Die vergessenen Schwestern (Hackenholts erster Fall) (German Edition)
Peter häufig sehr schlecht über Frauen gesprochen – da ist es kein Wunder, dass er meistens solo war. Er hat seine Freundinnen oft mit sehr unschönen Ausdrücken bezeichnet. Und einmal, als ich mit den Kindern von einem Wochenende, das ich bei einer Freundin verbracht habe, nach Hause gekommen bin, habe ich durch Zufall eine Videokassette im Recorder gefunden. Es war ein Sex-Video. Ich habe meinen Mann zur Rede gestellt, und er hat mir gestanden, dass Peter es mitgebracht hat, als er am Wochenende vorbeigekommen ist. Wir hatten deswegen einen fürchterlichen Streit. Letztendlich hat mir Günther versprochen, mit Peter ein bisschen auf Distanz zu gehen. Außerdem hat er mir gesagt, dass Peter so etwas normalerweise nur mit Jürgen anschaut, was ihn mir nicht unbedingt sympathischer gemacht hat. Ich bin wirklich froh, wenn er hier wieder weg ist. Ich weiß gar nicht, wie das in Zukunft werden soll, wenn er immer bei uns wohnen will.«
»Was war das denn für ein Sex-Video?«
Sie zuckt mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ich habe nur versehentlich reingeschaut, weil kein Etikett darauf war. Nur ganz kurz, aber das hat mir gereicht, es war ziemlich brutal.«
»Wissen Sie, was Ihr Mann und Herr Siebert unternommen haben, wenn sie zusammen fortgegangen sind?«
»Die letzten zwei, drei Monate gingen sie nur noch Freitagabends zusammen in den Biergarten.«
Plötzlich drangen von der Wohnungstür die Geräusche eines Schlüssels herein. Frau Degel sprang erschrocken auf und nahm ihr Kind auf den Arm, das sie schnell wieder anzog. Laut sagte sie: »Da scheinen Sie aber Glück zu haben. Mein Schwager kommt wohl gerade wieder zurück. Ich hätte jetzt auch gar keine Zeit für Sie gehabt, ich muss zum Kindergarten.«
Jürgen Degel stand in der Wohnzimmertür. Beim Anblick der Beamten verschwand das breite Grinsen schlagartig aus seinem Gesicht und wich einer misstrauischen Miene. In der Hand hielt er einen nachlässig aufgerissenen Brief, den er sofort in seiner Jackentasche zu verbergen suchte.
»War denn die Post schon da?«, fragte Frau Degel verwundert.
Als Antwort erntete sie von ihrem Schwager nur einen bösen Blick. Degel sah die Beamten an, als ob er sich nicht vorstellen konnte, was sie hier zu suchen hätten.
»Das ist ja prima, dass wir Sie doch antreffen, Herr Degel. Ihre Schwägerin wollte uns erst gar nicht hereinlassen, weil sie dringend außer Haus gehen muss und nicht wusste, wann Sie wieder zurückkommen«, griff Stellfeldt Frau Degels Worte auf. Er hatte das Gefühl, die Frau vor ihrem Schwager schützen zu müssen. »Wir wollten nur nochmals nachfragen, ob Ihnen heute Nacht nicht doch wieder noch ein paar Dinge eingefallen sind, an die Sie sich gestern nicht mehr erinnert haben.«
Aus dem Augenwinkel sah Stellfeldt, wie ihm die Frau hinter Jürgen Degel ein stummes Dankeschön zunickte und dann schnell aus der Wohnungstür trat.
»Wie kommen Sie darauf, dass mir noch etwas eingefallen sein sollte?«, wollte Degel wissen.
»Nun, wir haben gestern den Eindruck gewonnen, dass Ihnen der Tod Ihres Freundes sehr nahegegangen ist und Sie recht mitgenommen hat«, kleidete Stellfeldt seine sarkastische Feststellung in unschuldige Worte.
»Da haben Sie einen falschen Eindruck gewonnen«, erwiderte Degel kühl. »Wenn das alles ist, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie jetzt gehen. Da ich nur noch zwei Tage in Nürnberg bin, habe ich zu tun.«
»Herr Degel, glauben Sie nicht, dass Sie uns noch etwas über Herrn Sieberts sexuelle Ambitionen sagen sollten?«
Degel, der sich schon abgewandt hatte, fuhr herum. »Was meinen Sie damit?«, fragte er scharf. Allerdings schien er sich im selben Moment darauf zu besinnen, dass solch eine unwirsche Reaktion nicht zu der Rolle passte, die er sich ausgesucht hatte. Deshalb fügte er in ruhigerem, dafür aber umso abweisenderem Ton hinzu: »Ich habe Ihren Kollegen gestern schon klargemacht, dass ich in Brandenburg lebe und Peter Siebert sich seit meinem Umzug wohl neue Hobbys zugelegt hat. Mehr kann ich Ihnen daher beim besten Willen nicht sagen.«
14
Gegen eins machte sich der Hauptkommissar auf den Weg zu Achim Müllers Antiquitätenladen. Da der Mann bislang keinerlei Anstalten gemacht hatte, Hackenholts Fragen abzuwiegeln oder ihnen aus dem Weg zu gehen, erhoffte sich der Ermittler auf diesem Weg ein paar ehrliche Antworten.
»Was kann ich für Sie tun?«, kam Müller gleich zur Sache, nachdem er den Beamten freundlich begrüßt hatte.
»Mir geht es
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