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Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Titel: Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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einmal nicht heilen können, Wilson, und dann ist alles vorbei. Du darfst nicht solche Risiken eingehen.«
    »Ich dachte schon, du wärst nur ein Produkt meiner Fantasie gewesen«, sagte Wilson. »Aber angesichts deiner Reaktion bist du wohl echt.«
    Helena seufzte. »Zwei Monate lang habe ich immer wieder von diesem Tempel geträumt.« Sie blickte sich misstrauisch um. »Ich habe etwas darin gesehen, und wusste, es würde mich zu dir führen.«
    »Weißt du, wo Hiram Bingham ist?«, fragte Wilson.
    Helena zeigte über ihre Schulter. »Die Kriegerinnen haben ihn weiter den Kamm hinaufgeschleppt. Nachdem du gesprungen bist, haben sie eine Weile gestritten, was sie tun sollen. Sie sprachen Quechua. Ich wäre ihnen gern gefolgt, habe aber die Verbindung verloren.« Sie schwieg einen Moment. »Sie sind hinter dir her, Wilson. Hört es denn nie auf, dass du dich in Schwierigkeiten bringst?«
    »Glaub mir, ich bin genauso überrascht wie du.«
    »Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie die Ruinenstadt verlassen haben. Sie sind über den Inka-Pfad gelaufen. Aber ohne Bingham. Der muss noch da oben sein, wahrscheinlich im Wächterhaus.«
    »Warte hier, bis ich wieder da bin«, sagte Wilson.
    »Ich begleite dich!«, drängte Helena. »Krieg keine Gänsehaut; wenn du jemanden neben dir spürst, bin nur ich das. Aus irgendeinem Grund bin ich für dich – und nur für dich – sichtbar, wenn ich die Tempelstufe berühre. Ich dagegen kann in deiner Umgebung alles sehen und hören, solange ich im Umkreis von drei Metern bei dir bleibe. Wenn ich mich weiter entferne, verlieren sich zuerst die Geräusche, und danach sehe ich nichts mehr.«
    »Du bist in der Zukunft, ja?«
    »Ja, auf dem Machu Picchu. Wenn wir uns zur richtigen Zeit am selben Ort aufhalten, schiebt sich ein zweites Bild in mein Blickfeld, und ich sehe die Gegenwart und die Vergangenheit gleichzeitig.«
    »Du bist auf dem Machu Picchu?«
    »Ich laufe bei Dunkelheit durch die Ruinen. Alle denken, ich sei übergeschnappt. So ist es nun mal. Sobald du mein Leben betrittst, ist es nie langweilig, Wilson.«
    »Welches Datum schreibt man bei dir?«
    »Es ist der 19. Januar 2014. Du hast dich vor gut einem Jahr von mir wegtransportiert.«
    Wilson überlegte einen Moment, dann lächelte er. »Es tut gut, dich wiederzusehen, Helena.«
    »Mir auch, Wilson. Ich habe lange auf diesen Moment gehofft.« Sie zeigte nach links. »Du solltest dort die Treppe raufgehen.« Dann nahm sie die Hand von der Stufe und verblasste.
    Wilson brauchte einige Minuten, um die Ruinen zu durchqueren und die fünfundzwanzig Terrassen zum Kamm hinaufzusteigen, wo das Wächterhaus stand. Auf dem Weg dorthin gab es unzählige Möglichkeiten für einen Hinterhalt, aber er ignorierte die Gefahr. Nicht zuletzt durch sein ausgezeichnetes Sehvermögen kam er schnell voran. Die ganze Zeit über spürte er Helena neben sich, als befände sie sich nur knapp außerhalb seines Blickfelds. Das Gleiche hatte er gefühlt, als der Kondor über ihm kreiste und als er vor drei Tagen in der Gleisbauhütte war.
    Allmählich näherte er sich seinem Ziel. In seinem tiefsten Innern begann er, für seinen Reisegefährten das Schlimmste zu fürchten. Es waren fast fünf Stunden vergangen, seit er ihn zuletzt gesehen hatte. Ein leichter Wind strich durch die Bäume und Gräser. Am Horizont im Osten sah man Wetterleuchten.
    Wilson drückte sich mit dem Rücken an die Hausmauer, holte Luft und spähte um die Ecke. Bingham lag an Händen und Füßen gefesselt im Gras. Er bewegte sich nicht.
    »Oh nein«, hauchte Wilson.
    Er trat lautlos heran und legte ihm eine Hand an den Rücken.
    Bingham stieß einige aufgebrachte, dumpfe Laute aus, die vermutlich so viel hießen wie: »Wo zum Teufel sind Sie gewesen?«
    Wilson löste den Lederriemen und zog ihm den Knebel aus dem Mund.
    »Ich warte schon seit Stunden«, klagte Bingham mit heiserer Stimme. »Und ich könnte dringend einen Schluck Wasser vertragen.«
    Wilson richtete ihn auf, schnitt die Fesseln durch und hielt ihm seine Wasserflasche hin. »Trinken Sie nicht zu viel«, sagte er.
    Bingham schluckte hastig. »Diese Frauen haben mich entführt.« Ihm lief Wasser über das Kinn aufs Hemd. »Die Amazonen.«
    »Trinken Sie langsam«, sagte Wilson. »Sonst wird Ihnen schlecht.«
    »Große Frauen sind das! Enorm große. Ich habe mich nach Kräften gewehrt, aber sie waren zu stark.« Er wischte sich den Mund ab. »Ich habe mich schon gefragt, ob Sie überhaupt noch zurückkommen oder ob

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