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Die Vergessene Welt

Die Vergessene Welt

Titel: Die Vergessene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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Challenger
    zufrieden. »Jetzt betrachten Sie bitte die Spitze des Felsens.
    Was sehen Sie?«
    »Einen riesigen Baum.«
    »Und auf dem Baum?«
    »Einen großen Vogel.«
    Er gab mir eine Lupe.
    »Ja«, sagte ich, während ich hindurchsah. »Auf dem Baum
    hockt ein großer Vogel. Dem Schnabel nach könnte es ein
    Pelikan sein.«
    »Mit Ihrer Sehschärfe können Sie aber nicht viel Staat
    machen, mein Bester«, sagte der Professor. »Das ist kein
    Pelikan. Es ist überhaupt kein Vogel. Es dürfte Sie
    interessieren, daß es mir gelungen ist, das Tier abzuschießen,
    womit ich einen absolut stichhaltigen Beweis meines
    Unternehmens hatte.«
    »Sie haben das Tier mit zurückgebracht?« fragte ich.
    »Leider
    nein«,
    antwortete
    der
    Professor.
    »Das
    Prachtexemplar ging bei dem Bootsunfall mit über Bord. Ich
    griff danach, als es gerade von einem Strudel erfaßt wurde, und
    hatte einen Flügel in der Hand, weiter nichts. Der Rest wurde in
    die Tiefe gezogen. Den Flügel lege ich Ihnen jetzt vor.«
    Er zog eine Schublade auf und brachte etwas zum
    Vorschein, was in meinen Augen wie der Teil eines
    Fledermausflügels aussah: ein gebogener Knochen von
    ungefähr sechzig Zentimetern Länge, an dem ein
    pergamentartiger Hautlappen hing.
    »Eine Riesenfledermaus«, sagte ich.
    »So ein Unsinn!« rief der Professor. »Wenn man wie ich in
    einer Welt der Wissenschaft lebt, möchte man es nicht für
    möglich halten, daß die einfachsten Grundbegriffe der Zoologie
    fehlen. Haben Sie denn keine Ahnung von vergleichender
    Anatomie, junger Mann? Sehen Sie, der Flügel eines Vogels
    entspricht einem Unterarm, während der Flügel einer
    Fledermaus aus drei verlängerten Fingern besteht, zwischen
    denen sich Häute spannen. In unserem Fall hier entspricht
    dieser Knochen ganz bestimmt keinem Unterarm, und Sie
    sehen ja selbst, daß hier ein einziger Hautlappen an einem
    einzigen Knochen hängt, also kann der Flügel nicht von einer
    Fledermaus stammen. Wenn weder Vogel noch Fledermaus –
    was dann, frage ich Sie?«
    Ich war am Ende meiner spärlichen Biologiekenntnisse.
    »Keine Ahnung«, sagte ich.
    Professor Challenger griff wieder nach dem Buch seines
    Freundes Lankester und schlug es auf.
    »Hier«, sagte er und deutete mit seinem dicken, behaarten
    Zeigefinger auf eine Illustration, die ein fliegendes Monster
    darstellte. »Eine fabelhafte Reproduktion des Dimorphodon
    oder auch Pterodactylus genannt. Es handelt sich dabei um ein
    fliegendes Reptil aus der Jurazeit. Auf der nächsten Seite sehen
    Sie eine grafische Darstellung. Sie erklärt den Mechanismus
    des Flügels. Und jetzt vergleichen Sie das einmal mit dem
    Fragment in Ihrer Hand.«
    Ich tat es und war im selben Moment überzeugt. Man
    konnte diesen Tatsachen nicht länger ausweichen: Die
    Zeichnungen des Amerikaners, die Aufnahmen, der Bericht des
    Professors und zu guter Letzt dieses echte Beweisstück – nur
    ein Blinder hätte weiterhin gezweifelt. Man hatte Professor
    Challenger unrecht getan. Er war kein Scharlatan.
    »Das ist die tollste Sache der Welt!« sagte ich, wobei meine
    Begeisterung eher journalistischer als wissenschaftlicher Natur
    war. »Das ist kolossal. Sie haben eine vergessene Welt entdeckt.
    Wie habe ich auch nur einen Moment an Ihrer Glaubwürdigkeit
    zweifeln können? Verzeihen Sie mir. Ihre Beweise sind
    schlagend und sollten jedem genügen.«
    Der Professor schnurrte vor Zufriedenheit.

    »Und dann, Sir?« fragte ich. »Was haben Sie dann getan?«
    »Die Regenzeit hatte begonnen, Mr. Malone, und meine
    Vorräte gingen zur Neige. Ich erforschte einen Teil dieser
    gewaltigen Felswände, konnte sie jedoch nicht ersteigen. Der
    pyramidenförmige Felsblock, auf dem ich den Pterodactylus
    gesehen und geschossen hatte, erwies sich als etwas leichter
    zugänglich. Da ich ein relativ guter Bergsteiger bin, schaffte ich
    es hier bis auf halbe Höhe. Von da oben hatte ich eine gute Sicht
    über das Plateau über der Felswand. So weit das Auge reicht,
    erstreckt sich das bewachsene Land, das eigentlich eine Art
    Felsdach ist. Darum herum und tiefer gelegen Sumpf und
    Dschungel voll Schlangen, Insekten und Fieber, also eine Art
    natürlicher Schutzwall für dieses einzigartige Fleckchen Erde.«
    »Haben Sie Spuren von irgendwelchen Lebewesen
    gefunden?«
    »Nein. Wir hatten unser Lager am Fuße der Felswand
    aufgeschlagen und haben eine ganze Woche dort zugebracht.
    Gesehen haben wir während der Zeit nichts, aber seltsame
    Geräusche haben wir

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