Die vergessenen Schwestern (Hackenholts erster Fall) (German Edition)
die unwegsamen Treppen in die Burggärten hinuntergequält hatte.
»Das war dann ja wohl schon mal der berühmte Satz mit X. Wollen wir hoffen, dass es uns bei der Nächsten besser ergeht«, murmelte Wünnenberg, während sie zurück zum Auto liefen, um sodann quer durch die Stadt nach Gebersdorf im Westen Nürnbergs zu fahren. Auf ihr Klingeln wurde ihnen dieses Mal von einem Mann geöffnet. Nachdem Hackenholt sich und seinen Kollegen abermals vorgestellt und ausgewiesen hatte, bat er, die Ehefrau sprechen zu dürfen.
»Tut mir leid, Caroline ist nicht da. Worum geht es denn bitte?«
Hackenholt erklärte, dass sie eine routinemäßige Überprüfung von Personen vornahmen, die Peter Siebert gekannt hatten und in seinem Adressbuch verzeichnet waren.
»Da kann ich Ihnen beim besten Willen nicht weiterhelfen.«
»Wann erwarten Sie Ihre Frau denn zurück?«
»Sie ist Samstag vor einer Woche mit einer Freundin für zwei Wochen nach Tunesien geflogen.«
»Oh!«, brummte Hackenholt. Bisher hatte es sich in seinen Ohren so angehört, als wäre die Frau nur gerade im Moment nicht da. »Dann dürfte sich die Sache wohl erledigt haben.«
Als die beiden Ermittler ziemlich ernüchtert gegen halb sechs wieder zur Dienststelle zurückkamen, warteten die Kollegen schon auf sie. Mur hatte den Leerlauf genutzt, um Stellfeldt und Berger, die zwischenzeitlich von der Befragung bei Runges Nachbarn zurückgekehrt waren, auf den aktuellen Ermittlungsstand zu bringen. Wünnenberg erzählte von den beiden misslungenen Besuchen.
»So ein Mist«, entfuhr es Stellfeldt. »Aber das wäre wohl auch zu schön gewesen, um wahr zu sein.«
»Was ist denn bei euch rausgekommen?«, wandte sich Hackenholt mit einem Seufzen an Berger.
»Die Eheleute Runge/Siebert sind mal wieder ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgegangen«, platzte der junge Kollege heraus. »Sie haben sich so gezankt, dass drei verschiedene Nachbarn mitgehört haben. Das Beste daran ist, dass einer von ihnen so lange bei dem Ehepaar geklopft hat, um sich persönlich über den Krach zu beklagen, bis Frau Siebert aufgemacht hat. Die Beschwerde hat Herrn Runge diesmal aber nicht weiter interessiert: Er ist ebenfalls an die Tür gekommen und hat sie dem Nachbarn einfach vor der Nase wieder zugeschlagen. Anschließend haben die Eheleute noch lauter gestritten als zuvor. Das soll so gegen elf gewesen sein.«
»Na, damit wären die beiden dann zumindest für die zweite Tat aus dem Schneider. Offenbar zahlt sich Streiten doch aus«, kommentierte Wünnenberg trocken.
Hackenholt nickte. »Damit können wir Frau Siebert und Herrn Runge von unserer Verdächtigenliste streichen. Wie ist es bei euch gelaufen?«, wollte er sodann von Mur wissen.
»Ich bin in der Altpapiertonne fündig geworden.« Sie holte einen Asservatenbeutel aus ihrer Tasche, den sie an Hackenholt weiterreichte. Dieses Mal enthielt er ein cremefarbenes Kuvert, auf dem lediglich Jürgen geschrieben stand.
»Hast du mit Degel darüber gesprochen?«
»Ich habe ihn gefragt, ob sein Bruder in den letzten Tagen Post erhalten hat, aber von unserem Fund habe ich natürlich nichts erwähnt. Degel grübelt immer noch, was wir wohl in seinem Müll gesucht haben.«
Der Brief trug keine Briefmarke und keinen Stempel. Außerdem sah das Kuvert aus, als wäre es in großer Eile mit der Hand aufgerissen worden.
Plötzlich schnippte Stellfeldt mit den Fingern. »Erinnerst du dich daran, wie wir mit Frau Degel gesprochen haben, Christian?«
Der junge Polizist nickte.
»Da ist doch Jürgen Degel plötzlich hereingekommen.«
Wieder nickte Berger, dem offenbar noch nicht klar war, worauf Stellfeldt hinauswollte.
»Als er hereinkam, hatte er ein unheimlich zufriedenes Grinsen im Gesicht, das aber schlagartig verschwunden ist, als er uns bemerkte. Außerdem hatte er etwas in der Hand gehalten, das wie ein Kuvert aussah. Wenn ich mich richtig erinnere, hat Frau Degel ihn sogar noch gefragt, ob die Post schon da gewesen war.«
Nun fiel es auch Berger wieder ein. »Stimmt, jetzt erinnere ich mich. Degel wurde böse, als sie das gefragt hat.«
»Dann müssen wir Frau Degel dazu befragen«, entschied Hackenholt. »Vielleicht hat sich Jürgen Degel mit ihr darüber unterhalten.«
»Das kannst du dir sparen, sie ist nämlich sofort gegangen, nachdem ihr Schwager zurückgekommen ist. Also noch lange bevor wir mit ihm fertig waren«, sagte Stellfeldt.
Resignation machte sich unter den Beamten breit. Sie hatten sich der Lösung
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