Die Verfuehrung Des Ritters
Griffyn fragend an.
»Also, ja oder nein? Wollt Ihr hören, was ich Euch zu sagen habe?«
Griffyn spürte den Griff seines Schwertes, der beruhigend gegen sein Handgelenk drückte. De Louth war vielleicht niederträchtig. Vielleicht aber auch nicht. Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden: Er musste ihm zuhören.
Absichtlich ging sein Blick zu de Louths Oberschenkel, den er vor Jahresfrist mit einem Pfeil durchschossen hatte.
De Louth grinste schief. »Es tut immer noch weh, wenn Ihr das wissen wollt.«
»Unter anderem.«
Ein letztes Mal ließ Griffvn den Blick durch die Schenke schweifen. Dann bedeutete er Fulk und de Louth, sich zu setzen. Fulk trank einen großen Schluck von seinem Bier, während Griffyn sich zurücklehnte. »Also?«, fragte er. »Was habt Ihr für mich?«
De Louth griff in den Beutel, der an seinem Gürtel hing, nahm etwas heraus und hielt es hoch. Eine Kette. Mit einem Schlüssel daran.
Griffyns Herzschlag verlangsamte sich. Der kleine Schlüssel schwang hin und her, und der Rhythmus hypnotisierte ihn geradezu. Ein Schlüssel. Er sah heller aus als der, den er um den Hals trug. Und er sah, dass der Schlüssel aus Silber war. Der Silberschlüssel. Er würde passen. Er wusste, dieser Schlüssel passte. Es war, als steckte ihm dieses Wissen im Blut. Als gehörte der Schlüssel ihm bereits.
Dieser kleine Schlüssel aus Silber würde in den größeren aus Eisen passen, und damit wäre ein weiterer Schritt getan, um den rätselhaften dreifarbigen Schlüssel zu vollenden. Dann fehlte nur noch der kleinste aus Gold, um an die Heiligtümer zu gelangen. Er wäre dem Ziel einen Schritt näher.
»Wie seid Ihr an diesen Schlüssel gekommen?«, fragte er heiser.
De Louth legte die Kette auf den Tisch. »Ich habe ihn entwendet.«
»Wem ?«
»Endshire.«
»Marcus? Wie in Gottes Namen kommt Marcus an diesen Schlüssel?«
»Er hat ihn gestohlen. Und zwar der Countess. Vor einem Jahr. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen.«
»Er hat ihn ihr gestohlen?«, wiederholte Griffyn leise.
»Nicht ihr persönlich. Als wir in ihre Unterkunft eindrangen, war sie schon fort. Aber der Schlüssel lag auf dem Fußboden ihrer Schlafkammer. Sie hatte ihn in der Eile wohl verloren.«
»Und Marcus hat ihn an sich genommen«, sagte Griffyn langsam. Er versuchte, sich vorzustellen, wie Marcus reagiert hatte, als ihm bewusst geworden war, was er gefunden hatte. »Das hat ihm vermutlich gefallen.«
De Louth schnaubte. »Er sah aus wie ein Ritter, der in Palästinas Wüste an einem Stück Eis lutschen darf. Der Schlüssel hatte für ihn eine besondere Bedeutung.« Er lehnte sich zurück. »Und für Euch auch. Und für den Mann, der letzte Woche versucht hat, ihn mir abzukaufen.«
Griffyn erstarrte. »Wie bitte?«
»Jemand hat letzte Woche versucht, mir den Schlüssel abzukaufen.«
»Wer?«
De Louth schüttelte den Kopf. Im Kerzenlicht schimmerte sein Bart grau. Er blickte auf den Tisch mit den Bechern. »Ich weiß es nicht. Wir haben uns in einer dunklen Gasse getroffen. Er hat nicht viel gesagt. Ich würde ihn nicht mal erkennen, wenn er jetzt vor mir stünde. Aber etwas fiel mir an ihm auf. Ich hab's gesehen, als er unter sein Wams gegriffen hat.« De Louth blickte Griffyn eindringlich an. »Er hatte eine Tätowierung. Ein Adler, der sich aufschwingt. Direkt über seinem Herzen.«
Griffyn und Fulk blickten einander schweigend an.
»Er wollte für den Schlüssel viel Geld auf den Tisch legen.« Mit einem Kopfnicken wies de Louth auf den Schlüssel. Die Kette, an der er befestigt war, lag wie eine schlafende Schlange auf dem Tisch. Eine dicke Kerze brannte direkt daneben. Das Wachs floss auf die raue Tischplatte. »Eine Menge Geld.«
»Und warum habt Ihr den Schlüssel nicht an ihn verkauft?«
De Louth zuckte mit den Schultern. »Ich hab ihm wohl nicht vertraut.«
»Ihr habt also im Laufe des letzten Jahres so etwas wie ein Gewissen entwickelt«, bemerkte Griffyn kühl.
Ein erneutes Schulterzucken. »Ein Gewissen? Ich weiß nicht. Ich brauchte das Geld.
Und der Schlüssel hat Marcus schließlich nicht gehört.«
»Warum habt Ihr ihn nicht verkauft, als man Euch die Möglichkeit bot?«
De Louths Blick wanderte wieder zu den Bechern auf dem Tisch. Er bohrte einen Finger in das gelbliche Wachs. Ein Strom heißes Wachs floss über den Tisch und bedeckte de Louths dicken, schwieligen Finger. Er zog die Hand zurück. »Ich glaube, meine Antworten passen Euch nicht so recht, Mylord. Es ist aber alles,
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