycherley zusammen bin, dann verebbt meine Energie für die Dichtkunst immer vollständig. Ihre Verse und Bühnenstücke sind labbrig wie Eselsmilch – aber wie kann ich Erfolg haben, wenn ich nicht ebenso bin wie sie?«
Jervas sah Alexander besorgt an. Er wusste nie, was er auf diese Ausbrüche seines Freundes erwidern sollte, und sein Schweigen schürte in Alexander nur immer neue Empörung.
»Die meisten Schriftsteller sind unerträglich. Dauernd beklagen sie sich über ihre Misserfolge: dass der Stil ihrer Verse nicht der Mode entspricht, dass sie keine Förderung zum Erfolg finden, dass sie nicht reich genug, nicht arm genug sind, dass ihre Stimme nicht laut genug ist, um gehört zu werden … Kurz gesagt, über alles, außer dass ihre Begabung unbedeutend, ihr Geschreibsel erbärmlich ist.«
»Aber deine Verse sind nicht erbärmlich, Pope«, meinte Jervas tröstend. »Hat dir nicht selbst Jacob Tonson sehr Schmeichelhaftes gesagt?«
»Ich lasse mich nicht durch Schmeicheleien täuschen«, erwiderte Alexander wütend und verkniff sich die Worte: so wie du es dir erlaubst . Er sah, wie Jervas vor ihm zurückschreckte. Er wusste, er benahm sich schlecht, aber der Anblick von Jervas’ bemüht konziliantem Gesicht frustrierte ihn nur noch mehr. Es war nicht seine Schuld, dass er nicht zu jedem gefällig sein, dass er nicht alle Welt charmant finden konnte, wie sein Freund es tat.
»Verspürst du denn nicht den Wunsch, der Welt ihre Eitelkeiten, ihre Heuchelei vor Augen zu führen?«, bellte Alexander. »Wenn du dabei bist, das Porträt eines eingebildeten, müßigen Schwätzers zu malen, möchtest du ihm dann nicht deinen Pinsel ins Gesicht schlagen? Nein! Das tust du nicht. Ich habe nie erlebt, dass du die Subjekte, die vor dir sitzen, nüchtern beurteilst, Jervas.«
»Aber ich bin kein Richter, Pope, ich bin ein Maler. Gott sei Dank!« Jervas lachte leise und blickte Alexander abwartend an. »Ich mache mir nichts daraus, ein Richter zu sein, auch wenn mein Vater meinte, die Juristerei würde mir gut zu Gesicht stehen. Welches Recht habe ich, die Verdienste derer zu ermitteln, die ich male? Meine Klienten bezahlen mich, damit ich sie so male, wie sie von der Welt gesehen werden wollen – nicht so, wie mir gerade zumute ist, an einem regnerischen Morgen, nach zu vielen Austern am Abend zuvor!«
»Aber ich bin ein Dichter«, sagte Alexander mit einer solchen Mischung aus Stolz und Unsicherheit in der Stimme, dass sie Jervas beinahe wieder zum Lachen gebracht hätte. »Niemand bezahlt mich, damit ich ihn preise.« Er hielt inne, und dann, unfähig, sich zu bremsen, fuhr er fort: »Das Schlimme bei Männern wie dir ist, dass du davor zurückschreckst, mutig zu sein. Du sprichst höchstens andeutungsweise die Fehler eines Menschen an, du traust dich nicht, etwa Hassgefühle offen und ehrlich zu äußern. Ich glaube, du hast einfach Angst, zuzuschlagen!«
Er blickte Jervas herausfordernd an, halb hoffend, halb fürchtend, dass er ihn endlich mal in Wut gebracht hatte. Aber Jervas sah ihn nur gelassen an und sagte: »Das hat nichts mit Angst zu tun, Alexander. Ich habe einfach nicht den Wunsch, zu verletzen.«
Alexander sank in seinen Sitz zurück, während Jervas sprach, schämte sich plötzlich für seinen Ausbruch und wünschte sich – viel zu spät, wie er wusste -, er hätte sich besser unter Kontrolle gehabt.
Aber kaum ein oder zwei Minuten später streckte Jervas Alexander die Hand hin und sagte: »Zu Hause wartet Rind- und Hammelfleisch und Käse auf uns und Süßspeise und ein Feuer, das uns den ganzen Abend wärmt. Genug jetzt mit diesen Beschimpfungen und Anfeindungen, Pope. Ich befehle dir, wieder heiter zu werden!« Alexander lächelte dankbar und schüttelte reumütig Jervas Arm.
Ein paar Tage zuvor hatte Teresa Blount Alexander eingeladen, sie zu besuchen, aber wegen des schlechten Wetters und seiner Erkältung war er nicht gekommen. Doch am Tag nach seinem Streit mit Jervas kam die Sonne wieder heraus, und Alexander beschloss, den Mädchen einen Besuch abzustatten.
»Da bist du ja endlich«, sagte Teresa, als er ins Wohnzimmer der Schwestern geführt wurde. »Patty dachte schon, du
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