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Die vergessene Insel

Die vergessene Insel

Titel: Die vergessene Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Kasten zu
falten, in
dessen Vorderseite er ein kleines, rundes
Loch schnitt. Behutsam plazierte er die Laterne in der
Mitte der Tischplatte, zündete sie an und stülpte den
schwarzen Kasten darüber, so daß ihr Licht fast vollkommen abgeschirmt wurde. Schließlich bat er Miß
McCrooder, die Gaslampe herunterzudrehen, die die
Messe erhellte.
Mike sog überrascht die Luft zwischen die Zähne, als
das Licht matter wurde und schließlich ganz erlosch.
Es wurde nicht vollständig dunkel. Durch das Loch,
das Singh in den Karton geschnitten hatte, fiel ein kegelförmiger Lichtstrahl auf die Karte an der Wand.
Singh rückte die Lampe ein paarmal hin und her, bis
der gelbe Kreis aus Licht genau auf das Zentrum der
Karte gerichtet war. Dann nahm er das Amulett und
setzte es in den ausgeschnittenen Kreis in der Pappe,
der genau der Größe des Schmuckstückes entsprach.
Das Ergebnis war verblüffend. Singhs improvisierte
Laterna magica projizierte die Umrisse des Amuletts
zigfach vergrößert auf die Karte an der Wand. Singh
bewegte das Amulett noch ein paarmal vorsichtig, um
es endgültig auszurichten, aber plötzlich war es, als
glitte es ganz von selbst in die richtige Position. Und
obgleich Mike bereits geahnt hatte, was geschehen
würde, fühlte er doch ein fast ehrfürchtiges Schaudern, als Singh die Hand endgültig zurückzog.
Der Schatten der Göttin war über eine Gruppe von
sieben kleinen Inseln gefallen. Ihre Füße ruhten auf
zwei langgestreckten Atollen, die genau nebeneinander angeordnet waren, und fünf ihrer
sechs
Hände
berührten jeweils eine winzige Insel. Nur die sechste,
linke obere Hand deutete ins Leere. Aber plötzlich
wußte Mike, daß das gar nicht stimmte. Die Karte war
nicht korrekt. In diesem einen Punkt stimmten alle
Karten der Welt nicht. Denn dort, wohin Kalis sechste
Hand wies, lag die Vergessene Insel Prinz Dakkars.
Sie brauchten vier Tage, um die Position zu erreichen, die ihnen der Schatten Kalis verraten hatte. Das
Wetter war günstig, und die ganze Zeit über wehte ein
kräftiger Wind, so daß sie sich nur mit Hilfe der Segel
fortbewegen und so kostbaren Treibstoff sparen konnten. Wahrscheinlich hätten sie die Insel bereits am
Abend des vierten Tages
erreichen können,
doch
Singh entschied, daß es sicherer war, bis zum nächsten Sonnenaufgang zu warten. Sie ankerten am westlichen Rand einer Inselgruppe, die aus drei großen
und Dutzenden von kleinen Atollen bestand, zwischen
denen sich ein wahres Labyrinth gefährlicher Riffe erhob. Niemand hatte Einwände dagegen gehabt, dieses
Hindernis erst am nächsten Morgen zu durchqueren,
denn dieses Unternehmen war wahrscheinlich schon
bei Tageslicht lebensgefährlich. Bei Dunkelheit war es
purer Selbstmord. So gingen sie zeitig schlafen, um
am nächsten Tag in aller Herrgottsfrühe weiterzusegeln. Trotz aller Aufregung bei dem Gedanken an das,
was sie am nächsten Tag erwarten mochte, schliefen
sie alle bald ein. Ihren Verfolger hatten sie beinahe
vergessen.
Aber dieser sie nicht.
    Mike wachte mitten in der Nacht auf, und er wußte
zwar nicht, was, aber ganz genau, daß ihn etwas geweckt hatte. Schritte? Stimmen? Vielleicht auch nur
eine Welle, die sich am Rumpf des Bootes gebrochen
hatte; oder irgend etwas war umgefallen. Aber er war
nicht von selbst wach geworden.
Mike lauschte eine ganze Weile in die Dunkelheit hinein. Er hörte jetzt nichts mehr, aber er wußte, daß er
sowieso keinen Schlaf mehr finden würde. Ein Blick
auf die Uhr verriet ihm, daß die Sonne in einer guten
halben Stunde bereits wieder aufging, und dann segel
    ten sie ohnehin weiter. Also stand er auf, zog sich an
und verließ seine Kajüte, sehr leise, um die anderen
nicht zu wecken.
Als er auf Zehenspitzen durch den niedrigen Gang
schlich, drang ihm ein leichter, brandiger Geruch in
die Nase - eine Mischung aus verschmortem Holz und
brennendem Gummi, wie ihm schien. Mike verzog das
Gesicht zu einem wehleidigen GrinsenMiß McCrooders Essen
gestern abend hatte ungefähr so geschmeckt.
Gebückt näherte er sich der Tür, streckte die Hand
nach der Klinke aus - und erstarrte mitten in der Bewegung. Der Brandgeruch wurde stärker. Es war
nicht das Abendessen von gestern, das er roch. Der
Geruch kam ... von draußen!
Roter Feuerschein schlug ihm entgegen, als er die Tür
öffnete und auf das Deck hinaustrat. Eine
dichte
Qualmwolke hüllte das hintere Drittel des Schiffes
ein.
»Feuer!« schrie Mike. »Feuer an Bord!«
Er hustete, hob schützend die Hand vor das Gesicht
und

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