Die vergessenen Schwestern (Hackenholts erster Fall) (German Edition)
spießig. Seinen Schwager konnte er überhaupt nicht ausstehen. Er hat sich halb kaputt gelacht, als sie bankrottgegangen sind.«
»Er hat Ihnen davon erzählt?«
»Klar, das war schließlich der Anlass für eine kleine Feier. Die ganze Zeit haben die auf piekfein gemacht, und dann ging von einem Tag auf den anderen alles den Bach runter. Peter fand das köstlich.«
Hackenholt dachte, dass das Sieberts Charakter recht deutlich widerspiegelte. »Aber er hat Ihnen nicht gesagt, warum sich das Verhältnis vor einem halben Jahr plötzlich so verschlechtert hat, dass man in Anette Sieberts Gegenwart nicht mal mehr seinen Namen aussprechen durfte?«, hakte er nochmals nach.
»Nein, das hat er nicht erwähnt, aber ich nehme an, dass er ihr das, was ich Ihnen gerade erzählt habe, bei der erstbesten Gelegenheit auch genau so ins Gesicht gesagt hat – und sein Schwesterherz die wahrheit nicht vertragen hat.«
»Wir haben in Herrn Sieberts Wohnung eine Police für eine Lebensversicherung gefunden. Wussten Sie, dass er eine hat?«
»Die hat Peter sicher gebraucht, als er die Wohnung gekauft hat, um den Kredit abzusichern.«
»Die Begünstigte ist unter Umständen eine Frau Jana Sattler. Kennen Sie die?«
»Sehen Sie, wie ich gesagt habe, die Versicherung stammt aus der Zeit, als Peter die Wohnung gekauft hat. Mit der Sattler ist er zusammen in die Wohnung gezogen. Ich habe sie gekannt, aber sie ist schon vor vielen Jahren nach München gegangen.«
»Was können Sie uns über Monika Damps sagen?«
»Die war nichts für Peter, das wusste ich gleich von Anfang an. Peter sah es mit der Zeit auch so, aber es war schwer, sie wieder loszuwerden.«
»Wie ist das zu verstehen?«
»Sie hat geklammert und wollte Peter nicht loslassen. Immer wieder rief sie an oder passte ihn auf der Straße ab und versuchte, ihn zu überreden, es noch einmal zu probieren.«
»Warum war sie nichts für Herrn Siebert?«
»Immer wieder hat sie versucht, Peter zu bevormunden, wollte ihm sagen, was er zu machen hat und was nicht. Zum Beispiel sollte er nicht mehr zum Stammtisch gehen, und sie konnte es auch nicht ertragen, dass Peter so oft mit mir zusammen war. Ich war ihr zu oberflächlich und arrogant.« Degel verzog spöttisch das Gesicht.
»Soweit wir wissen, hat sich bereits eine andere Frau für ihn interessiert. Sie soll recht vermögend sein.«
Zum ersten Mal während des Gesprächs sah man Degel sein Unbehagen an. Er hatte anscheinend nicht damit gerechnet, dass die Ermittler von der neuen Freundin wussten.
»Dazu kann ich Ihnen nicht viel sagen«, versuchte er abzuwiegeln.
»Versuchen Sie es dennoch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Herr Siebert Ihnen gegenüber daraus ein Geheimnis gemacht hat, wenn er allen anderen am Stammtisch davon erzählte.«
»Er hat sie schon länger gekannt. Warum er sich jetzt plötzlich für sie interessiert hat, weiß ich auch nicht.«
»Wo hat er die Dame kennengelernt?«
»Ich glaube, sie besuchte öfter jemanden bei ihm im Haus, aber wie er mit ihr ins Gespräch gekommen ist, weiß ich wirklich nicht. Es hat mich auch nicht interessiert.«
»Uns wurde gesagt, dass die Dame sich bislang mehr zu Frauen hingezogen gefühlt haben soll.«
»Ja, das habe ich auch gehört«, gab Degel unbestimmt zurück.
»Fanden Sie das nicht merkwürdig?«
»Vielleicht hat sie kapiert, dass es ihr mit einem anständigen Kerl doch mehr Spaß macht«, lachte Degel selbstgefällig.
Hackenholt fühlte sich zutiefst abgestoßen. »Wie heißt die Frau?«
»Keine Ahnung«, behauptete Degel, während er dem Hauptkommissar in die Augen.
Hackenholt wusste, dass Degel log, sah aber ein, dass er nichts weiter über sie herausbekommen würde. Mit einem Seufzen fragte er: »Wie lange werden Sie in Nürnberg bleiben?«
»Das weiß ich noch nicht.«
»Bitte sagen Sie uns Bescheid, bevor Sie wieder fahren.«
Degel nickte.
»Noch etwas«, meinte Hackenholt, »wo wohnen Sie jetzt im Moment?«
»Ich habe mich bei meinem Bruder einquartiert.«
»Gut, dann wissen wir, wo wir Sie erreichen können. Vielen Dank, dass Sie ins Präsidium gekommen sind.«
Im Anschluss an das Gespräch überflog sich der Hauptkommissar die Unterlagen, die Wünnenberg bei der Zentralstelle der Banken in Frankfurt für Sieberts Konto angefordert hatte. Sobald er sah, dass Siebert vor einem halben Jahr ein Bankschließfach angemietet hatte, beauftragte er Wünnenberg sich eine richterliche Anordnung zu besorgen und damit zur Bank zu
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