Die vergessenen Schwestern (Hackenholts erster Fall) (German Edition)
das nachprüfen sollten.«
»Ich nehme nicht an, dass ihr das jetzt gleich selbst machen wollt?«, fragte Mur resigniert.
»Doch, wir haben Zeit. Gib uns Handschuhe, und wir schauen uns selbst danach um!«
Die beiden Beamten waren die nächsten eineinhalb Stunden damit beschäftigt, nochmals alles in Sieberts Wohnung nach etwaigen Videobändern zu durchsuchen. Insgesamt fanden sie acht Stück. Alle waren im Arbeitszimmer in einem Rollcontainer unter dem Computer. Keines war etikettiert, und alle steckten in schmucklosen Hüllen.
* * *
Im Anschluss an den Besuch beim Antiquitätenhändler, holte Hackenholt im Geschäftszimmer den Schlüssel für einen Dienstwagen, bevor er sich mit Wünnenberg zunächst auf den Weg ins Stadtparkcafé nach Fürth machte und danach zu einem neuerlichen Termin mit Frau Damps. Berger hatte am Morgen im Krankenhaus angerufen und herausgefunden, dass Frau Damps in die Obhut ihrer Schwester übergeben worden war, woraufhin Hackenholt mit ihr gesprochen und einen Termin am späten Nachmittag ausgemacht hatte.
Sebastian Unger war auch heute sofort zur Stelle. Er war in höchstem Maße über die Fragen bezüglich seiner Bedienungen erstaunt, ging dann aber seine Unterlagen holen.
»Ich habe hier die Personalbögen von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die wir jemals hatten. Allerdings sind die Unterlagen alphabetisch geordnet.«
»Eine der Frauen wurde auf zwanzig bis fünfundzwanzig Jahre geschätzt, und sie hat spätestens im Frühsommer wieder aufgehört mit dem Job. Außerdem soll sie letztes Jahr noch nicht bei Ihnen gewesen sein.«
»Nun, das ist kein Kriterium«, meinte Unger. »Viele der Bedienungen machen das nur als Aushilfsjob und suchen sich von Saison zu Saison eine neue Stelle. Die meisten sind Studenten. Im Winter brauchen wir hier natürlich viel weniger Personal als im Sommer, da kommt es uns entgegen, dass die Leute keine Festanstellung wollen.«
»Hilft eine Personenbeschreibung?«
Der Pächter nickte. Während Hackenholt die Äußerlichkeiten der Frau aufzählte, schlug Unger zielbewusst eine Spalte auf und legte den Ordner vor den Beamten auf den Tisch. »Ich glaube, Sie meinen Ute Jarosch.«
Hackenholt stach das Bild des Mädchens sofort ins Auge. Sie sah wie Frau Brunner aus, nur eben sehr viel jünger. Er hätte nicht einmal geglaubt, dass sie schon zwanzig Jahre alt war, und sah daher schnell auf das Alter: zweiundzwanzig.
»Frau Jarosch hat bei uns am ersten März angefangen. Und hier habe ich vermerkt, dass sie am neunzehnten Mai angerufen und telefonisch gekündigt hat.« Unger deutete auf eine handschriftliche Notiz. »Sie hat keine Gründe dafür angegeben.«
»Das war aber nicht sehr lange«, stellte Hackenholt fest. »Kommt es öfter vor, dass die Leute nur so kurz bleiben?«
»Das ist ganz unterschiedlich. Manchen macht die Arbeit Spaß, aber andere haben einen völlig falschen Eindruck vom Kneipenbetrieb und hören wieder auf, sobald sie etwas anderes gefunden haben.«
Hackenholt notierte sich Name, Adresse und Telefonnummer der Studentin. »Die andere Frau soll erst vor ein paar Wochen bei Ihnen gearbeitet haben«, fuhr er danach fort. »Ungefähr vor einem Monat. Optisch soll sie Frau Jarosch sehr ähnlich sehen, nur, dass sie wesentlich älter ist. Sicher zehn Jahre oder mehr.«
Unger dachte einen Moment nach, dann blätterte er zum Register des Ordners zurück. »Ich glaube, ich weiß, wen Sie meinen«, sagte er langsam, »aber die Frau war nur einen einzigen Tag bei uns. Sie wollte die Arbeit ausprobieren, weil sie noch nie zuvor gekellnert hatte, und hat von sich aus einen Probeabend angeboten. Dem habe ich natürlich zugestimmt, aber es hat ihr dann wohl doch nicht gefallen. Zumindest habe ich nichts mehr von ihr gehört. Deshalb gibt es auch keinen Personalbogen von ihr.«
»Können Sie sich erinnern, wie sie hieß?«
»Sie hat nur ihren Namen und die Handynummer auf einen Zettel gekritzelt, weil sie gerade am Umziehen war und die neue Adresse erst in ein paar Tagen gültig wäre. Wenn Sie einen Moment warten, schaue ich im Büro, ob ich den Zettel noch irgendwo habe. Aber machen Sie sich nicht zu viel Hoffnung, ich bin mir fast sicher, dass ich ihn inzwischen weggeworfen habe.«
Und tatsächlich kam der Wirt kurz darauf mit leeren Händen zurück. »Tut mir leid.«
»Können Sie sich nicht zumindest noch an den Namen erinnern?«
Unger schüttelte den Kopf. »Ich würde sie sofort wiedererkennen, wenn ich sie
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