Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Titel: Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
Vom Netzwerk:
mit geschmeidigem Tonfall. »Nach ihm wurde dieser Zug benannt.«
    Helena blickte auf und sah einen Mann an ihrem Tisch stehen. Er war Mitte fünfzig, beleibt und wohlhabend, wie der Sitz seines Anzugs und seine manikürten Fingernägel vermuten ließen. Die graumelierten Haare hatte er mit Gel zurückgekämmt, und seine Zähne waren ebenmäßig und weiß. Der schwarze Anzug hatte einen cremefarbenen Nadelstreifen, dazu trug der Mann eine passende cremefarbene Krawatte. Helena hatte ihn zuvor schon bei den Kokainschnupfern bemerkt. Er war sicher der Wichtigste der Männer, denn die anderen achteten auf jedes seiner Worte.
    Pablo machte demonstrativ ein genervtes Gesicht.
    Helena deutete stumm auf ihren Kopfhörer, als hätte sie den Mann nicht verstanden.
    »Hiram Bingham war der erste Weiße, der Machu Picchu entdeckte«, fuhr der Mann fort. Er schien genau zu wissen, dass sie ihn sehr wohl verstanden hatte. »Aber die Sache ist viel komplizierter.« Chad stand von ihrem Platz auf, um den Mann wegzugeleiten. Doch der bedeutete ihr mit ruhiger Geste, einen Moment zu warten, damit er zu Ende führen konnte, was er sagen wollte. »Sie werden feststellen, dass die Stadt schon vor ihm entdeckt wurde. Aber weil diese Entdecker Mestizen waren, ernteten sie keinen Ruhm. Spanier und Indianer sind auch Menschen, meinen Sie nicht?«
    Helena rang sich ein höfliches Lächeln ab. Der Mann war hartnäckig.
    »Ich bin Don Eravisto, Señorita. Ich bin mit meinen Geschäftspartnern hier.« Er blickte zum Ende des Speisewagens und schnippte mit den Fingern. Dort wurde es augenblicklich still. »Ich fürchte, wir sind zu laut gewesen und haben Sie gestört. Das würde ich gern wiedergutmachen.«
    »Das ist nicht nötig«, schaltete Chad sich ein. »Wenn Sie uns jetzt bitte entschuldigen würden. Wir waren mitten in einem Gespräch.«
    Don Eravisto lächelte Helena an. »Ihre Begleitung ist sehr höflich, aber sofort als Leibwächterin zu erkennen. Wenn Sie zu meiner Gesellschaft hinüberblicken, werden Sie nicht so leicht feststellen können, wer mein Beschützer ist. Es könnte einer der Männer oder eine ihrer Freundinnen sein.«
    »Sie sehen eher wie ihre Töchter aus«, warf Chad ein.
    Don Eravisto klatschte lachend in die Hände. »Schluss mit dem Smalltalk.« Er sah Helena jetzt ernst in die Augen. »Ich habe bemerkt, dass Sie der Gleisbauhütte einen Besuch abgestattet haben. Wussten Sie, dass Bingham mal eine verregnete Nacht darin verbracht hat?«
    Helena gab sich Mühe, nicht überrascht zu wirken. »Tatsächlich?«
    »Ich könnte Ihnen vieles über seine Expedition erzählen, was Sie nicht in Ihrem Buch finden. Diese Hütte hat eine interessante Geschichte.«
    Helena setzte den Kopfhörer ab. »Jetzt haben Sie mein Interesse geweckt, Señor.«
    Don Eravisto legte die Hand aufs Tischtuch. »Darf ich Platz nehmen?«
    »Bitte sehr«, antwortete Helena, ohne zu wissen, was sie davon halten sollte. Ihr Instinkt gebot ihr, auf der Hut zu sein, auch wenn sie nicht wusste, warum. Sie war mehr neugierig als beunruhigt. Die Gleisbauhütte war zweifellos von Bedeutung, und dieser Don Eravisto konnte ihr vielleicht verraten, was es damit auf sich hatte.
    Chad machte ihm widerstrebend Platz und musterte die Passagiere im hinteren Teil des Wagens, die sie gleichfalls in Augenschein nahmen.
    »Die Geschichte dieser Hütte ist rätselhaft«, sagte Don Eravisto, während er den unteren Jackenknopf öffnete und seine massige Gestalt auf den Polsterstuhl senkte. »Wir haben reichlich Gesprächsstoff, wie es scheint.« Auf ein weiteres Fingerschnippen hin eilte ein Kellner herbei, als hinge sein Leben davon ab. »Ich nehme einen Gin Tonic«, sagte Don Eravisto. »Und Cashewkerne.« Er sah zu Helena. »Sie werden noch einen Koka-Tee brauchen. Aber keine Sorge, Señorita, Ihre Kopfschmerzen sind bald verschwunden.«

15.
    A NDEN , P ERU
64 K ILOMETER NORDWESTLICH VON C USCO
O RTSZEIT : 15.02 U HR
17. J ANUAR 1908
    Schon wieder rutschte Bingham aus und landete übertrieben stöhnend auf dem Hintern. Wilson war gezwungen, zurückzulaufen und ihn anzutreiben. Diesmal blieb der Amerikaner einfach im morastigen Unterholz zwischen zwei Felsbrocken liegen und wartete, dass Wilson ihn auf die Beine zog.
    »Wir sollten nach Cusco zurücklaufen«, sagte Bingham zum wiederholten Mal. »Es hat keinen Zweck, bei diesem Regen ohne Proviant und Ausrüstung in das Tal zu gehen.«
    Zunächst waren sie eine Stunde lang zwischen steilen Granitfelsen hindurch

Weitere Kostenlose Bücher