Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Vergangenheit des Regens

Titel: Die Vergangenheit des Regens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
Vom Netzwerk:
viel Magie in dem gefangenen Gatate von Wandry gewesen war, sodass er zu glühen und zu brennen begann und schließlich in einer gewaltigen Feuerlohe das Haus des Stadtkapitäns mit sich in den Tod riss. Wie viel Magie nun in diesem Regenwald wirkte, in gebundener oder freier Form. In welchem Ausmaß der Kontinent aus Magie bestand. Wie wenig ein Mensch, der keinerlei magische Fähigkeiten hatte, das wahre Wesen des Kontinents erfassen konnte. Wie sehr viel mehr Eljazokad über dieses wahre Wesen gewusst haben musste. Und wie wenig dies Eljazokad genutzt hatte, denn er hatte ja nicht einmal so alt werden dürfen wie Rodraeg.
    Er sah zu dem mit offenem Mund schnarchenden Bestar und der kindlich zusammengerollten Tjarka hinüber.
    Dass der Klippenwälder sich nicht in der Nacht davonstahl, um Migal aufzusuchen, war ein Zeugnis dafür, wie sehr sie sich alle veränderten.

    Am Morgen versammelte sich die gesamte Expedition unter dem grünen Hintergrund der Waldgrenze. Ein bunter Haufen aus insgesamt dreizehn Personen.
    Nicht alle vom Erdbeben hatten in der Hütte geschlafen. Die beiden Frauen und der Mann, der sich Der Erleuchtete nannte, hatten es vorgezogen, ihr Nachtlager innerhalb der Bäume zu suchen. Diese drei kamen als Letzte aus dem Dschungeldickicht zum Versammlungsplatz.
    Wie sich nun bestätigte, hatte Timbare nur ein einziges Mitglied seines Stammes dazu bewegen können, den südwestlichen Regenwald zugunsten des südöstlichen zu verlassen: den Geisttänzer , der vor zwei Monden bereits die ursprünglichen Visionen vom Vertrocknen und – wie er es nannte – Versteinern des südöstlichen Regenwaldes empfangen hatte. Noch sehr jung, etwa siebzehn oder achtzehn, hörte er auf den Namen Kinjo Utanti. Seine Haut war sehr schwarz, dunkler selbst noch als die Timbares, seine Gesichtszüge schmal, klug und einnehmend. Er trug ein Buschmesser im Gürtel und ansonsten ein knielanges, mit labyrinthischen Mustern verziertes Leinengewand.
    Die beiden Frauen, die zu Erdbeben gehörten, waren die sinnlich schöne, aber unnahbar streng wirkende Sichelkämpferin Onouk, an die Rodraeg und Bestar sich noch von Terrek her gut erinnern konnten, sowie Selke Birlen, die ganz in Ziegenleder gekleidet war und weiß durchwirkte kurze Haare hatte. Selke Birlen war sicherlich schon fünfzig Jahre alt, trug diverse Wurfmesser in Schlaufen außen an ihrer abgewetzten Lederkluft und hatte einen leicht stumpfen Gesichtsausdruck. Ihre Bewegungen waren langsam und erfolgten überhaupt nur, wenn Ijugis ihr eine Anweisung erteilte. Rodraeg begriff, dass der Anführer von Erdbeben es sich bei seinem hohen Verschleiß an Menschenleben nicht leisten konnte, in der Wahl seiner Mitstreiter besonders anspruchsvoll zu sein.
    Auch Jacomer und Ukas Nouis waren offenbar solche Notlösungen. Der schmächtige Jacomer plapperte viel, riss andauernd Witze und fuchtelte wesentlich hektischer, als dies einem Hellas Borgondi jemals eingefallen wäre, mit seinem Jagdbogen herum. Ukas Nouis dagegen war ein ehemaliger Preisfaustfechter, dessen Gesicht aufzeigte, dass Deckungnehmen oder Ausweichen nie seine Stärken gewesen waren. Während der kleine Jacomer sehr schnell und angestrengt agierte, war der große Ukas noch langsamer als Selke Birlen. Als Rodraeg sich bei ihm freundlich nach seiner Bewaffnung erkundigte, nestelte Ukas umständlich zwei lederne Handschuhe hervor, die an den Knöcheln mit fingerlangen Metallzacken besetzt waren, und nuschelte lispelnd eine nicht zu verstehende Erklärung. Rodraeg hoffte, nie miterleben zu müssen, wie Ukas mit diesen furchtbaren Anfertigungen auf einen bedauernswerten Gegner eindrosch.
    Interessanterweise hatte Ijugus allerdings auch zwei Überlebende des letztwinterlichen Affenmenschenfeldzuges in seine Reihen aufgenommen. Bei denen konnte Rodraeg immerhin von einer gewissen militärischen Grundausbildung ausgehen – und von einer nicht unbeträchtlichen Abgeklärtheit, denn nach einem derartig einschneidenden Erlebnis waren diese beiden wohl durch nichts anderes mehr so leicht in Angst und Schrecken zu versetzen. Tatsächlich wirkte der Jüngere von ihnen, Tegden Baudo, auf beinahe schon unnatürlich zu nennende Weise seelenruhig. Ijugis erläuterte, dass Tegden schon vor dem fehlgeschlagenen Feldzug in Galliko gegen die Affenmenschen gekämpft und sich dann freiwillig gemeldet habe. Jenseits der

Weitere Kostenlose Bücher