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Die Vergessene Welt

Die Vergessene Welt

Titel: Die Vergessene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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Sir.«
    »Das erklärt natürlich alles. Folgendes: Sie haben
    versprochen, mein Vertrauen zu respektieren. Dieses Vertrauen
    wird alles andere als komplett sein, sage ich Ihnen. Ich bin
    allerdings bereit, Ihnen ein paar interessante Hinweise zu
    geben. Ich nehme an, es ist Ihnen bekannt, daß ich vor zwei
    Jahren eine Reise nach Südamerika unternommen habe, eine
    Reise, die höchstwahrscheinlich in die Geschichte der
    Wissenschaft eingehen wird. Wie dem auch sei, der Grund
    meiner Reise war folgender: ich wollte Schlußfolgerungen
    überprüfen, die Wallace und Bates gezogen hatten, und dies
    konnte nur geschehen, wenn ich die von ihnen beschriebenen
    Tatsachen unter denselben Bedingungen beobachten konnte
    wie sie. Wenn meine Expedition keine weiteren Ergebnisse
    gebracht hätte, wäre sie es trotzdem wert gewesen, aber als ich
    an Ort und Stelle war, geschah etwas, das mir eine völlig
    neue Richtung wies.
    Es dürfte Ihnen bekannt sein – aber in unserem
    halbgebildeten Zeitalter darf man ja eigentlich gar nichts als
    bekannt voraussetzen –, ich meine, gewisse Landstriche des
    Amazonasgebiets sind noch völlig unerforscht, und Hunderte
    von Nebenflüssen, die auf keiner Landkarte verzeichnet sind,
    münden in den Strom. Ich hatte es mir zur Aufgabe gemacht,
    diese Landstriche und ihre Fauna zu erforschen, wodurch ich,
    nebenbei bemerkt, Material für mehrere Kapitel des
    umfassenden zoologischen Werks sammeln konnte, das mein
    Leben rechtfertigen wird. Meine Arbeit war getan, ich
    verbrachte eine Nacht in einem Indianerdorf, das an der
    Mündung eines dieser nicht verzeichneten Nebenflüsse liegt.
    Den Namen und die geografische Lage des Nebenflusses
    behalte ich wohlgemerkt für mich. Die Eingeborenen dieses
    Dorfes, es sind Cucama-Indianer, sind liebenswürdig, aber
    degeneriert und geistig kaum höherstehend als der
    Durchschnittsbürger von London. Auf meiner Reise
    stromaufwärts hatte ich so manche Krankheit geheilt und die
    Indianer dadurch sehr beeindruckt. Es war also nicht weiter
    verwunderlich, daß ich bei meiner Rückkehr schier sehnsüchtig
    erwartet wurde. Aus ihrer Zeichensprache entnahm ich, daß
    jemand dringend behandelt werden mußte, und so folgte ich
    dem Häuptling in eine der Hütten. Als ich mich über den
    Kranken beugte, konnte ich nur noch feststellen, daß er soeben
    verschieden war. Zu meinem großen Erstaunen war es kein
    Indianer, sondern ein weißer Mann. Ein ungewöhnlich weißer
    Mann sogar, mit den Merkmalen eines Albino. Er war in
    Lumpen gekleidet, bis auf die Knochen abgemagert und total
    ausgemergelt. Aus den Reden und Gesten der Indianer
    entnahm ich, daß der Mann ihnen fremd war und sich mit
    letzter Kraft aus dem Urwald in ihr Dorf geschleppt hatte.
    Neben seinem Lager fand ich den Rucksack des Mannes
    und durchsuchte den Inhalt. Auf der Innenseite der
    Verschlußklappe stand sein Name und seine Adresse. Der
    Mann, vor dem ich immer den Hut ziehen werde, hieß Maple
    White und war in der Lake Avenue in Detroit im Staate
    Michigan zu Hause. Wenn die Wissenschaft endlich begriffen
    hat, worum es hier geht, wird sie seinen Namen im selben
    Atemzug mit meinem nennen.
    Aus dem Inhalt des Rucksacks war zu ersehen, daß
    dieser Mann Künstler und Dichter gewesen ist und auf der
    Suche nach Motiven war. Es fanden sich Fragmente von
    Gedichten. Ich bin zwar weiß Gott kein Sohn der schönen
    Künste, aber selbst mir fiel auf, daß sie äußerst kümmerlich und
    dürftig waren. Außerdem kamen ein paar recht kitschige
    Aquarelle zum Vorschein – Fluß mit Urwaldpflanzen im
    Hintergrund und dergleichen –, ein Farbkasten, eine Schachtel
    mit bunten Kreiden, ein paar Pinsel, dieser Knochen, der da in
    meiner Bleistiftschale liegt, ein Buch von Baxter über Falter und
    Schmetterlinge, ein billiger Revolver und ein paar Schuß
    Munition. Persönliche Dinge hatte der Mann entweder nicht
    bei sich gehabt, oder er hatte sie unterwegs verloren. Das also
    war die ganze Ausrüstung des seltsamen Maple White.
    Ich wollte mich gerade wieder von ihm abwenden, als ich
    etwas in der Tasche seiner zerschlissenen Jacke stecken sah. Es
    war dieses Zeichenheft, und es war damals schon so zerfleddert
    wie jetzt. Sie können mir glauben, daß kein Erstdruck eines
    Shakespeare mit mehr Ehrfurcht behandelt wird als dieses
    Heftchen von mir. Ich vertraue es Ihnen jetzt an und bitte Sie,
    Seite für Seite zu betrachten.«
    Er nahm sich eine Zigarre, lehnte sich mit kritischem Blick
    zurück und

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