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Die Vergessene Welt

Die Vergessene Welt

Titel: Die Vergessene Welt
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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Eindeutig ein Fall von cerebraler Parese.«
    Der Mann war so absurd, daß ich beschloß, mich ab jetzt
    nicht mehr zu ärgern. Entweder man ärgerte sich pausenlos
    über
    ihn
    oder
    gar
    nicht.
    Da
    ich
    nichts
    von
    Energieverschwendung halte, kam also nur das letztere in
    Frage.
    Ich lächelte verbindlich.
    »Ich wollte damit eigentlich nur sagen, daß mir der Mann
    reichlich klein vorkommt.«
    »Ist er auch, ist er auch!« rief der Professor. Er deutete mit
    einem behaarten Finger auf die Zeichnung. »Sehen Sie die
    Pflanze da?« fragte er. »Sie haben wahrscheinlich gedacht, daß
    es ein Löwenzahn oder Rosenkohl ist, was? Eine
    Elfenbeinpalme ist es – damit Sie es wissen, und diese Palmen
    werden immerhin bis zu achtzehn Metern hoch. Der Mensch ist
    mit Absicht dazu gezeichnet, mein lieber Mr. Malone. Das
    Größenverhältnis soll dadurch veranschaulicht werden. Ein
    Durchschnittseuropäer ist ungefähr einsfünfundsiebzig groß,
    die Palme ist zehnmal so groß wie der Mensch, und wenn Sie
    genau hinschauen, werden Sie sehen, daß es stimmt.«
    »Großer Gott!« rief ich. »Sie wollen damit doch nicht etwa
    sagen, daß dieses Monster – das paßt ja nicht einmal in eine
    Bahnhofshalle.«
    »Dort hat es auch nichts zu suchen«, entgegnete der
    Professor mit zwingender Logik.
    »Aber man kann doch nicht alles menschliche Wissen über
    die Natur einfach beiseite schieben, weil plötzlich eine
    Zeichnung mit einem Fabelwesen auftaucht.« Ich hatte
    umgeblättert und festgestellt, daß nur noch leere Seiten folgten.
    »Noch dazu«, fuhr ich fort, »wo es sich um die Zeichnung
    eines Wandervogels mit künstlerischen Ambitionen handelt.
    Vielleicht hat er das Untier im Drogenrausch erfunden. Oder
    in Fieberträumen. Sie als Naturwissenschaftler können doch so
    etwas nicht als Beweismaterial anerkennen.«
    Professor Challenger stand auf und holte ein Buch aus einem
    Regal.
    »Das hier«, sagte er und deutete auf den Band, »ist eine
    fabelhafte Monografie von meinem begabten Freund Ray
    Lankester. Ich zeige Ihnen jetzt eine Illustration … ja, da ist sie.
    Wahrscheinliches Lebensbild des Dinosauriers Stegosaurus
    aus dem Jurazeitalter, steht darunter. Allein die Hinterbeine
    sind doppelt so hoch wie ein ausgewachsener Mensch. So, und
    was sagen Sie jetzt dazu?«
    Er reichte mir das aufgeschlagene Buch. Ich betrachtete die
    Illustration genau. Die Rekonstruktion des Tieres aus einer
    längst toten Welt hatte erstaunlich viel Ähnlichkeit mit der
    Zeichnung des unbekannten Künstlers.
    »Das ist natürlich bemerkenswert«, sagte ich.
    »Aber kein schlagender Beweis?« fragte der Professor.
    »Ich würde eher sagen, ein unglaublicher Zufall. Vielleicht
    hat dieser Amerikaner ja auch irgendein ähnliches Bild gesehen,
    ich meine, so eine Rekonstruktion, und im Delirium ist es dann
    wieder aus seinem Gedächtnis aufgetaucht.«
    »Aha«, sagte Professor Challenger. »Dann lassen wir das
    erst einmal. Ich fordere Sie nun auf, sich diesen Knochen
    anzusehen.«
    Er drückte mir den Knochen in die Hand, den er im
    Rucksack des Amerikaners gefunden hatte. Er war ungefähr
    fünfzehn Zentimeter lang und etwas dicker als mein Daumen.
    An einem Ende Spuren vertrockneter Knorpelmasse.
    »Zu welcher uns bekannten Kreatur gehört dieser
    Knochen?« fragte der Professor.
    Ich drehte und wendete ihn und versuchte, mein
    verschüttetes Schulwissen an die Oberfläche meines
    Gedächtnisses zu befördern.
    »Ist das vielleicht ein reichlich dickes Schlüsselbein?« frage
    ich. »Von einem Menschen?«
    Professor Challenger sandte einen flehentlichen Blick zur
    Decke. »Das menschliche Schlüsselbein ist geschwungen«,
    erklärte er in schulmeisterlichem Ton. »Dieser Knochen ist
    gerade. Die Einkerbung an der Oberfläche beweist, daß hier
    eine Sehne entlanggelaufen ist. An einem Schlüsselbein laufen
    keine Sehnen entlang.«
    »Dann weiß ich beim besten Willen nicht, was das für ein
    Knochen sein soll.«
    »Sie brauchen sich wegen Ihrer Unwissenheit nicht zu
    schämen, Mr. Malone. Diesen Knochen identifiziert nicht
    einmal ein Fachmann auf Anhieb.« Er zog ein Pillendöschen
    aus der Tasche und nahm einen Knochen von der Form und
    Größe einer Kaffeebohne heraus. »Sehen Sie«, fuhr er fort,
    »dieses Knöchelchen, es stammt von einem menschlichen
    Skelett, entspricht anatomisch dem Knochen, den Sie in der
    Hand halten. Jetzt können Sie sich vielleicht vorstellen, wie
    groß die Kreatur ist, um die es geht. An der
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