Die Verführung des Mondes (German Edition)
Lust, ständig erklären zu müssen, warum ich auf dem Gebiet nicht weiter gemacht habe!“
Ich sehe, wie er mit sich kämpft, aber er schweigt artig.
„Weil du mich zum Essen eingeladen hast, erzähle ich es dir trotzdem.“
Er lächelt, irgendwie erleichtert.
„Ich war gut in meinem Studium, es ist mir leicht gefallen. Aber ich habe es nie sonderlich gern gemacht. Ich mag Bücher, ich liebe es zu lesen und es fällt mir leicht, wissenschaftlich zu verarbeiten, was ich lese. Aber ich empfinde keine Leidenschaft dafür. Und ich hasse die Uni. Ich kann es dort nicht leiden. All die Menschen, die sich für etwas Besseres halten, sich gegenseitig zu überflügeln versuchen. Man sollte meinen, dass es bei einem Haufen von Menschen mit gleichen Interessen zu einem freundlichen Miteinander kommt, aber ich habe es immer nur als gegeneinander empfunden. Einen einzigen Konkurrenzkampf. Jeder war auf die Erfolge des anderen neidisch. Ich fand es furchtbar! Trotzdem kann man so eine Chance irgendwie nicht ausschlagen, wenn man auch nur ein kleines bisschen rationales Denken in sich trägt. Und ich bin schließlich Wissenschaftlerin. Auch wenn böse Zungen behaupten, dass Geisteswissenschaften nicht wirklich zählen …“, ich zucke mit den Schultern und trinke einen Schluck Wasser. „Ich hatte also, ehe ich mich versah, diesen blöden Doktortitel, das Stipendium, die Chance auf eine Unikarriere und habe keine Möglichkeit zum Ausstieg gesehen. Dann wurde ich schwanger. Und da war sie, meine Möglichkeit etwas anderes zu machen!“
„Du hast also Deine Unikarriere an den Nagel gehängt?“
„Ja, das habe ich. Ohne mit der Wimper zu zucken und ich habe es nie bereut. Meine Schwangerschaft war der perfekte Grund für mich selbst einfach aufzuhören. Auch wenn meine Eltern mir das nie verziehen haben.“
„Aber schwanger wäre eine weitere Karriere doch bestimmt erst einmal schwierig geworden?“, Phillip runzelt die Stirn.
„Dazu muss ich ein bisschen ausholen. Bist du dir sicher, dass du dir das wirklich alles anhören möchtest?“
„Ganz sicher!“ Phillip greift nach seinem Weinglas und macht es sich auf seinem Stuhl bequem und sieht mich erwartungsvoll an.
Ich zögere einen Augenblick, denn um die Geschichte zu verstehen, muss ich ziemlich viel über Luke erzählen und ich möchte ihn an einem solchen Abend eigentlich nicht in Gedanken dabei haben müssen. Andererseits müsste ich früher oder später ohnehin über ihn erzählen, also lieber früher als später, dann habe ich es hinter mir.
Kapitel 18
Ich greife nach meinem Weinglas und nehme einen tiefen Schluck, den kann ich gebrauchen. Ich denke nicht gerne an Luke, die Gedanken an ihn verursachen in mir ein Gefühl von Wut, Enttäuschung, Wertlosigkeit, einer gewissen Demütigung und einem abklingenden Schmerz. Um den Moment, in dem ich weiter erzählen werde, noch ein bisschen hinauszuzögern, greife ich noch nach einem Stück Brot.
„Du musst nicht, wenn du nicht willst.“ Phillip sieht mich mitfühlend an.
„Doch, ich will.“ Ich nehme noch einen zweiten Schluck Wein. „An dem Tag, an dem ich meine Dissertation abgegeben habe, bin ich abends mit Ella in eine Bar gegangen, um zu feiern. Ich war sehr fleißig gewesen die letzten Monate, ich hatte mir einen Abend mit etwas Ablenkung wirklich verdient. Ich hatte gedacht, dass ich erleichtert sein würde, wenn ich die Arbeit endlich beendet hätte, aber es war nicht so. Statt Erleichterung habe ich nur ein Gefühl von Leere empfunden. Ich wollte gerade nach Hause gehen, als mich ein Typ ansprach und mir einen Drink ausgab. Er erzählte von seinem Job auf einem Schrottplatz, seinem chaotischen Mitbewohner und davon, wie er das College abgebrochen hat. Er war herrlich unbekümmert und brachte mich zum Lachen. Ich blieb also noch ein Weilchen, und als ich ging, habe ich ihm meine Telefonnummer gegeben.“
Ich zögere einen Moment, als Phillips Ausdruck finster wird.
„Du hast gewollt, dass ich alles erzähle!“
„Und das will ich noch, erzähl weiter!“ Beiläufig nehme ich wahr, dass er mittlerweile schon beim zweiten Glas Wein angekommen ist.
Ich nicke. „Ich werde schnell machen. Ich möchte ohnehin fertig sein, bis das Essen kommt und dann zu angenehmeren Themen wechseln.“
Phillip nickt und ich fahre fort.
„Er hat mich tatsächlich nach ein paar Tagen angerufen, ich hatte schon gar nicht mehr an ihn gedacht. Wir haben uns wieder getroffen und wieder und wieder. Irgendwann
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