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Die vergessene Frau

Die vergessene Frau

Titel: Die vergessene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tara Hayland
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heim! Mama heim!« Cara zupfte am Rock ihrer Mutter und begrüßte sie in Kleinkindersprache. Kaum beugte Franny sich zu ihrer Tochter hinunter, schmolz ihre Müdigkeit dahin. In Augenblicken wie diesen wusste sie ganz genau, dass sich die ständigen Mühen lohnten.
    »Komm her, Herzchen.« Sie nahm die Kleine hoch und drückte sie. »O, du wirst aber schwer, wie?«, neckte sie Cara und tat so, als würde sie unter dem Gewicht ihrer Tochter einknicken. »Was hast du da alles reingestopft?« Sie kitzelte den kleinen Bauch, bis Cara herzhaft zu lachen begann und Franny jenes instinktive Ziehen der Mutterliebe spürte, das sie jedes Mal von Neuem überraschte.
    In den ersten Tagen bei Annie hatte sie mit dem Gedanken gespielt, das Kind nach der Geburt zur Adoption freizugeben. Das wäre die einfachste Lösung gewesen: Ihr Kind wäre wahrscheinlich in einer wohlhabenden Familie gelandet, wo es garantiert eine gute Erziehung genießen würde, während Franny selbst ihr Leben weiterleben hätte können und ihr Fehltritt in Vergessenheit geraten wäre. Aber dann waren die Monate verstrichen, sie war dicker geworden und hatte immer mehr für das Kind in ihrem Bauch empfunden, bis sie schließlich erkannt hatte, dass diese Lösung ganz und gar nicht einfach war. Es half, dass es in ihrem Viertel viele Frauen gab, die ihre Kinder alleine großziehen mussten, sei es, weil ihre Männer in der Schlacht gefallen waren oder weil sie nach der Entlassung aus der Armee in ihre Heimat zurückgekehrt waren. Franny war hier nur eine unter vielen, und kaum jemand störte sich an ihrer Situation.
    »Alles in Ordnung, Tante Fran?«
    Annies Älteste, die zwölfjährige Bronagh, kam in den Hausflur. Abwechselnd mit ihrer zehnjährigen Schwester Maureen passte sie auf Cara auf, wenn die beiden nicht in der Schule waren. Die beiden Mädchen vergötterten Frannys Baby und bemutterten es ausgiebig. Franny wusste, wie glücklich sie sich schätzen konnte, dass sie damals bei Annie untergekommen war. Ihr Haus war zwar einfach und klein, doch sie achtete rigoros darauf, dass es sauber blieb: In vielen anderen Wohnungen wimmelte es von Ratten oder Mäusen. Aber vor allem hatten die Connollys Cara und sie fast wie in einer großen Familie aufgenommen. Annies Kinder, sogar der fünfjährige Danny, behandelten Cara wie eine der ihren. Cara hatte den Jungen schon in ihr kleines Herz geschlossen. Seit sie gehen konnte, tappte sie hinter ihm her und versuchte seinen Namen so auszusprechen, wie er es ihr beigebracht hatte: »Da-niee, Da-niee.«
    »Wie war sie heute?«, fragte Franny Bronagh. Das Mädchen war so kräftig gebaut wie seine Mutter und groß für sein Alter, aber Bronagh war gütig und weichherzig und liebte Kinder, weshalb sie oft davon sprach, später einmal Krankenschwester oder Lehrerin zu werden. »Sie hat hoffentlich nicht allzu viel Ärger gemacht?«
    »Gar keinen.« Das Mädchen nickte zu der Gemeinschaftsküche hin, die sich die Connollys mit ihren Mietern teilten. »Mum ist da drin, wir sind gerade fertig mit dem Abendessen.«
    Cara zupfte ihre Mutter am Ärmel. »Essen?« Hoffnungsvoll sah sie zu ihrer Mutter auf.
    Franny lächelte sie an. »Genau, mein Schatz.« Annie hatte ihr schon mehrmals angeboten, Cara mit ihnen essen zu lassen, doch das gemeinsame Abendessen gehörte zu den wenigen Ritualen, auf die Franny nur ungern verzichtet hätte. Sie war so oft in der Arbeit, dass es ihr wichtig war, weiterhin eine entscheidende Rolle im Leben ihres Kindes zu spielen, und so nahm sie sich grundsätzlich die Zeit, Cara zu füttern und ins Bett zu bringen, selbst an den Abenden, an denen sie im Club arbeiten musste.
    Franny setzte Cara auf ihre Hüfte und trug sie in die Küche. Dort stieß sie auf Annie, die in Dannys Haaren nach Nissen suchte. Genau wie Cara hatte er einen rußschwarzen Schopf, und man hätte die beiden für Bruder und Schwester halten können, wenn sein Gesicht nicht so dunkel gewesen wäre. Mit seinen fünf Jahren war er ein hübscher Junge, groß und kräftig für sein Alter, und dazu ein echter Bengel. Wenn irgendwo auf der Straße Unfug getrieben wurde, war er nicht weit. Letzte Woche hatte er drei Dosen Corned Beef nach Hause gebracht, die er bei Mr Burke, dem Lebensmittelhändler, gestohlen hatte. Als Annie begriffen hatte, was ihr Sohn angestellt hatte, war sie mit ihm an der Hand zum Laden marschiert, wo er die Dosen zurückgeben musste und dann von Mr Burke im Hinterzimmer ein paar auf den Allerwertesten

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