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Die Vergessenen. Thriller (German Edition)

Die Vergessenen. Thriller (German Edition)

Titel: Die Vergessenen. Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Wächter
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zugezogen, dennoch finden die vereinzelten Strahlen einer Straßenlaterne ihren Weg hinein.
    Eugen richtet seinen Oberkörper im Bett auf. Ein leichter Schauer läuft über seinen Körper und er spürt, wie sich die Haare auf seinen Armen aufrichten, als wären sie elektrisch geladen. Eugen betrachtet die Schatten im Zimmer ganz genau.
    Woher rührt der sonderbare Schemen dort hinten am Schrank? Es könnte der Schatten eines Menschen sein. Eugen dreht den Kopf, seine Augen haben sich langsam an die Dunkelheit gewöhnt. Erst jetzt realisiert er, dass der Schatten, der ihn so beunruhigt hat, von der Vase stammt, die auf dem Tisch am Fenster steht. Er atmet auf.
    Erstaunlich, dass er die Furcht vor Schatten in dunklen Zimmern nie hat ablegen können. Als Kind dachte er, er würde das irgendwann überwinden, inzwischen ist er neunundsiebzig und hat immer noch Angst.
    Langsam stützt er sich auf die Bettkante und greift zum Beistelltisch neben seinem Bett, um sich ein Glas Wasser einzuschenken. Als eine kühle Hand seinen Arm berührt, erstarrt er in der Bewegung. Langsam richtet sich eine dunkle Gestalt neben seinem Bett auf. Ihr Gesicht ist nicht zu sehen. Dort, wo der Kopf sein sollte, befindet sich nur eine dunkle Kugel, dennoch erkennt Eugen sie sofort.
    »Du bist also zurückgekehrt.«
    Die Gestalt erwidert nichts. Starr steht sie vor ihm und blickt auf ihn herab. Das schwache Licht von der Straße lässt lediglich ihre Umrisse erkennen.
    »Ich wusste immer, dass du zurückkehren würdest.«
    Es ist die Angst, die die Worte aus Eugens Mund zittern lassen.
    »Aber ich habe niemandem von dir erzählt. Niemals.«
    Mit ruhigen Bewegungen nimmt die Gestalt neben Eugen auf der Kante seines Bettes Platz. Eugen schnappt nach Luft.
    »Ich werde auch weiterhin niemandem von dir erzählen. Ich verspreche es. Aber bitte geh.«
    Er krallt sich mit beiden Händen an seiner Bettdecke fest.
    »Es wird weiterhin unser kleines Geheimnis bleiben.«
    Die Gestalt nickt behäbig, ihre dunklen Hände greifen nach dem Kopfkissen, das zwischen Eugens Rücken und der Wand eingeklemmt ist.
    »Nein ... bitte ...«
    Eugen wehrt sich, doch er hat keine Chance.
    Die Gestalt reißt das Kissen hinter ihm hervor. Sie hält es in der linken Hand, mit der rechten packt sie Eugen an der Schulter und drückt ihn mit Gewalt aufs Bett.
    Der wedelt verzweifelt mit seinen Händen und versucht, seinen Angreifer zu fassen zu bekommen. Es gelingt ihm, mit einer Hand das Wasserglas auf den Beistelltisch zu greifen. Er reißt seinen Arm hoch und schlägt es der Gestalt mit Wucht auf den Kopf.
    Das Glas zerspringt und die Scherben fallen klirrend zu Boden.
    Eugens Peiniger zeigt keine Regung, er drückt Eugen mit aller Kraft auf die Matratze, holt das Kissen hervor und hält es über dessen Gesicht.
    Eugen betrachtet es mit aufgerissenen Augen, Erinnerungsfetzen aus den letzten Jahrzehnten seines Lebens kommen ihm ins Gedächtnis. Erinnerungen an den Krieg. An schlimme und schöne Zeiten. Und an Zeiten, in denen er versucht hat, etwas zu bewegen.
    »Ich bereue nichts!«
    Dann spricht er ein Gebet und sieht zu, wie das Kissen auf ihn herabsaust.
    »Ich habe aufrichtig gelebt, aufrichtig will ich sterben«, denkt er. Eugen wehrt sich noch reflexartig, aber nur kurz, denn er hat keine Chance.

16.
    Donnerstag, 24. April
    Mannheim
     
    Kimski ist heute Morgen um halb acht aufgestanden – obwohl er erst um 2 Uhr nachts ins Bett gekommen ist – und tut etwas, was er seit Monaten nicht gemacht hat: Er trainiert. Genauer gesagt, seit er sich selbstständig gemacht hat, hat er nicht mehr trainiert – unglaublich, wenn man bedenkt, dass er bis vor zwanzig Monaten noch Gruppenführer beim SEK war.
    Jetzt ist es kurz nach neun und er joggt eine Runde. Nicht im Hafen, wo er vor ein paar Stunden spazieren war, sondern in Schlossnähe.
    Er passiert die Sternwarte und läuft durch die Unterführung zur Mensa der Uni. Die Sternwarte, die er früher kaum wahrgenommen hat, weckt nun jedes Mal, wenn er sich ihr nähert, Erinnerungen an seinen letzten Fall als Polizeibeamter. So wird auch heute eine Kette von Assoziationen und Gedankensprüngen in seinem Kopf freigesetzt, als er den Fußgängerweg am alten Eisstadion entlangjoggt. Ob er doch bei der Polizei hätte bleiben sollen? Dann bräuchte er sich immerhin keine Sorgen machen, woher er Woche für Woche neue Aufträge bekommt. Sein Vorgesetzter hätte ihn damals trotz allem im Dienst behalten – immerhin hat Kimski bei seiner

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