Die Verführung einer Fremden - Teil 2 (German Edition)
nicht zu ruinieren, immerhin musste ich in wenigen Minuten wieder nach unten zu den Anderen gehen, bevor sich jemand auf die Suche nach mir machte. So sehr hatte ich gehofft, dass Bens Eltern mich mögen würden. Sie kannten mich nicht einmal richtig und verurteilten mich schon. Mir fiel wieder ein, warum ich in der Vergangenheit mit der sogenannten „High Society“ nichts zu tun haben wollte. Der Großteil ihrer Mitglieder war selbstverliebt, arrogant und urteilend über jeden, der nicht zu ihnen gehörte. Ich beschloß, Ben erst einmal nichts davon zu erzählen, dass ich die Konversation zwischen ihm und seiner Mutter mitgehört hatte. Ich wollte nicht alles noch komplizierter machen. Ich warf einen Blick in den Spiegel und sah, wie mein dunkles Augen-Make Up bereits in verschmierten Streifen meine Augen heruntergelaufen war. Schnell griff ich nach etwas Klopapier, um mein Make Up wenigstens halbwegs zu retten.
Kapitel 8
Der restliche Abend verlief ohne große Vorfälle. Ich war an den Familientisch im Wohnzimmer zurück gekehrt, wo Ben mich bereits lächelnd erwartete. Ich glaubte, einen Schatten der Besorgnis in seinem Gesicht zu sehen, seine Augen funkelten nicht so hell, wie sie es sonst taten. Aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein. Die Stimmung im Wohnzimmer wurde von Minute zu Minute fröhlicher, die Leute plauderten lauter, lachten lauter, stießen immer wieder mit neuen Gläsern an, auch, als ein unglaubliches Abendessen bestehend aus Lachsfilet, Kaviar, gerösteten Kartoffeln, Schokoladenkuchen und anderen Leckereien serviert wurde. Den ganzen Abend verließ mich das Gefühl, dass Bens Mutter mich immer wieder missgünstig anstarrte. Bens Vater beobachtete mich zwar nicht, ignorierte mich aber den Rest des Abends vollständig. Zu sehr war er damit beschäftigt, seine Gäste immer wieder mit Anekdoten aus seinem Leben zu unterhalten. Ich setzte den ganzen Abend eine Maske auf, lächelte, nickte, sagte aber nicht viel.
Mitternacht. Bens Vater hatte nun offiziell Geburtstag. Die Stimmung im Raum wurde nun so überschwänglich, dass man das laute Lachen und die Stimmen in wohl zwei Kilometer Entfernung noch hören musste. Bens Vater hatte gerade seine Rede beendet, als alle Gäste der Reihe nach auf ihn zustürmten um ihn zu beglückwünschen. Auch ich reihte mich ein, wünschte ihm alles Gute und wurde nach einer Sekunde bereits vom nächsten Gast verdrängt. Ich stellte mich neben Ben und griff nach seiner Hand. Er schien momentan keine Augen für mich zu haben, warf mir nicht einen Blick zu und drückte meine Hand auch nicht so beruhigend, wie er es sonst tat. Stattdessen lachte er, schien genauso angetrunken zu sein wie die anderen Partygäste, ließ meine Hand los und mischte sich unter das Partyvolk. Ich blieb allein zurück und irgendwie war mir nun gar nicht mehr nach feiern. Das Gespräch zwischen Ben und seiner Mutter ging mir einfach nicht aus dem Kopf. Niemand wird es merken, wenn du einfach von der Party verschwindest, fuhr es mir durch den Kopf. Und so dachte ich nicht lange nach. Langsamen Schrittes verließ ich den Raum, ging die Treppe hinauf, verschwand in meinem Schlafzimmer. Wie erwartet war mir niemand gefolgt. Ich tauschte mein Abendkleid gegen einen bequemen Pyjama, legte mich auf das weiche Himmelbett und starrte die Decke an. Nun konnte ich die Tränen doch nicht mehr zurückhalten und dicke Tropfen liefen mir das Gesicht herunter, bis zu meinen Kinn und tropften auf meine Brust. Irgendwann schlief ich vor Erschöpfung ein.
„Sarah.“ Bens sanfte Stimme weckte mich. Er strich mir mit der Hand durch das Haar. Sein Gesicht war so nah, dass ich seine Alkoholfahne deutlich riechen konnte. Verschlafen öffnete ich die Augen.
„Sarah. Alles in Ordnung? Du bist auf einmal von der Feier verschwunden. Ist etwas passiert?“
Ich versuchte, auf die Standuhr auf meinem Nachttisch zu schielen. Ich hatte absolut kein Gefühl dafür, wie viel Zeit vergangen war seit ich die Feier verlassen hatte.
„Wie viel Uhr ist es?“
„Halb vier Uhr morgens. Vor ungefähr einer halben Stunde sind alle ins Bett gegangen. Ich musste warten, bis auch meine Eltern kein Licht mehr brennen hatten um sicher zu sein, dass sie mich nicht sehen wenn ich mich in dein Zimmer schleiche.“
Sein letzter Satz klang so fürchterlich lächerlich. Als käme er von einem kleinen Jungen, der nachts mit der Taschenlampe unter der Bettdecke Comic-Bücher liest, voller
Weitere Kostenlose Bücher