Die Vergessenen. Thriller (German Edition)
pinkeln.«
»Natürlich nicht. Aber allein dass er die ganze Zeit um mein Bein herumscharwenzelt, reicht mir schon. Und die schlimmste Frage von allen lautet: Warum schlägt der Mörder genau an dem Tag zu, an dem ich Eugen ausfindig mache? Und die einzige Person, dich ausgenommen, die ich eingeweiht habe, heißt Maria Kampowski.«
Er deutet auf die Villa seiner Auftraggeberin.
»Was meinst du, was das zu bedeuten hat?«
»Ich weiß es nicht. Als ich sie angerufen und ihr von dem Mord erzählt habe, klang sie aufrichtig erschrocken und überrascht.«
Eva schweigt.
»Du musst im Auto warten. Und lass den Motor laufen, wenigstens fünf Minuten, bis du sicher sein kannst, dass ich drin bin.«
Eva betrachtet ihn, während er sich hauchdünne Baumwollhandschuhe überstreift. Er hat in letzter Zeit am Bauch ganz schön zugelegt, aber seine Muckis sind noch ziemlich beachtlich. Wenn sie da an die Cellulitis an ihrem Hintern denkt ... aber so weit darf sie gar nicht denken. Natürlich hat sie die Zeit mit Kimski genossen, sie dachte sogar, dass es diesmal etwas Festes werden könnte. Diesbezüglich hat sie sich ganz offensichtlich getäuscht. Kimski hatte sich irgendwann eine ganze Weile nicht mehr bei ihr gemeldet. So etwas war sie gewohnt, schließlich hat in ihren dreiunddreißig Jahren noch nie eine Beziehung länger als drei Monate gedauert. Eva hat die Zeit, in der Kimski nichts von sich hören ließ, genutzt, um wieder auf die Beine zu kommen. Laut Aussage ihrer besten Freundin gelingt es ihr von allen am besten, beim Fallen immer wieder auf den Füßen zu landen. Und schließlich stellte sie fest, dass sie auch allein wunderbar zurechtkommt.
Warum sollte sie also eine Beziehung erzwingen, wenn es vielleicht doch nicht der Richtige war? Und als Kimski auf einmal wieder bei ihr anrief, weil er ihre Hilfe bei der Recherche braucht, hat sie sein Spiel mitgespielt und so getan, als wäre nichts gewesen. Kimski taugt vielleicht sogar besser als guter Freund denn als Lebenspartner.
Warum haben alle Leute um sie herum nur immer so viele Probleme, ihr Leben auf die Reihe zu bekommen? Nicht nur Kimski, auch Evas bester Freundin geht es nicht viel besser. Nur sie selbst schlägt sich ganz gut, wie sie findet.Vielleicht liegt es an ihrer Kindheit, denn im Alter von nur sieben Jahren hatte sie sich entschlossen, nicht länger bei ihren Eltern in Deutschland zu leben, die vor lauter Arbeit und Zeit, die sie zum Streiten benötigten, kaum Zeit für sie hatten. Sie zog zu ihrer Großmutter nach Sizilien. Dies war die erste Entscheidung, die sie getroffen hatte, und man ließ sie gewähren. Ihre Oma lebte auf einem kleinen Bauernhof in einem Bergdorf nördlich von Agrigento. Auf dem Land genoss Eva eine unbeschwerte Kindheit und lernte, sich um sich selbst zu kümmern. Zudem macht einen das Landleben hart im Nehmen.
Und nun sitzt sie im Auto eines verrückten Detektivs, mit dem sie eine kurze Affäre gehabt hat und der gerade dabei ist, einen Einbruch in das Haus seiner Auftraggeberin zu begehen. Stattdessen könnte sie jetzt genauso gut in ihrem Bett liegen und morgen früh um 6 Uhr aufstehen, um zur Arbeit in irgendein Büro zu gehen. Das ist das Einzige, wofür sie sich nicht entschieden hat.
Sie wird aus ihren Gedanken gerissen, als Kimski die Autotür öffnet und sich aus dem Wagen stemmt. Als er ihr seinen Hintern zudreht, muss sie wegsehen. Kimski selbst ist verkorkst, aber sein Hintern ist zum Reinbeißen. Davon darf sie sich jetzt nicht verrückt machen lassen: »Denk an deine Cellulitis!«, sagt sie sich. »Die Cellulitis!«
Kimski steigt aus dem Wagen und öffnet den Kofferraum. Er holt eine schwarze Umhängetasche hervor, passend zu seinem schwarzen Langarm-T-Shirt, seiner schwarzen Hose und seinen schwarzen Sportschuhen. Seinen Kopf bedeckt er mit einer schwarzen Baseballmütze.
Dann überquert er die Straße, geht zum Stromkasten und öffnet diesen. Bei seinem ersten Besuch hat er die Alarmanlage gesehen. Sie ist so alt, dass es reichen sollte, den Strom abzustellen, um die Anlage lahmzulegen. Bei einer neueren Anlage würde ein Stromausfall mit einem Aggregat überbrückt werden. Nachdem er den Strom abgeklemmt hat, geht Kimski weiter. Einige Meter seitlich vom Eingangstor entfernt steigt er über den Zaun und atmet auf der anderen Seite angekommen tief durch.
Er läuft auf das Hauptgebäude zu und schleicht entlang der Hausfassade bis vor die Haustür. Dort angekommen zieht er den rechten Handschuh
Weitere Kostenlose Bücher