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Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Titel: Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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bitte, aber meine Familie geht vor.
    Gonzales zog an seiner Zigarette und wippte weiter nervös mit den Füßen.
    Er tröstete sich damit, dass Bingham noch dem Bischof gegenübertreten würde. Nachdem sie den erschlafften Mann losgemacht hatten, war er in das stinkende Verlies unter dem Kloster gebracht worden. Dort waren Gott weiß was für widerwärtige Dinge mit ihm geschehen.
    Wenn ich ihn erschossen hätte, wäre er jetzt besser dran.
    Gonzales zog noch einmal an seiner Zigarette.
    Die Hand am Revolver schaute er wieder über den Platz und hakte in Gedanken nacheinander jeden Posten ab, Mann um Mann. Das Leben seiner Familie hing davon ab, wie gut er diesen Platz und die drei Kirchen bewachte. Ihm war klar, dass er dem Albtraum nur ein Ende machen konnte, wenn er Wilson Dowling schnappte.
    Der Wind wurde böig und der Regen heftiger. Gonzales war gezwungen, von seinem Stuhl aufzustehen und vom Geländer wegzurücken, weil der Regendunst unter die Kolonnade wehte und seine Uniform durchnässte. Seine Leute rannten schutzsuchend unter die Dächer.
    Regen und Wind überdeckten sämtliche anderen Geräusche.
    Gonzales hasste es, hier zu sitzen, doch er hatte keine Wahl.
    Nach einem letzten Zug an der Zigarette schnippte er sie in den Regen hinaus und sah zu, wie der Stummel in der Gosse weggeschwemmt wurde.
    Es donnerte.
    Er überlegte, in die Kaserne zu gehen und ein bisschen zu schlafen. Doch wahrscheinlich würde er kein Auge zumachen können. Er würde wach liegen wie immer und an die weiße Decke starren, während seine Angst langsam die Oberhand gewann.
    Dann ließ der Regen genauso plötzlich wieder nach, wie er gekommen war. Gonzales wischte das Wasser vom Stuhl und stellte ihn zurück ans Geländer. Den Blick auf den Platz gerichtet, setzte er sich und ging erneut die einzelnen Posten durch.
    Wer steht da am Brunnen? , wunderte er sich.
    Er spähte angestrengt, um den Mann besser erkennen zu können. Er hatte Befehl gegeben, nur zu zweit zu patrouillieren. Vermutlich war es einer von den jungen Rekruten aus Lima. Die waren solches Wetter nicht gewohnt und auch nicht darauf vorbereitet. Durch den Regen und auf diese Entfernung vermochte Gonzales nicht zu sagen, wer es war.
    Ohne zunächst zu verstehen, warum, sprang Gonzales erregt auf und blickte zu der rätselhaften Gestalt hinüber. Dann wusste er plötzlich voller Gewissheit, dass es Wilson Dowling war.
    Eigentlich konnte er es nicht wissen, dennoch war er sich ganz sicher.
    Ohne weiter nachzudenken, zog er den Revolver, stellte die Füße auseinander und zielte über den ausgestreckten Arm. Seine Hand war vollkommen ruhig, als er auf die Brustmitte zielte. Er überlegte nicht einmal, ob er nicht vielleicht im Begriff war, einen seiner Leute zu töten. Er schätzte die Entfernung ab, hob den Arm ein bisschen an und drückte ab.
    Der Schuss hallte durch den Regen. Gonzales sah, wie die dunkle Gestalt unter dem Aufprall der Kugel nach hinten geworfen wurde und die Arme zur Seite riss, als hätte sie ein wütender Stier gerammt. Der Mann landete auf dem Rücken neben dem Brunnen.
    Soldaten kamen schreiend angerannt und versuchten hektisch zu begreifen, warum ihr Hauptmann einen Kameraden tötete. Gonzales schob sie alle beiseite und ging mit energischen Schritten durch den strömenden Regen zum Brunnen.
    Er war sich ganz sicher, dass es Wilson Dowling war, den er erschossen hatte.
    Warum, wusste er selbst nicht, aber er war sich sicher.
    Ärgerlich befahl er seinen Leuten, Platz zu machen. Er ging neben dem Erschossenen auf ein Knie nieder und riss ihm die Schirmmütze vom Kopf.
    Wilson Dowling lag tot vor ihm.
    Gonzales jubelte innerlich, als er die toten Augen des Ausländers sah. Er verschwendete keinen Gedanken daran, dass er einen Menschen getötet hatte. Er dachte nur an seine Familie und an die Aussicht, möglichst schnell zu ihr zurückkehren zu können.
    Gonzales steckte die Waffe weg. »Bringt ihn ins Kloster!«, befahl er. »Das Problem ist endlich gelöst!«

50.
    C USCO , P ERU P LAZA DE A RMAS O RTSZEIT : 6.45 U HR 24. J ANUAR 2014
    Es dämmerte, als der Bus beschleunigte und die enge Serpentine zum höchsten Punkt der Schlucht hinauffuhr. Die Scheibenwischer waren auf die höchste Stufe geschaltet und kämpften gegen das Wasser an, das wie ein Schleier auf der Scheibe lag und die Sicht erschwerte.
    »Sie werden mich direkt zur Plaza de Armas bringen«, sagte Helena. Nass bis auf die Haut saß sie auf dem vordersten Sitz eines

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