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Die Verfuehrung Des Ritters

Die Verfuehrung Des Ritters

Titel: Die Verfuehrung Des Ritters Kostenlos Bücher Online Lesen
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Fuß.
    Verfluchtes Ding. Was nutzten einem Schuhe, die nicht einmal eine widrige Nacht wie diese durchstanden? Ihr Kleid war vom Ausschnitt bis zur Hüfte zerrissen, und sie versuchte, die zerfetzte Seide notdürftig zusammenzuhalten und fester um sich zu ziehen. Ihr war so kalt wie noch nie, und sie fühlte sich einsamer als je zuvor in ihrem Leben.
    »Was macht Ihr da?«
    Die Stimme kam von oben. Gwyn legte den Kopf in den Nacken und starrte in die schiefergrauen Augen ihres Retters. Mit lässiger Eleganz saß er auf dem Rücken seines grobschlächtigen Pferdes und wirkte vor dem schwarzen Nachthimmel und den vom aufkommenden Wind gepeitschten Bäume dunkel und geheimnisvoll. Noch geheimnisvoller als zuvor, als er wie aus dem Nichts erschienen war, um ihr Leben zu retten.
    Sie hielt den Schuh hoch. »Mein Schuh hat ein Loch.«
    Der Grimm, mit dem er Gwyn angesehen hatte, wich etwas anderem. »Und was habt Ihr jetzt vor?«, fragte er. Seine Worte klangen wie ein Grollen .
    »Ich gehe nach Norden.« Heiße Tränen brannten in ihren Augen.
    Er nickte, dann zögerte er. »Das ist ein ziemlich vages Ziel.«
    Sie versuchte, ihn wütend anzublitzen. Er blieb davon unbeeindruckt und starrte sie weiter aus seinen unergründlichen Augen an. Gwyn begann sich mit kühler Würde zu wappnen. Es war ihre einzige Verteidigung gegen die Panik und die Tränen, die in ihr aufstiegen. »Ich will nichts weiter, als nach Norden zu gehen, und werde ständig von irgendwelchen Leuten bedrängt, denen das nicht passt. Kann ich nicht einfach eine öffentliche Straße entlanggehen und ...«
    »Nein.«
    Die Wuttränen brannten heftiger.
    Sein finsterer Blick glitt über ihren Umhang. »Ihr seid auf dieser Straße nicht sicher. Schon gar nicht, wenn Ihr allein unterwegs seid.«
    Sie spürte jetzt die Tränen, die heiß hinter ihren Lidern stachen. »Es mag bedauerlich sein, aber ich bin nun einmal allein auf dieser Straße unterwegs. Und es macht mir nichts aus, allein zu sein, denn das bin ich gewohnt. Was ich allerdings nicht gewohnt bin, ist, im Dreck zu sitzen.«
    Er richtete sich im Sattel auf. »Dann kommt mit mir«, sagte er mit einer Stimme, die jetzt sanfter klang.
    »Ich weiß doch gar nicht, wohin Ihr reitet.«
    Er lachte. Ein leises, angenehmes Lachen, das ihre Furcht besänftigte. »Ihr wisst nicht, wohin ich reite, Mistress? Ich werde mich ins Warme begeben und mir ein Bett suchen. Wohingegen Ihr Euch in große Gefahr begebt, wenn Ihr allein weitergeht.«
    »Ich bin es durchaus gewohnt, allein zu sein. Woran ich mich nicht gewöhnen kann, ist, dass meine Füße so wehtun. Oder dass mein Kleid so nass an mir klebt, oder ...
    Verdammt!«
    Sie starrte auf die Straße, die sich vor ihr erstreckte. Der Wind raschelte im trockenen Gras, das am Straßenrand wuchs, und machte ein leises sirrendes Geräusch. Dunkle Wolken jagten am Himmel dahin und verbargen die Sterne. Gwyn blickte zu dem Reiter auf und stellte fest, dass er jetzt lächelte. Ihr Blick verfinsterte sich. »Ihr findet das amüsant?«
    »Nein.« Er schüttelte den Kopf. Dunkel hob er sich von der Schwärze des Nachthimmels ab. »Es ist nur ... Ich habe von einem Mädchen nicht erwartet, dass es so offen ausspricht, was es denkt.«
    »Ach so, das. Nun, ich hatte oft mit den Dingen zu tun, mit denen Männer sich ja so gut auskennen.«
    Er hob eine Augenbraue.
    »Schlecht zu herrschen und gut zu fluchen«, beantwortete sie seine stumme Frage mit lässigem Gleichmut.
    »Gut zu fluchen«, wiederholte er nachdenklich, während sein Blick über die auf der Straße kauernde Gestalt glitt. »Und schlecht zu herrschen. Und was noch, wenn ich fragen darf?«
    »Ratlos zu sein, was die richtige Richtung angeht. Oh, und natürlich eine gewisse Neigung, niemals um Hilfe zu bitten«, erwiderte sie in mahnendem Ton.
    Was ihn nicht zu bekümmern schien. Seine grauen Augen wirkten jetzt wärmer, schimmerten beinahe blau. In ihnen blitzte Heiterkeit auf. »Aber ich bin nicht verloren, Mistress.«
    »Ich schon.«
    »Dann dankt dem Himmel, dass ich jetzt bei Euch bin.«
    Sie schnaubte recht undamenhaft, während sie sich ihren Schuh anzog und aufstand. Dass dieser Mann sich über ihre recht missliche Lage lustig machte, empfand sie mehr als frevelhaft.
    Sie schaute wieder die Straße entlang, und ihr Blick fiel auf eine Hand, die aus dem Gebüsch ragte. Klein und weiß, hätte es aus dieser Entfernung alles Mögliche sein können, aber Gwyn war sich ganz sicher: Es war eine Hand. Die Hand eines

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